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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

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Länder gemacht hat, hoffentlich aber je länger
je weniger machen wird.


Wie sehr wünschte ich, bey dieser lebendi-
gen Ueberzeugung, dem Glauben und Aus-
spruch des scharfsinnigen Meiners *) bey-
pflichten zu können, welcher unsere von der
einen Hälfte der Unterthanen genährte und be-
soldete Kriegsheere mit ganz andern Augen
ansieht, und das gerade Gegentheil von dem
über die Völker dadurch herbeygezogenen Druck
behauptet: "Es ist zwar" (sagt Er) "eine ge-
meine aber durchaus grundlose Meinung, dass die
Einführung der stehenden Heere gleichsam der
Zeitpunkt der unumschränkten Macht der Kö-
nige und der sterbenden Freiheit der Europäi-
schen Völker geworden seye. Durch die Ein-
führung der stehenden Heere ist zwar die Macht
der Könige viel grösser, und die Macht des
Adels und das Ansehen der Stände viel gerin-
ger worden, als vormahls; auch hat man die
Uebermacht der Könige in einigen Reichen nicht
bloss zur Demüthigung des Adels und zur Ver-
nichtung oder Entkräftung der Stände, son-

*) In der Abhandlung von den Ursachen des Despotismus,
in dem Götting. histor. Magazin, II. B. S. 228.

Länder gemacht hat, hoffentlich aber je länger
je weniger machen wird.


Wie sehr wünschte ich, bey dieser lebendi-
gen Ueberzeugung, dem Glauben und Aus-
spruch des scharfsinnigen Meiners *) bey-
pflichten zu können, welcher unsere von der
einen Hälfte der Unterthanen genährte und be-
soldete Kriegsheere mit ganz andern Augen
ansieht, und das gerade Gegentheil von dem
über die Völker dadurch herbeygezogenen Druck
behauptet: „Es ist zwar„ (sagt Er) „eine ge-
meine aber durchaus grundlose Meinung, daſs die
Einführung der stehenden Heere gleichsam der
Zeitpunkt der unumschränkten Macht der Kö-
nige und der sterbenden Freiheit der Europäi-
schen Völker geworden seye. Durch die Ein-
führung der stehenden Heere ist zwar die Macht
der Könige viel gröſser, und die Macht des
Adels und das Ansehen der Stände viel gerin-
ger worden, als vormahls; auch hat man die
Uebermacht der Könige in einigen Reichen nicht
bloſs zur Demüthigung des Adels und zur Ver-
nichtung oder Entkräftung der Stände, son-

*) In der Abhandlung von den Ursachen des Despotismus,
in dem Götting. histor. Magazin, II. B. S. 228.
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[59/0065] Länder gemacht hat, hoffentlich aber je länger je weniger machen wird. Wie sehr wünschte ich, bey dieser lebendi- gen Ueberzeugung, dem Glauben und Aus- spruch des scharfsinnigen Meiners *) bey- pflichten zu können, welcher unsere von der einen Hälfte der Unterthanen genährte und be- soldete Kriegsheere mit ganz andern Augen ansieht, und das gerade Gegentheil von dem über die Völker dadurch herbeygezogenen Druck behauptet: „Es ist zwar„ (sagt Er) „eine ge- meine aber durchaus grundlose Meinung, daſs die Einführung der stehenden Heere gleichsam der Zeitpunkt der unumschränkten Macht der Kö- nige und der sterbenden Freiheit der Europäi- schen Völker geworden seye. Durch die Ein- führung der stehenden Heere ist zwar die Macht der Könige viel gröſser, und die Macht des Adels und das Ansehen der Stände viel gerin- ger worden, als vormahls; auch hat man die Uebermacht der Könige in einigen Reichen nicht bloſs zur Demüthigung des Adels und zur Ver- nichtung oder Entkräftung der Stände, son- *) In der Abhandlung von den Ursachen des Despotismus, in dem Götting. histor. Magazin, II. B. S. 228.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/65>, abgerufen am 29.04.2024.