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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

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so accommodiren sie doch um so ehender die
Worte dem Wahn und Glauben ihrer Unterthanen.

Als Thomasius zuerst in Deutschland die
Meinung des Mittel-Alters von dem göttlichen
Rechte
der Regenten angriffe, brachte es der
dänische Ober-Hof-Prediger Masius dahin,
dass seine Schrift in Coppenhagen durch Hen-
kers-Hand verbrannt wurde. Hingegen König
Gustav III. in Schweden sagte in denen den 30.
Oct. 1778. seinen Reichs-Ständen vorgelegten
Puncten: Die Königliche Macht hätten ihm Gott
und des Reichs Einwohner verliehen. Mit
solchen Parade-Sprüchen darf man dann freylich
den eigenmächtigen Krieg mit Russland, den
despotischen Reichstag zu Gefle, und dessen
traurige Resultate nicht ins Gleiche stellen.

K. Friedrich II. in Preussen gienge noch wei-
ter, und liesse in einer mit dem berühmten Phi-
losophen Sulzer, freylich nur unter vier Au-
gen, im Jahr 1777. *) gehabten Unterredung
einfliessen: "Die Einbildung der Geistlichen
von einem unmittelbaren göttlichen Beruf sey
eben so ungereimt, als das Vorgeben, womit
man den Souverainen schmeichelte, dass sie
das Ebenbild Gottes auf Erden seyen."

*) In Nicolai Anecdoten von K. Fried. II. 2. Heft, S. 139.

so accommodiren sie doch um so ehender die
Worte dem Wahn und Glauben ihrer Unterthanen.

Als Thomasius zuerst in Deutschland die
Meinung des Mittel-Alters von dem göttlichen
Rechte
der Regenten angriffe, brachte es der
dänische Ober-Hof-Prediger Masius dahin,
daſs seine Schrift in Coppenhagen durch Hen-
kers-Hand verbrannt wurde. Hingegen König
Gustav III. in Schweden sagte in denen den 30.
Oct. 1778. seinen Reichs-Ständen vorgelegten
Puncten: Die Königliche Macht hätten ihm Gott
und des Reichs Einwohner verliehen. Mit
solchen Parade-Sprüchen darf man dann freylich
den eigenmächtigen Krieg mit Ruſsland, den
despotischen Reichstag zu Gefle, und dessen
traurige Resultate nicht ins Gleiche stellen.

K. Friedrich II. in Preussen gienge noch wei-
ter, und lieſse in einer mit dem berühmten Phi-
losophen Sulzer, freylich nur unter vier Au-
gen, im Jahr 1777. *) gehabten Unterredung
einfliessen: „Die Einbildung der Geistlichen
von einem unmittelbaren göttlichen Beruf sey
eben so ungereimt, als das Vorgeben, womit
man den Souverainen schmeichelte, daſs sie
das Ebenbild Gottes auf Erden seyen.„

*) In Nicolai Anecdoten von K. Fried. II. 2. Heft, S. 139.
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[87/0093] so accommodiren sie doch um so ehender die Worte dem Wahn und Glauben ihrer Unterthanen. Als Thomasius zuerst in Deutschland die Meinung des Mittel-Alters von dem göttlichen Rechte der Regenten angriffe, brachte es der dänische Ober-Hof-Prediger Masius dahin, daſs seine Schrift in Coppenhagen durch Hen- kers-Hand verbrannt wurde. Hingegen König Gustav III. in Schweden sagte in denen den 30. Oct. 1778. seinen Reichs-Ständen vorgelegten Puncten: Die Königliche Macht hätten ihm Gott und des Reichs Einwohner verliehen. Mit solchen Parade-Sprüchen darf man dann freylich den eigenmächtigen Krieg mit Ruſsland, den despotischen Reichstag zu Gefle, und dessen traurige Resultate nicht ins Gleiche stellen. K. Friedrich II. in Preussen gienge noch wei- ter, und lieſse in einer mit dem berühmten Phi- losophen Sulzer, freylich nur unter vier Au- gen, im Jahr 1777. *) gehabten Unterredung einfliessen: „Die Einbildung der Geistlichen von einem unmittelbaren göttlichen Beruf sey eben so ungereimt, als das Vorgeben, womit man den Souverainen schmeichelte, daſs sie das Ebenbild Gottes auf Erden seyen.„ *) In Nicolai Anecdoten von K. Fried. II. 2. Heft, S. 139.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/93>, abgerufen am 29.04.2024.