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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

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Eben dieser König soll in einer philosophi-
schen Unterredung mit dem Akademiker Thi-
bault
geäussert haben: **) Das Unbegreiflich-
ste von allem sey Ihm, dass Millionen Menschen
einem Einzigen gehorchen. So sprechen die
Grossmächtigste und Allergnädigste unter vier
Augen; es wird aber eine Zeit kommen, und
wir gehen ihr schon entgegen, wo diese Wahr-
heiten von allen Canzeln mit und ohne Dach,
werden gepredigt werden.


Endlich so hängt auch der Gehorsam in vie-
len Dingen von den Begriffen ab, die man sich
von der Moralität der Sache selbst macht.
Ein Mann, der das Lotto-Spiel vor eine privile-
girte Betrügerey und Ueberlistung der Unter-
thanen, vor eine landsverderbliche Anstalt hält,
würde sich entehrt halten, wenn ihm um noch
so hohen Preis die Intendanz desselben über-
tragen werden wollte. Er überlässt also diese
einträgliche Ehre lieber andern minder Engher-
zigen, die sich noch was darauf zu Gute thun,
den Lotto-Intendant ihrem Titel anzuhängen.

**) S. der Frau von la Roche Reisen nach Frankreich
1787. S. 407.

Eben dieser König soll in einer philosophi-
schen Unterredung mit dem Akademiker Thi-
bault
geäussert haben: **) Das Unbegreiflich-
ste von allem sey Ihm, daſs Millionen Menschen
einem Einzigen gehorchen. So sprechen die
Groſsmächtigste und Allergnädigste unter vier
Augen; es wird aber eine Zeit kommen, und
wir gehen ihr schon entgegen, wo diese Wahr-
heiten von allen Canzeln mit und ohne Dach,
werden gepredigt werden.


Endlich so hängt auch der Gehorsam in vie-
len Dingen von den Begriffen ab, die man sich
von der Moralität der Sache selbst macht.
Ein Mann, der das Lotto-Spiel vor eine privile-
girte Betrügerey und Ueberlistung der Unter-
thanen, vor eine landsverderbliche Anstalt hält,
würde sich entehrt halten, wenn ihm um noch
so hohen Preis die Intendanz desselben über-
tragen werden wollte. Er überläſst also diese
einträgliche Ehre lieber andern minder Engher-
zigen, die sich noch was darauf zu Gute thun,
den Lotto-Intendant ihrem Titel anzuhängen.

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1787. S. 407.
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[88/0094] Eben dieser König soll in einer philosophi- schen Unterredung mit dem Akademiker Thi- bault geäussert haben: **) Das Unbegreiflich- ste von allem sey Ihm, daſs Millionen Menschen einem Einzigen gehorchen. So sprechen die Groſsmächtigste und Allergnädigste unter vier Augen; es wird aber eine Zeit kommen, und wir gehen ihr schon entgegen, wo diese Wahr- heiten von allen Canzeln mit und ohne Dach, werden gepredigt werden. Endlich so hängt auch der Gehorsam in vie- len Dingen von den Begriffen ab, die man sich von der Moralität der Sache selbst macht. Ein Mann, der das Lotto-Spiel vor eine privile- girte Betrügerey und Ueberlistung der Unter- thanen, vor eine landsverderbliche Anstalt hält, würde sich entehrt halten, wenn ihm um noch so hohen Preis die Intendanz desselben über- tragen werden wollte. Er überläſst also diese einträgliche Ehre lieber andern minder Engher- zigen, die sich noch was darauf zu Gute thun, den Lotto-Intendant ihrem Titel anzuhängen. **) S. der Frau von la Roche Reisen nach Frankreich 1787. S. 407.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/94>, abgerufen am 29.04.2024.