Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

tur, oder nach der Vermehr- und Verbesserung
eines andern groben Gesellen: Mundus Dei sa-
pientia et hominum stultitia regitur, auch
im künftigen Jahrhundert Wahrheit bleiben werde.

Wenn man über die siebenzig Jahre hinaus ist,
so fällt es immer schwer, alter Vorurtheile und
Aberglaubens sich zu entwöhnen. Von der
Grossmuth meiner Zeitgenossen verhoffe ich
aber mit einiger Zuversicht, dass sie einen Greis,
wenn er auch radotirte, einige Pinselstriche ei-
nes Ideals zu gute halten werden, wornach er
sich einen weisen Fürsten, freilich nur nach
altem Schrot und Korn gedacht hat.

Ein weiser Fürst wäre nach diesen Umrissen
forderst der, der diss unter allen Fürsten-Ehren
für die grösste hält, Gottes Stellvertreter un-
ter den Menschen, Gottes Mitarbeiter zu ihrem
zeitlichen und ewigen Glücke zu seyn;

der sich daher, ohne sich auf seinen Verstand
allein zu verlassen, vor Gott, dem Allerhöch-
sten, demüthigen und Ihn um Weisheit bit-
ten mag;

der seinen Stand als ein ihm von Gott zu
dereinstiger Verantwortung anvertrautes Amt
und Beruf erkennt;

tur, oder nach der Vermehr- und Verbesserung
eines andern groben Gesellen: Mundus Dei sa-
pientia et hominum stultitia regitur, auch
im künftigen Jahrhundert Wahrheit bleiben werde.

Wenn man über die siebenzig Jahre hinaus ist,
so fällt es immer schwer, alter Vorurtheile und
Aberglaubens sich zu entwöhnen. Von der
Groſsmuth meiner Zeitgenossen verhoffe ich
aber mit einiger Zuversicht, daſs sie einen Greis,
wenn er auch radotirte, einige Pinselstriche ei-
nes Ideals zu gute halten werden, wornach er
sich einen weisen Fürsten, freilich nur nach
altem Schrot und Korn gedacht hat.

Ein weiser Fürst wäre nach diesen Umrissen
forderst der, der diſs unter allen Fürsten-Ehren
für die gröſste hält, Gottes Stellvertreter un-
ter den Menschen, Gottes Mitarbeiter zu ihrem
zeitlichen und ewigen Glücke zu seyn;

der sich daher, ohne sich auf seinen Verstand
allein zu verlassen, vor Gott, dem Allerhöch-
sten, demüthigen und Ihn um Weisheit bit-
ten mag;

der seinen Stand als ein ihm von Gott zu
dereinstiger Verantwortung anvertrautes Amt
und Beruf erkennt;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g"><pb facs="#f0147" n="141"/>
tur</hi>,</hi> oder nach der Vermehr- und Verbesserung<lb/>
eines andern groben Gesellen: <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Mundus Dei sa-<lb/>
pientia et hominum stultitia regitur</hi>,</hi> auch<lb/>
im künftigen Jahrhundert Wahrheit bleiben werde.</p><lb/>
          <p>Wenn man über die siebenzig Jahre hinaus ist,<lb/>
so fällt es immer schwer, alter Vorurtheile und<lb/>
Aberglaubens sich zu entwöhnen. Von der<lb/>
Gro&#x017F;smuth meiner Zeitgenossen verhoffe ich<lb/>
aber mit einiger Zuversicht, da&#x017F;s sie einen Greis,<lb/>
wenn er auch radotirte, einige Pinselstriche ei-<lb/>
nes Ideals zu gute halten werden, wornach er<lb/>
sich einen weisen Fürsten, freilich nur nach<lb/>
altem Schrot und Korn gedacht hat.</p><lb/>
          <p>Ein weiser Fürst wäre nach diesen Umrissen<lb/>
forderst der, der di&#x017F;s unter allen Fürsten-Ehren<lb/>
für die grö&#x017F;ste hält, Gottes Stellvertreter un-<lb/>
ter den Menschen, Gottes Mitarbeiter zu ihrem<lb/>
zeitlichen und ewigen Glücke zu seyn;</p><lb/>
          <p>der sich daher, ohne sich auf seinen Verstand<lb/>
allein zu verlassen, vor Gott, dem Allerhöch-<lb/>
sten, demüthigen und Ihn um Weisheit bit-<lb/>
ten <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">mag</hi>;</hi></p><lb/>
          <p>der seinen Stand als ein ihm von Gott zu<lb/>
dereinstiger Verantwortung anvertrautes Amt<lb/>
und Beruf erkennt;</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0147] tur, oder nach der Vermehr- und Verbesserung eines andern groben Gesellen: Mundus Dei sa- pientia et hominum stultitia regitur, auch im künftigen Jahrhundert Wahrheit bleiben werde. Wenn man über die siebenzig Jahre hinaus ist, so fällt es immer schwer, alter Vorurtheile und Aberglaubens sich zu entwöhnen. Von der Groſsmuth meiner Zeitgenossen verhoffe ich aber mit einiger Zuversicht, daſs sie einen Greis, wenn er auch radotirte, einige Pinselstriche ei- nes Ideals zu gute halten werden, wornach er sich einen weisen Fürsten, freilich nur nach altem Schrot und Korn gedacht hat. Ein weiser Fürst wäre nach diesen Umrissen forderst der, der diſs unter allen Fürsten-Ehren für die gröſste hält, Gottes Stellvertreter un- ter den Menschen, Gottes Mitarbeiter zu ihrem zeitlichen und ewigen Glücke zu seyn; der sich daher, ohne sich auf seinen Verstand allein zu verlassen, vor Gott, dem Allerhöch- sten, demüthigen und Ihn um Weisheit bit- ten mag; der seinen Stand als ein ihm von Gott zu dereinstiger Verantwortung anvertrautes Amt und Beruf erkennt;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/147
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/147>, abgerufen am 22.11.2024.