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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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Last; sie reisen jetzt lieber so schnell, und ge-
meiniglich so leicht dabey, wie ein Courier.

Wie schwer ist das gewöhnliche Loos aller
Könige und der mehresten grossen Fürsten,
dass sie nicht nach eigener Wahl und Neigung
heurathen können und dürfen, sondern nach
Staats-Interesse, nach dem Willen und Befehl
ihrer Väter und Vormünder, nach betrüglichen
Porträten, nach dem Gutfinden eines ehr- oder
geldgeizigen Ministers, nach geographischen
Absichten, nach Intriguen, und auf Empfehlun-
gen von andern, diss wichtige unauflöslich seyn
sollende Band schliessen müssen. Es geräth
aber auch mit einer solchen erzwungenen oder
erkünstelten Liebe darnach, und ist noch immer
von Glück zu sagen, wenn sich nur einer von
beyden in ein solches Joch zusammen gespann-
ten Theilen zu Tode grämt. Doch sie wussten
sich, von beeden Seiten, zu allen Zeiten zu
helfen; und dieser Fall ihrer Gedultsübung ge-
hörte wohl von jeher unter die seltenen.

Schrecklicher und härter, zum Glück aber
auch rarer, ist derjenige Fall, wenn ein Prinz
zum Unglück gebohren und prädestinirt ist, wie
der unglückliche Iwan in Russland, oder als
ein Jüngling zum Cronenträger gezwungen wird,

Last; sie reisen jetzt lieber so schnell, und ge-
meiniglich so leicht dabey, wie ein Courier.

Wie schwer ist das gewöhnliche Loos aller
Könige und der mehresten groſsen Fürsten,
daſs sie nicht nach eigener Wahl und Neigung
heurathen können und dürfen, sondern nach
Staats-Interesse, nach dem Willen und Befehl
ihrer Väter und Vormünder, nach betrüglichen
Porträten, nach dem Gutfinden eines ehr- oder
geldgeizigen Ministers, nach geographischen
Absichten, nach Intriguen, und auf Empfehlun-
gen von andern, diſs wichtige unauflöslich seyn
sollende Band schliessen müssen. Es geräth
aber auch mit einer solchen erzwungenen oder
erkünstelten Liebe darnach, und ist noch immer
von Glück zu sagen, wenn sich nur einer von
beyden in ein solches Joch zusammen gespann-
ten Theilen zu Tode grämt. Doch sie wuſsten
sich, von beeden Seiten, zu allen Zeiten zu
helfen; und dieser Fall ihrer Gedultsübung ge-
hörte wohl von jeher unter die seltenen.

Schrecklicher und härter, zum Glück aber
auch rarer, ist derjenige Fall, wenn ein Prinz
zum Unglück gebohren und prädestinirt ist, wie
der unglückliche Iwan in Ruſsland, oder als
ein Jüngling zum Cronenträger gezwungen wird,

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[156/0162] Last; sie reisen jetzt lieber so schnell, und ge- meiniglich so leicht dabey, wie ein Courier. Wie schwer ist das gewöhnliche Loos aller Könige und der mehresten groſsen Fürsten, daſs sie nicht nach eigener Wahl und Neigung heurathen können und dürfen, sondern nach Staats-Interesse, nach dem Willen und Befehl ihrer Väter und Vormünder, nach betrüglichen Porträten, nach dem Gutfinden eines ehr- oder geldgeizigen Ministers, nach geographischen Absichten, nach Intriguen, und auf Empfehlun- gen von andern, diſs wichtige unauflöslich seyn sollende Band schliessen müssen. Es geräth aber auch mit einer solchen erzwungenen oder erkünstelten Liebe darnach, und ist noch immer von Glück zu sagen, wenn sich nur einer von beyden in ein solches Joch zusammen gespann- ten Theilen zu Tode grämt. Doch sie wuſsten sich, von beeden Seiten, zu allen Zeiten zu helfen; und dieser Fall ihrer Gedultsübung ge- hörte wohl von jeher unter die seltenen. Schrecklicher und härter, zum Glück aber auch rarer, ist derjenige Fall, wenn ein Prinz zum Unglück gebohren und prädestinirt ist, wie der unglückliche Iwan in Ruſsland, oder als ein Jüngling zum Cronenträger gezwungen wird,

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/162>, abgerufen am 24.11.2024.