die verbündete Oesterreichische und Spanische Macht vor sich zittern machte.
Es giebt eine köstliche, unsichtbare, intensi- ve, fast möchte man sagen, negative Grösse, wenn ein König oder Fürst über sein widriges Schicksal sich selbst durch Gedult und Stand- haftigkeit erhebt; in seinem Unglück durch Ge- lassenheit und Verläugnung sich selbst zu be- sitzen lernt. Es mag immerhin eine Ketzerey seyn, getrost sage ich Hallern nach:
Du bist ein grössrer Mann, als alle Weltbezwinger.
Wenn man zu wählen hätte, so möchte im- mer wünschenswürdiger seyn, lieber gut als gross genannt zu werden; und es ist ein wah- rer Gedanke, den der geistreiche Niemeyer in einer seiner Schriften vorträgt: "Es ist das Loos der Fürsten, derer wenigstens, die sich über das Gemeine erheben, dass meist das Zar- te, Weiche, ihrer Empfindungen unter ihrer Grösse verlohren geht. Es ist vielleicht bey- des in der Natur miteinander unverträglich, so oft es auch in moralischen Betrachtungen, Lob- reden und Lobgedichten, neben einander zu ste- hen pflegt".
die verbündete Oesterreichische und Spanische Macht vor sich zittern machte.
Es giebt eine köstliche, unsichtbare, intensi- ve, fast möchte man sagen, negative Gröſse, wenn ein König oder Fürst über sein widriges Schicksal sich selbst durch Gedult und Stand- haftigkeit erhebt; in seinem Unglück durch Ge- lassenheit und Verläugnung sich selbst zu be- sitzen lernt. Es mag immerhin eine Ketzerey seyn, getrost sage ich Hallern nach:
Du bist ein gröſsrer Mann, als alle Weltbezwinger.
Wenn man zu wählen hätte, so möchte im- mer wünschenswürdiger seyn, lieber gut als groſs genannt zu werden; und es ist ein wah- rer Gedanke, den der geistreiche Niemeyer in einer seiner Schriften vorträgt: „Es ist das Loos der Fürsten, derer wenigstens, die sich über das Gemeine erheben, daſs meist das Zar- te, Weiche, ihrer Empfindungen unter ihrer Gröſse verlohren geht. Es ist vielleicht bey- des in der Natur miteinander unverträglich, so oft es auch in moralischen Betrachtungen, Lob- reden und Lobgedichten, neben einander zu ste- hen pflegt„.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0177"n="171"/>
die verbündete Oesterreichische und Spanische<lb/>
Macht vor sich zittern machte.</p><lb/><p>Es giebt eine köstliche, unsichtbare, intensi-<lb/>
ve, fast möchte man sagen, negative Gröſse,<lb/>
wenn ein König oder Fürst über sein widriges<lb/>
Schicksal sich selbst durch Gedult und Stand-<lb/>
haftigkeit erhebt; in seinem Unglück durch Ge-<lb/>
lassenheit und <choice><sic>Verläugnnng</sic><corr>Verläugnung</corr></choice> sich selbst zu be-<lb/>
sitzen lernt. Es mag immerhin eine Ketzerey<lb/>
seyn, getrost sage ich <hirendition="#i"><hirendition="#g">Hallern</hi></hi> nach:</p><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#i"><hirendition="#g">Du bist ein gröſsrer Mann, als alle</hi></hi></l><lb/><l><hirendition="#i"><hirendition="#g">Weltbezwinger</hi>.</hi></l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Wenn man zu wählen hätte, so möchte im-<lb/>
mer wünschenswürdiger seyn, lieber <hirendition="#i"><hirendition="#g">gut</hi></hi> als<lb/><hirendition="#i"><hirendition="#g">groſs</hi></hi> genannt zu werden; und es ist ein wah-<lb/>
rer Gedanke, den der geistreiche <hirendition="#i"><hirendition="#g">Niemeyer</hi></hi><lb/>
in einer seiner Schriften vorträgt: „Es ist das<lb/>
Loos der Fürsten, derer wenigstens, die sich<lb/>
über das Gemeine erheben, daſs meist das Zar-<lb/>
te, Weiche, ihrer Empfindungen unter ihrer<lb/><hirendition="#i"><hirendition="#g">Gröſse</hi></hi> verlohren geht. Es ist vielleicht bey-<lb/>
des in der Natur miteinander unverträglich, so<lb/>
oft es auch in moralischen Betrachtungen, Lob-<lb/>
reden und Lobgedichten, neben einander zu ste-<lb/>
hen pflegt„.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[171/0177]
die verbündete Oesterreichische und Spanische
Macht vor sich zittern machte.
Es giebt eine köstliche, unsichtbare, intensi-
ve, fast möchte man sagen, negative Gröſse,
wenn ein König oder Fürst über sein widriges
Schicksal sich selbst durch Gedult und Stand-
haftigkeit erhebt; in seinem Unglück durch Ge-
lassenheit und Verläugnung sich selbst zu be-
sitzen lernt. Es mag immerhin eine Ketzerey
seyn, getrost sage ich Hallern nach:
Du bist ein gröſsrer Mann, als alle
Weltbezwinger.
Wenn man zu wählen hätte, so möchte im-
mer wünschenswürdiger seyn, lieber gut als
groſs genannt zu werden; und es ist ein wah-
rer Gedanke, den der geistreiche Niemeyer
in einer seiner Schriften vorträgt: „Es ist das
Loos der Fürsten, derer wenigstens, die sich
über das Gemeine erheben, daſs meist das Zar-
te, Weiche, ihrer Empfindungen unter ihrer
Gröſse verlohren geht. Es ist vielleicht bey-
des in der Natur miteinander unverträglich, so
oft es auch in moralischen Betrachtungen, Lob-
reden und Lobgedichten, neben einander zu ste-
hen pflegt„.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/177>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.