Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.dass er noch menschlich sey, die Rechte des Landgraf auch so hart würde, wie du! Werde hart,
sage ich, du unseeliger Landgraf, und lass dein wei- ches Gemuth fahren; denn wie willst du sonst deinen Unterthanen nützen? Siehst du nicht, wie deine Räthe die Unterthanen drücken und aussaugen? Der und der (er nannte sie alle mit Nahmen) wird von dem Deinen reich, und Du wirst zum Bettler; der und der handelt mit dem Deinigen wie er will, beraubt den Unterthanen", etc. Er rügte darauf ferner, dass, wenn man auch dem Herrn es klagen wolle, niemand vor ihn kommen könne u. s. w. und fluchte den Landgra- fen in die Hölle hinein. Der über diese Busspredigt geruhrte Fürst ritt des Morgens davon; nahm, wie die Legende sagt, alles zu Herzen; fieng von der Zeit an, gegen seine Schelmen und Diebe härter zu werden, und sich dadurch, wahrscheinlich von diesen Blutigeln selbst, den Titel, des Eisernen, zu ver- dienen. daſs er noch menschlich sey, die Rechte des Landgraf auch so hart würde, wie du! Werde hart,
sage ich, du unseeliger Landgraf, und laſs dein wei- ches Gemuth fahren; denn wie willst du sonst deinen Unterthanen nützen? Siehst du nicht, wie deine Räthe die Unterthanen drücken und aussaugen? Der und der (er nannte sie alle mit Nahmen) wird von dem Deinen reich, und Du wirst zum Bettler; der und der handelt mit dem Deinigen wie er will, beraubt den Unterthanen„, etc. Er rügte darauf ferner, daſs, wenn man auch dem Herrn es klagen wolle, niemand vor ihn kommen könne u. s. w. und fluchte den Landgra- fen in die Hölle hinein. Der über diese Buſspredigt geruhrte Fürst ritt des Morgens davon; nahm, wie die Legende sagt, alles zu Herzen; fieng von der Zeit an, gegen seine Schelmen und Diebe härter zu werden, und sich dadurch, wahrscheinlich von diesen Blutigeln selbst, den Titel, des Eisernen, zu ver- dienen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0179" n="173"/> daſs er noch menschlich sey, die Rechte des<lb/> Menschen kenne und in Ehren halte, seine<lb/> eigenen Pflichten übe, kein Despot, viel weni-<lb/> ger ein Tyrann, und am allerwenigsten Ver-<lb/> führer und Satan seines eigenen Volkes sey;<lb/> wenn er das Hirten-Recht, seine Schaafe zu<lb/> scheeren, nicht in die Kunst, sie zu schinden,<lb/> verwandelt; wenn er seinem Volk nicht nur,<lb/> durch Indianische Scalpier-Methoden, die Haut,<lb/> sondern auch das Blut abzieht, und so seinen<lb/> eigenen Staat, weil doch alles heut zu Tage<lb/> Staat heissen soll, zum Leichnam macht.</p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_7_2" prev="#seg2pn_7_1" place="foot" n="**)">Landgraf auch so hart würde, wie du! Werde hart,<lb/> sage ich, du unseeliger Landgraf, und laſs dein wei-<lb/> ches Gemuth fahren; denn wie willst du sonst deinen<lb/> Unterthanen nützen? Siehst du nicht, wie deine Räthe<lb/> die Unterthanen drücken und aussaugen? Der und<lb/> der (er nannte sie alle mit Nahmen) wird von dem<lb/> Deinen reich, und Du wirst zum Bettler; der und der<lb/> handelt mit dem Deinigen wie er will, beraubt den<lb/> Unterthanen„, etc. Er rügte darauf ferner, daſs, wenn<lb/> man auch dem Herrn es klagen wolle, niemand vor<lb/> ihn kommen könne u. s. w. und fluchte den Landgra-<lb/> fen in die Hölle hinein. Der über diese Buſspredigt<lb/> geruhrte Fürst ritt des Morgens davon; nahm, wie<lb/> die Legende sagt, alles zu Herzen; fieng von der<lb/> Zeit an, gegen seine Schelmen und Diebe härter zu<lb/> werden, und sich dadurch, wahrscheinlich von diesen<lb/> Blutigeln selbst, den Titel, des <hi rendition="#i">Eisernen,</hi> zu ver-<lb/> dienen.</note> </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [173/0179]
daſs er noch menschlich sey, die Rechte des
Menschen kenne und in Ehren halte, seine
eigenen Pflichten übe, kein Despot, viel weni-
ger ein Tyrann, und am allerwenigsten Ver-
führer und Satan seines eigenen Volkes sey;
wenn er das Hirten-Recht, seine Schaafe zu
scheeren, nicht in die Kunst, sie zu schinden,
verwandelt; wenn er seinem Volk nicht nur,
durch Indianische Scalpier-Methoden, die Haut,
sondern auch das Blut abzieht, und so seinen
eigenen Staat, weil doch alles heut zu Tage
Staat heissen soll, zum Leichnam macht.
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**) Landgraf auch so hart würde, wie du! Werde hart,
sage ich, du unseeliger Landgraf, und laſs dein wei-
ches Gemuth fahren; denn wie willst du sonst deinen
Unterthanen nützen? Siehst du nicht, wie deine Räthe
die Unterthanen drücken und aussaugen? Der und
der (er nannte sie alle mit Nahmen) wird von dem
Deinen reich, und Du wirst zum Bettler; der und der
handelt mit dem Deinigen wie er will, beraubt den
Unterthanen„, etc. Er rügte darauf ferner, daſs, wenn
man auch dem Herrn es klagen wolle, niemand vor
ihn kommen könne u. s. w. und fluchte den Landgra-
fen in die Hölle hinein. Der über diese Buſspredigt
geruhrte Fürst ritt des Morgens davon; nahm, wie
die Legende sagt, alles zu Herzen; fieng von der
Zeit an, gegen seine Schelmen und Diebe härter zu
werden, und sich dadurch, wahrscheinlich von diesen
Blutigeln selbst, den Titel, des Eisernen, zu ver-
dienen.
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Zitationshilfe: | Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/179>, abgerufen am 16.02.2025. |