Adel gebohrner desswegen auch ein edler Mann sey, welchem Irrthum die kundbare Erfahrung widerspricht.
Alle Könige und Fürsten haben insgemein den Ehren-Nahmen: Gross, nur durch Kriegs- Ruhm, durch Kriegs-Glück, und durch persön- liche militarische Talente erworben. Von Bey- spielen, dass ein Herr durch andere, noch so wahre und glänzende, sein Volk beglückende, Regenten-Tugenden, eine Ansprache auf diesen Titel erlangt habe, ist mir wenigstens keins be- kannt, noch erinnerlich.
Man kann es wohl nicht anders als einer Natio- nal-Eifersucht zuschreiben, dass zuweilen zween zu gleicher Zeit lebenden Monarchen der Nahme, der Grosse, beygelegt worden, deren Einer nach höchstem Recht der Kleine genannt zu werden verdient hätte. So giengs zwischen den Fran- zosen und Oesterreichern; kaum hatten jene ihren Ludwig XIV. als den Grossen ausgeposaunt, als diese mit ihrem Kayser Leopold nachfolgten, an dem nichts Grosses nach Seel und Leib war, als sein Phlegma und sein grosses Maul.
(II. Band.) M
Adel gebohrner deſswegen auch ein edler Mann sey, welchem Irrthum die kundbare Erfahrung widerspricht.
Alle Könige und Fürsten haben insgemein den Ehren-Nahmen: Groſs, nur durch Kriegs- Ruhm, durch Kriegs-Glück, und durch persön- liche militarische Talente erworben. Von Bey- spielen, daſs ein Herr durch andere, noch so wahre und glänzende, sein Volk beglückende, Regenten-Tugenden, eine Ansprache auf diesen Titel erlangt habe, ist mir wenigstens keins be- kannt, noch erinnerlich.
Man kann es wohl nicht anders als einer Natio- nal-Eifersucht zuschreiben, daſs zuweilen zween zu gleicher Zeit lebenden Monarchen der Nahme, der Groſse, beygelegt worden, deren Einer nach höchstem Recht der Kleine genannt zu werden verdient hätte. So giengs zwischen den Fran- zosen und Oesterreichern; kaum hatten jene ihren Ludwig XIV. als den Groſsen ausgeposaunt, als diese mit ihrem Kayser Leopold nachfolgten, an dem nichts Groſses nach Seel und Leib war, als sein Phlegma und sein groſses Maul.
(II. Band.) M
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Adel gebohrner deſswegen auch ein edler
Mann sey, welchem Irrthum die kundbare
Erfahrung widerspricht.
Alle Könige und Fürsten haben insgemein
den Ehren-Nahmen: Groſs, nur durch Kriegs-
Ruhm, durch Kriegs-Glück, und durch persön-
liche militarische Talente erworben. Von Bey-
spielen, daſs ein Herr durch andere, noch so
wahre und glänzende, sein Volk beglückende,
Regenten-Tugenden, eine Ansprache auf diesen
Titel erlangt habe, ist mir wenigstens keins be-
kannt, noch erinnerlich.
Man kann es wohl nicht anders als einer Natio-
nal-Eifersucht zuschreiben, daſs zuweilen zween
zu gleicher Zeit lebenden Monarchen der Nahme,
der Groſse, beygelegt worden, deren Einer nach
höchstem Recht der Kleine genannt zu werden
verdient hätte. So giengs zwischen den Fran-
zosen und Oesterreichern; kaum hatten jene ihren
Ludwig XIV. als den Groſsen ausgeposaunt,
als diese mit ihrem Kayser Leopold nachfolgten,
an dem nichts Groſses nach Seel und Leib war,
als sein Phlegma und sein groſses Maul.
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/183>, abgerufen am 24.11.2024.
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