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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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denheit in Kleidung rühmen wollte. Sonst wards
als Symbol der Vorzüge der Geburt und des
Standes geachtet, in Gold und Silber gekleidet,
gestickt und bordirt seyn; heut zu Tage geht
alle vornehme Welt entweder in militarischer
oder Hof-Uniform, oder gar in vorgeschriebe-
ner Amtstracht. Die Noth der Zeiten, die be-
ständigen Kriege, das Schuldenmachen der Gros-
sen und Kleinen, haben uns in kurzer Zeit so
kräftig simplificirt, dass Bescheidenheit in Klei-
dung nichts mehr als nur Mode ist, und wir bald
vollends werden singen und sagen können:

Hic vivimus ambitiosa paupertate
omnes!

Doch was ist, das bey unsern Göttern der
Erde noch mehr, als nur Mode wäre? Wahre
Tugend, wahre Grösse sind zu allen Zeiten
selten; Scheintugend, falsche Grösse, gehören
zur gangbaren Mode. Alles ist bey uns nur
Mode, selbst die Art und Kunst zu regieren *).

*) Un des plus grands malheurs de ces maitres du genre bu-
main, c'est de vouloir toujours, que le peuple, qui leur
est soumis, soit beureux, ou plus beureux, comme ils
disent, a leur mode. Quand il ne faut que vouloir
pour etre obeis, on s'egare dans un labyrintbe de contra-

denheit in Kleidung rühmen wollte. Sonst wards
als Symbol der Vorzüge der Geburt und des
Standes geachtet, in Gold und Silber gekleidet,
gestickt und bordirt seyn; heut zu Tage geht
alle vornehme Welt entweder in militarischer
oder Hof-Uniform, oder gar in vorgeschriebe-
ner Amtstracht. Die Noth der Zeiten, die be-
ständigen Kriege, das Schuldenmachen der Gros-
sen und Kleinen, haben uns in kurzer Zeit so
kräftig simplificirt, daſs Bescheidenheit in Klei-
dung nichts mehr als nur Mode ist, und wir bald
vollends werden singen und sagen können:

Hic vivimus ambitiosa paupertate
omnes!

Doch was ist, das bey unsern Göttern der
Erde noch mehr, als nur Mode wäre? Wahre
Tugend, wahre Grösse sind zu allen Zeiten
selten; Scheintugend, falsche Gröſse, gehören
zur gangbaren Mode. Alles ist bey uns nur
Mode, selbst die Art und Kunst zu regieren *).

*) Un des plus grands malheurs de ces maitres du genre bu-
main, c’est de vouloir toujours, que le peuple, qui leur
est soumis, soit beureux, ou plus beureux, comme ils
disent, à leur mode. Quand il ne faut que vouloir
pour être obéïs, on s’egare dans un labyrintbe de contra-
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[187/0193] denheit in Kleidung rühmen wollte. Sonst wards als Symbol der Vorzüge der Geburt und des Standes geachtet, in Gold und Silber gekleidet, gestickt und bordirt seyn; heut zu Tage geht alle vornehme Welt entweder in militarischer oder Hof-Uniform, oder gar in vorgeschriebe- ner Amtstracht. Die Noth der Zeiten, die be- ständigen Kriege, das Schuldenmachen der Gros- sen und Kleinen, haben uns in kurzer Zeit so kräftig simplificirt, daſs Bescheidenheit in Klei- dung nichts mehr als nur Mode ist, und wir bald vollends werden singen und sagen können: Hic vivimus ambitiosa paupertate omnes! Doch was ist, das bey unsern Göttern der Erde noch mehr, als nur Mode wäre? Wahre Tugend, wahre Grösse sind zu allen Zeiten selten; Scheintugend, falsche Gröſse, gehören zur gangbaren Mode. Alles ist bey uns nur Mode, selbst die Art und Kunst zu regieren *). *) Un des plus grands malheurs de ces maitres du genre bu- main, c’est de vouloir toujours, que le peuple, qui leur est soumis, soit beureux, ou plus beureux, comme ils disent, à leur mode. Quand il ne faut que vouloir pour être obéïs, on s’egare dans un labyrintbe de contra-

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/193>, abgerufen am 21.11.2024.