einen König wegen seiner Grossmuth zu lo- ben, der von einem feindlich überzogenen Land nicht mehr nimmt, als es hat; der die Hälfte der angesezten Brandschatzungen nachlässt, weil er vorher wusste, dass das Land nicht Vermö- noch Credit genug hatte, die andere Hälfte auch noch aufzubringen. Das hiesse einen Löwen lo- ben, der nur gebissen und nicht zerrissen und gefressen hat. Uebertrieben wäre das Lob eines Fürsten, ihn als ein Muster ehelicher Treue vorstellen zu wollen, dessen Gemahlin und Maitresse fast zu gleicher Zeit ins Kindbett ge- kommen. Doch wer wird alle Categorien mög- licher Uebertreibungen hererzählen? So lobte, um auch davon Ein Beyspiel anzuführen, ein armer Schlucker den friedfertigen König Fried- rich I. in Schweden, als einen grossen Helden. Der gute König lachte des unverdienten Lobes und sagte hernach zu seinen Hofleuten: Ich weiss am besten, was ich für ein Held bin; in meinem ganzen Leben habe ich eine Bataille bey Speyerbach geliefert, und bin tüchtig ge- schlagen worden.
Ueberhaupt gehören dahin alle Pleonasmen von Beywörtern des unvergänglichen Lobs von einer oft pappedeckelnen Dauer, des un-
einen König wegen seiner Groſsmuth zu lo- ben, der von einem feindlich überzogenen Land nicht mehr nimmt, als es hat; der die Hälfte der angesezten Brandschatzungen nachläſst, weil er vorher wuſste, daſs das Land nicht Vermö- noch Credit genug hatte, die andere Hälfte auch noch aufzubringen. Das hieſse einen Löwen lo- ben, der nur gebissen und nicht zerrissen und gefressen hat. Uebertrieben wäre das Lob eines Fürsten, ihn als ein Muster ehelicher Treue vorstellen zu wollen, dessen Gemahlin und Maitresse fast zu gleicher Zeit ins Kindbett ge- kommen. Doch wer wird alle Categorien mög- licher Uebertreibungen hererzählen? So lobte, um auch davon Ein Beyspiel anzuführen, ein armer Schlucker den friedfertigen König Fried- rich I. in Schweden, als einen groſsen Helden. Der gute König lachte des unverdienten Lobes und sagte hernach zu seinen Hofleuten: Ich weiſs am besten, was ich für ein Held bin; in meinem ganzen Leben habe ich eine Bataille bey Speyerbach geliefert, und bin tüchtig ge- schlagen worden.
Ueberhaupt gehören dahin alle Pleonasmen von Beywörtern des unvergänglichen Lobs von einer oft pappedeckelnen Dauer, des un-
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einen König wegen seiner Groſsmuth zu lo-
ben, der von einem feindlich überzogenen Land
nicht mehr nimmt, als es hat; der die Hälfte
der angesezten Brandschatzungen nachläſst, weil
er vorher wuſste, daſs das Land nicht Vermö-
noch Credit genug hatte, die andere Hälfte auch
noch aufzubringen. Das hieſse einen Löwen lo-
ben, der nur gebissen und nicht zerrissen und
gefressen hat. Uebertrieben wäre das Lob eines
Fürsten, ihn als ein Muster ehelicher Treue
vorstellen zu wollen, dessen Gemahlin und
Maitresse fast zu gleicher Zeit ins Kindbett ge-
kommen. Doch wer wird alle Categorien mög-
licher Uebertreibungen hererzählen? So lobte,
um auch davon Ein Beyspiel anzuführen, ein
armer Schlucker den friedfertigen König Fried-
rich I. in Schweden, als einen groſsen Helden.
Der gute König lachte des unverdienten Lobes
und sagte hernach zu seinen Hofleuten: Ich
weiſs am besten, was ich für ein Held bin; in
meinem ganzen Leben habe ich eine Bataille
bey Speyerbach geliefert, und bin tüchtig ge-
schlagen worden.
Ueberhaupt gehören dahin alle Pleonasmen
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/201>, abgerufen am 22.11.2024.
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