Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

schen Mässigkeit, mit den Worten: Er behilft
sich täglich mit sechs Maass Wein; welches
vielleicht noch im vorigen Jahrhundert an die-
sem Hof eine Tugend gewesen war.

Einem auf seine oberflächliche Bücher-Kennt-
niss eingebildeten eitlen Reichsfürsten ward vor
einigen Jahren bey Besuchung der kayserlichen
Bibliothek in Wien von ihrem Aufseher das ver-
meintlich grosse Compliment gemacht: Er sey
so gelehrt, wie ein Professor! welches denen
ihn begleitenden Prinzen zu einem muthwilli-
gen Gelächter Anlass gab.

Ein armer hungriger Kandidat, der eine Pfar-
re suchte, überreichte dem verstorbenen Für-
sten von Waldeck, der die Parforce-Jagd lei-
denschaftlich liebte, in der besten Meinung ein
Gedicht, das sich anfieng:

Par force Durchlauchtigster, par force mein
Landes-Vater!

und bekam, statt der gehoften Pfarre, die
Antwort:

Par force ein Narr, mein Herr!

Von dieser Art ist auch das beissende Epi-
gramm, das auf K. Friedrichs II. in Preussen
Vorliebe und Anhänglichkeit an Voltaire und die

schen Mäſsigkeit, mit den Worten: Er behilft
sich täglich mit sechs Maaſs Wein; welches
vielleicht noch im vorigen Jahrhundert an die-
sem Hof eine Tugend gewesen war.

Einem auf seine oberflächliche Bücher-Kennt-
niſs eingebildeten eitlen Reichsfürsten ward vor
einigen Jahren bey Besuchung der kayserlichen
Bibliothek in Wien von ihrem Aufseher das ver-
meintlich groſse Compliment gemacht: Er sey
so gelehrt, wie ein Professor! welches denen
ihn begleitenden Prinzen zu einem muthwilli-
gen Gelächter Anlaſs gab.

Ein armer hungriger Kandidat, der eine Pfar-
re suchte, überreichte dem verstorbenen Für-
sten von Waldeck, der die Parforce-Jagd lei-
denschaftlich liebte, in der besten Meinung ein
Gedicht, das sich anfieng:

Par force Durchlauchtigster, par force mein
Landes-Vater!

und bekam, statt der gehoften Pfarre, die
Antwort:

Par force ein Narr, mein Herr!

Von dieser Art ist auch das beissende Epi-
gramm, das auf K. Friedrichs II. in Preussen
Vorliebe und Anhänglichkeit an Voltaire und die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0206" n="200"/>
schen Mä&#x017F;sigkeit, mit den Worten: Er <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">behilft</hi></hi><lb/>
sich täglich mit sechs Maa&#x017F;s Wein; welches<lb/>
vielleicht noch im vorigen Jahrhundert an die-<lb/>
sem Hof eine Tugend gewesen war.</p><lb/>
          <p>Einem auf seine oberflächliche Bücher-Kennt-<lb/>
ni&#x017F;s eingebildeten eitlen Reichsfürsten ward vor<lb/>
einigen Jahren bey Besuchung der kayserlichen<lb/>
Bibliothek in Wien von ihrem Aufseher das ver-<lb/>
meintlich gro&#x017F;se Compliment gemacht: Er sey<lb/>
so gelehrt, wie ein Professor! welches denen<lb/>
ihn begleitenden Prinzen zu einem muthwilli-<lb/>
gen Gelächter Anla&#x017F;s gab.</p><lb/>
          <p>Ein armer hungriger Kandidat, der eine Pfar-<lb/>
re suchte, überreichte dem verstorbenen Für-<lb/>
sten von Waldeck, der die Parforce-Jagd lei-<lb/>
denschaftlich liebte, in der besten Meinung ein<lb/>
Gedicht, das sich anfieng:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#i">Par force</hi> Durchlauchtigster, <hi rendition="#i">par force</hi> mein</l><lb/>
            <l>Landes-Vater!</l>
          </lg><lb/>
          <p>und bekam, statt der gehoften Pfarre, die<lb/>
Antwort:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#i">Par force</hi> ein Narr, mein Herr!</l>
          </lg><lb/>
          <p>Von dieser Art ist auch das beissende Epi-<lb/>
gramm, das auf K. Friedrichs II. in Preussen<lb/>
Vorliebe und Anhänglichkeit an Voltaire und die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0206] schen Mäſsigkeit, mit den Worten: Er behilft sich täglich mit sechs Maaſs Wein; welches vielleicht noch im vorigen Jahrhundert an die- sem Hof eine Tugend gewesen war. Einem auf seine oberflächliche Bücher-Kennt- niſs eingebildeten eitlen Reichsfürsten ward vor einigen Jahren bey Besuchung der kayserlichen Bibliothek in Wien von ihrem Aufseher das ver- meintlich groſse Compliment gemacht: Er sey so gelehrt, wie ein Professor! welches denen ihn begleitenden Prinzen zu einem muthwilli- gen Gelächter Anlaſs gab. Ein armer hungriger Kandidat, der eine Pfar- re suchte, überreichte dem verstorbenen Für- sten von Waldeck, der die Parforce-Jagd lei- denschaftlich liebte, in der besten Meinung ein Gedicht, das sich anfieng: Par force Durchlauchtigster, par force mein Landes-Vater! und bekam, statt der gehoften Pfarre, die Antwort: Par force ein Narr, mein Herr! Von dieser Art ist auch das beissende Epi- gramm, das auf K. Friedrichs II. in Preussen Vorliebe und Anhänglichkeit an Voltaire und die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/206
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/206>, abgerufen am 17.05.2024.