land mehr zu wagen, als, leider! je länger je weniger geschieht. Statt dessen bleibt dem gedrückten, verfolgten und leidenden Mann nichts übrig, als mit dem Stab in der Hand und den Acten unterm Arm nach Wien zu wandern; um Justitz zu schreyen und zu betteln; sich von einer Thür zur andern weisen und abwei- sen, mit stolzem Blick anklotzen und zum Lohn seiner Tugend mit spottendem Hohnlachen ab- fertigen zu lassen. Klagen mag er dann, das wird ihm freilich nicht verwehrt; das ist's aber auch alles, und der ganze Zuschnitt dieser Krebs- und Schnecken-Justiz löst sich in der alten Fabel auf: Dass es so lange währt, biss der Müller, das Kind oder der Esel, stirbt. Hat der Leidende in seinem Ministerial-Dienst vol- lends das Unglück gehabt, sich dem Kayserli- chen Hof missfällig zu machen, so kommt Kunst der phlegmatischen Natur der Reichs-Justiz- Pflege vollends zu Hülfe, und der Leidende mag sich immerhin gefasst machen, bey Ueberge- bung seiner ersten Klagschrift sich zugleich seine Grabstätte in Maria-Hülf oder einer andern Vorstadt zu bestellen.
Sage man nicht: Der Richter ist nicht nur an die Gesetze, sondern auch an die Form der Ge-
land mehr zu wagen, als, leider! je länger je weniger geschieht. Statt dessen bleibt dem gedrückten, verfolgten und leidenden Mann nichts übrig, als mit dem Stab in der Hand und den Acten unterm Arm nach Wien zu wandern; um Justitz zu schreyen und zu betteln; sich von einer Thür zur andern weisen und abwei- sen, mit stolzem Blick anklotzen und zum Lohn seiner Tugend mit spottendem Hohnlachen ab- fertigen zu lassen. Klagen mag er dann, das wird ihm freilich nicht verwehrt; das ist’s aber auch alles, und der ganze Zuschnitt dieser Krebs- und Schnecken-Justiz löst sich in der alten Fabel auf: Daſs es so lange währt, biſs der Müller, das Kind oder der Esel, stirbt. Hat der Leidende in seinem Ministerial-Dienst vol- lends das Unglück gehabt, sich dem Kayserli- chen Hof miſsfällig zu machen, so kommt Kunst der phlegmatischen Natur der Reichs-Justiz- Pflege vollends zu Hülfe, und der Leidende mag sich immerhin gefaſst machen, bey Ueberge- bung seiner ersten Klagschrift sich zugleich seine Grabstätte in Maria-Hülf oder einer andern Vorstadt zu bestellen.
Sage man nicht: Der Richter ist nicht nur an die Gesetze, sondern auch an die Form der Ge-
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land mehr zu wagen, als, leider! je länger je
weniger geschieht. Statt dessen bleibt dem
gedrückten, verfolgten und leidenden Mann
nichts übrig, als mit dem Stab in der Hand und
den Acten unterm Arm nach Wien zu wandern;
um Justitz zu schreyen und zu betteln; sich
von einer Thür zur andern weisen und abwei-
sen, mit stolzem Blick anklotzen und zum Lohn
seiner Tugend mit spottendem Hohnlachen ab-
fertigen zu lassen. Klagen mag er dann, das
wird ihm freilich nicht verwehrt; das ist’s aber
auch alles, und der ganze Zuschnitt dieser Krebs-
und Schnecken-Justiz löst sich in der alten
Fabel auf: Daſs es so lange währt, biſs der
Müller, das Kind oder der Esel, stirbt. Hat
der Leidende in seinem Ministerial-Dienst vol-
lends das Unglück gehabt, sich dem Kayserli-
chen Hof miſsfällig zu machen, so kommt Kunst
der phlegmatischen Natur der Reichs-Justiz-
Pflege vollends zu Hülfe, und der Leidende mag
sich immerhin gefaſst machen, bey Ueberge-
bung seiner ersten Klagschrift sich zugleich
seine Grabstätte in Maria-Hülf oder einer andern
Vorstadt zu bestellen.
Sage man nicht: Der Richter ist nicht nur an
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/220>, abgerufen am 24.11.2024.
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