che. Er würde ein vollkommener Fürst seyn, wenn er es so weit bringen könnte".
In einem kurz gedauerten Paroxysmo schien es, der junge König wolle wenigstens in dem sogenannten Despacho oder Rath der Depe- schen, selbst und allein arbeiten; er zog zu diesem Despacho den Cardinal Portocarre- ro, dem er durch das Testament Carls III. oh- nehin die Crone zu verdanken hatte, zugleich aber auch, um nicht von dem Eigensinn dieses mächtigen Spaniers allein abzuhangen, den fran- zösischen Gesandten mit bey. Diss that nur eine Zeit lang gut; der Spanische Stolz empörte sich gegen französische Mitwürkung und Ein- fluss. Als Philipp im Jahr 1703 nach Madrit zu- rückkam, und der neue französische Gesandte, Cardinal von Estrees, Mine machte, dem De- spacho mit beyzuwohnen, weigerte sich Por- tocarrero, in demselben zu erscheinen; die Gährung unter den Grossen wurde immer grös- ser, und drohte einen förmlichen Aufruhr. An die Zuziehung eines französischen Gesandten war gar nicht mehr zu gedenken; ein Spani- scher Grande drohte im öffentlichen Rath mit Arm und Bein entzweyschlagen derer, die sich
(II. Band.) B
che. Er würde ein vollkommener Fürst seyn, wenn er es so weit bringen könnte„.
In einem kurz gedauerten Paroxysmo schien es, der junge König wolle wenigstens in dem sogenannten Despacho oder Rath der Depe- schen, selbst und allein arbeiten; er zog zu diesem Despacho den Cardinal Portocarre- ro, dem er durch das Testament Carls III. oh- nehin die Crone zu verdanken hatte, zugleich aber auch, um nicht von dem Eigensinn dieses mächtigen Spaniers allein abzuhangen, den fran- zösischen Gesandten mit bey. Diſs that nur eine Zeit lang gut; der Spanische Stolz empörte sich gegen französische Mitwürkung und Ein- fluſs. Als Philipp im Jahr 1703 nach Madrit zu- rückkam, und der neue französische Gesandte, Cardinal von Estrees, Mine machte, dem De- spacho mit beyzuwohnen, weigerte sich Por- tocarrero, in demselben zu erscheinen; die Gährung unter den Groſsen wurde immer grös- ser, und drohte einen förmlichen Aufruhr. An die Zuziehung eines französischen Gesandten war gar nicht mehr zu gedenken; ein Spani- scher Grande drohte im öffentlichen Rath mit Arm und Bein entzweyschlagen derer, die sich
(II. Band.) B
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0023"n="17"/>
che. Er würde ein vollkommener Fürst seyn,<lb/>
wenn er es so weit bringen könnte„.</p><lb/><p>In einem kurz gedauerten Paroxysmo schien<lb/>
es, der junge König wolle wenigstens in dem<lb/>
sogenannten <hirendition="#i"><hirendition="#g">Despacho</hi></hi> oder Rath der Depe-<lb/>
schen, selbst und allein arbeiten; er zog zu<lb/>
diesem <hirendition="#i"><hirendition="#g">Despacho</hi></hi> den Cardinal <hirendition="#i"><hirendition="#g">Portocarre-<lb/>
ro</hi>,</hi> dem er durch das Testament Carls III. oh-<lb/>
nehin die Crone zu verdanken hatte, zugleich<lb/>
aber auch, um nicht von dem Eigensinn dieses<lb/>
mächtigen Spaniers allein abzuhangen, den fran-<lb/>
zösischen Gesandten mit bey. Diſs that nur<lb/>
eine Zeit lang gut; der Spanische Stolz empörte<lb/>
sich gegen französische Mitwürkung und Ein-<lb/>
fluſs. Als Philipp im Jahr 1703 nach Madrit zu-<lb/>
rückkam, und der neue französische Gesandte,<lb/>
Cardinal <hirendition="#i"><hirendition="#g">von Estrees</hi>,</hi> Mine machte, dem <hirendition="#i"><hirendition="#g">De-<lb/>
spacho</hi></hi> mit beyzuwohnen, weigerte sich <hirendition="#i"><hirendition="#g">Por-<lb/>
tocarrero</hi>,</hi> in demselben zu erscheinen; die<lb/>
Gährung unter den Groſsen wurde immer grös-<lb/>
ser, und drohte einen förmlichen Aufruhr. An<lb/>
die Zuziehung eines französischen Gesandten<lb/>
war gar nicht mehr zu gedenken; ein Spani-<lb/>
scher Grande drohte im öffentlichen Rath mit<lb/>
Arm und Bein entzweyschlagen derer, die sich<lb/><fwplace="bottom"type="sig">(<hirendition="#i">II. Band.</hi>) B</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[17/0023]
che. Er würde ein vollkommener Fürst seyn,
wenn er es so weit bringen könnte„.
In einem kurz gedauerten Paroxysmo schien
es, der junge König wolle wenigstens in dem
sogenannten Despacho oder Rath der Depe-
schen, selbst und allein arbeiten; er zog zu
diesem Despacho den Cardinal Portocarre-
ro, dem er durch das Testament Carls III. oh-
nehin die Crone zu verdanken hatte, zugleich
aber auch, um nicht von dem Eigensinn dieses
mächtigen Spaniers allein abzuhangen, den fran-
zösischen Gesandten mit bey. Diſs that nur
eine Zeit lang gut; der Spanische Stolz empörte
sich gegen französische Mitwürkung und Ein-
fluſs. Als Philipp im Jahr 1703 nach Madrit zu-
rückkam, und der neue französische Gesandte,
Cardinal von Estrees, Mine machte, dem De-
spacho mit beyzuwohnen, weigerte sich Por-
tocarrero, in demselben zu erscheinen; die
Gährung unter den Groſsen wurde immer grös-
ser, und drohte einen förmlichen Aufruhr. An
die Zuziehung eines französischen Gesandten
war gar nicht mehr zu gedenken; ein Spani-
scher Grande drohte im öffentlichen Rath mit
Arm und Bein entzweyschlagen derer, die sich
(II. Band.) B
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/23>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.