seine 80. Jahre bereits erreicht hatte; dessen Puls sanfter schlug, als des jüngern Herzogs von Mecklenburg; der mit eigenen Augen zu sehen, auch derbe trockene Wahrheiten anzuhören ge- wohnt war, und es unter der Würde eines ge- rechten Fürsten hielt, jemand, und am allerwe- nigsten einen von ihm geliebten und geschäzten Zeugen der Wahrheit ungehört zu verdammen. Das erste, was Herzog August that, war, dass er Lütkemannen den schriftlichen Aussatz seiner Predigt abforderte, dem der schöne Erfolg ent- sprach: Dass der Wahrheit liebende Fürst den ganzen Vortrag nicht nur vollkommen billigte, sondern auch dem Hof- und Staats-Propheten Schutz gegen alle ungegründete Angeber versprach, ja ihn aufforderte, mit fernern dergleichen Straf- Predigten getrost fortzufahren.
So gedeckt und getröstet der freymüthige Mann durch seinen biedern Fürsten war, so muss ihn doch der giftige Zahn des beleidigten Regenten- Thiers hart verwundet haben. Am 14. Sept. hielt Lütkemann seine Predigt; die Anschwär- zung seiner Hasser, des Fürsten Abforderung des Entwurfs, Lütkemanns Vertheidigung und darauf erfolgte Rechtfertigung, können immer auch einige Tage hinweggenommen haben. Ein Mann, der so
seine 80. Jahre bereits erreicht hatte; dessen Puls sanfter schlug, als des jüngern Herzogs von Mecklenburg; der mit eigenen Augen zu sehen, auch derbe trockene Wahrheiten anzuhören ge- wohnt war, und es unter der Würde eines ge- rechten Fürsten hielt, jemand, und am allerwe- nigsten einen von ihm geliebten und geschäzten Zeugen der Wahrheit ungehört zu verdammen. Das erste, was Herzog August that, war, daſs er Lütkemannen den schriftlichen Auſsatz seiner Predigt abforderte, dem der schöne Erfolg ent- sprach: Daſs der Wahrheit liebende Fürst den ganzen Vortrag nicht nur vollkommen billigte, sondern auch dem Hof- und Staats-Propheten Schutz gegen alle ungegründete Angeber versprach, ja ihn aufforderte, mit fernern dergleichen Straf- Predigten getrost fortzufahren.
So gedeckt und getröstet der freymüthige Mann durch seinen biedern Fürsten war, so muſs ihn doch der giftige Zahn des beleidigten Regenten- Thiers hart verwundet haben. Am 14. Sept. hielt Lütkemann seine Predigt; die Anschwär- zung seiner Hasser, des Fürsten Abforderung des Entwurfs, Lütkemanns Vertheidigung und darauf erfolgte Rechtfertigung, können immer auch einige Tage hinweggenommen haben. Ein Mann, der so
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seine 80. Jahre bereits erreicht hatte; dessen Puls
sanfter schlug, als des jüngern Herzogs von
Mecklenburg; der mit eigenen Augen zu sehen,
auch derbe trockene Wahrheiten anzuhören ge-
wohnt war, und es unter der Würde eines ge-
rechten Fürsten hielt, jemand, und am allerwe-
nigsten einen von ihm geliebten und geschäzten
Zeugen der Wahrheit ungehört zu verdammen.
Das erste, was Herzog August that, war, daſs
er Lütkemannen den schriftlichen Auſsatz seiner
Predigt abforderte, dem der schöne Erfolg ent-
sprach: Daſs der Wahrheit liebende Fürst den
ganzen Vortrag nicht nur vollkommen billigte,
sondern auch dem Hof- und Staats-Propheten
Schutz gegen alle ungegründete Angeber versprach,
ja ihn aufforderte, mit fernern dergleichen Straf-
Predigten getrost fortzufahren.
So gedeckt und getröstet der freymüthige Mann
durch seinen biedern Fürsten war, so muſs ihn
doch der giftige Zahn des beleidigten Regenten-
Thiers hart verwundet haben. Am 14. Sept.
hielt Lütkemann seine Predigt; die Anschwär-
zung seiner Hasser, des Fürsten Abforderung des
Entwurfs, Lütkemanns Vertheidigung und darauf
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/292>, abgerufen am 24.11.2024.
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