Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

man jetzo auf Latein: Ratio Status. Wenn
man weiss, was Ratio Status ist, so kann
man allhand wissen, was nach der heutigen
Statisten Beschreibung ein Regent ist. Es ist
aber Ratio Status ein solch Ding, welches
die Einfalt nicht wol verstehen kann. Damit
ich einfältiglich damit umbgehe, so vergleiche
ich es dem Adam in seiner Unschuld. Adam
war vom Anfang erschaffen nach dem Bilde
Gottes, und hatte ein schönes, trefliches und
göttliches Ansehen.

Wann Gott Adam ansahe, so sahe Er sein
Bild, und war der Mensch wie ein kleiner Gott
in der Welt. Es kam aber der Teuffel darzu,
und verkehrete solches herrliche Bild gantz in
den Grund, also dass der Mensch, der vorher
Gott ähnlich war, itzt dem grausamen Teuffel
gleich, und ein junger Teuffel in der Welt ward.
Ratio Status ist ihrem Ursprung nach ein herr-
lich, treflich und göttlich Ding. Dass einer wär'
über das gemeine Beste, dass man die Unschuld
schützte, dem Bösen wehrete, und alles in gu-
ter Ordnung halte, das ist ein göttlich Ding.
Eine Obrigkeit ist Gottes Dienerin und Fürbil-
de. Ein Fürst ist wie ein Gott in der Welt.
Aber was kan der Teuffel nicht thun? Der hat

man jetzo auf Latein: Ratio Status. Wenn
man weiſs, was Ratio Status ist, so kann
man allhand wissen, was nach der heutigen
Statisten Beschreibung ein Regent ist. Es ist
aber Ratio Status ein solch Ding, welches
die Einfalt nicht wol verstehen kann. Damit
ich einfältiglich damit umbgehe, so vergleiche
ich es dem Adam in seiner Unschuld. Adam
war vom Anfang erschaffen nach dem Bilde
Gottes, und hatte ein schönes, trefliches und
göttliches Ansehen.

Wann Gott Adam ansahe, so sahe Er sein
Bild, und war der Mensch wie ein kleiner Gott
in der Welt. Es kam aber der Teuffel darzu,
und verkehrete solches herrliche Bild gantz in
den Grund, also daſs der Mensch, der vorher
Gott ähnlich war, itzt dem grausamen Teuffel
gleich, und ein junger Teuffel in der Welt ward.
Ratio Status ist ihrem Ursprung nach ein herr-
lich, treflich und göttlich Ding. Daſs einer wär’
über das gemeine Beste, daſs man die Unschuld
schützte, dem Bösen wehrete, und alles in gu-
ter Ordnung halte, das ist ein göttlich Ding.
Eine Obrigkeit ist Gottes Dienerin und Fürbil-
de. Ein Fürst ist wie ein Gott in der Welt.
Aber was kan der Teuffel nicht thun? Der hat

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0299" n="293"/>
man jetzo auf Latein: <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Ratio Status</hi>.</hi> Wenn<lb/>
man wei&#x017F;s, was <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Ratio Status</hi></hi> ist, so kann<lb/>
man allhand wissen, was nach der heutigen<lb/>
Statisten Beschreibung ein Regent ist. Es ist<lb/>
aber <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Ratio Status</hi></hi> ein solch Ding, welches<lb/>
die Einfalt nicht wol verstehen kann. Damit<lb/>
ich einfältiglich damit umbgehe, so vergleiche<lb/>
ich es dem Adam in seiner Unschuld. Adam<lb/>
war vom Anfang erschaffen nach dem Bilde<lb/>
Gottes, und hatte ein schönes, trefliches und<lb/>
göttliches Ansehen.</p><lb/>
        <p>Wann <hi rendition="#g">Gott</hi> Adam ansahe, so sahe Er sein<lb/>
Bild, und war der Mensch wie ein kleiner Gott<lb/>
in der Welt. Es kam aber der Teuffel darzu,<lb/>
und verkehrete solches herrliche Bild gantz in<lb/>
den Grund, also da&#x017F;s der Mensch, der vorher<lb/><hi rendition="#g">Gott</hi> ähnlich war, itzt dem grausamen Teuffel<lb/>
gleich, und ein junger Teuffel in der Welt ward.<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Ratio Status</hi></hi> ist ihrem Ursprung nach ein herr-<lb/>
lich, treflich und göttlich Ding. Da&#x017F;s einer wär&#x2019;<lb/>
über das gemeine Beste, da&#x017F;s man die Unschuld<lb/>
schützte, dem Bösen wehrete, und alles in gu-<lb/>
ter Ordnung halte, das ist ein göttlich Ding.<lb/>
Eine Obrigkeit ist Gottes Dienerin und Fürbil-<lb/>
de. Ein Fürst ist wie ein <hi rendition="#g">Gott</hi> in der Welt.<lb/>
Aber was kan der Teuffel nicht thun? Der hat<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293/0299] man jetzo auf Latein: Ratio Status. Wenn man weiſs, was Ratio Status ist, so kann man allhand wissen, was nach der heutigen Statisten Beschreibung ein Regent ist. Es ist aber Ratio Status ein solch Ding, welches die Einfalt nicht wol verstehen kann. Damit ich einfältiglich damit umbgehe, so vergleiche ich es dem Adam in seiner Unschuld. Adam war vom Anfang erschaffen nach dem Bilde Gottes, und hatte ein schönes, trefliches und göttliches Ansehen. Wann Gott Adam ansahe, so sahe Er sein Bild, und war der Mensch wie ein kleiner Gott in der Welt. Es kam aber der Teuffel darzu, und verkehrete solches herrliche Bild gantz in den Grund, also daſs der Mensch, der vorher Gott ähnlich war, itzt dem grausamen Teuffel gleich, und ein junger Teuffel in der Welt ward. Ratio Status ist ihrem Ursprung nach ein herr- lich, treflich und göttlich Ding. Daſs einer wär’ über das gemeine Beste, daſs man die Unschuld schützte, dem Bösen wehrete, und alles in gu- ter Ordnung halte, das ist ein göttlich Ding. Eine Obrigkeit ist Gottes Dienerin und Fürbil- de. Ein Fürst ist wie ein Gott in der Welt. Aber was kan der Teuffel nicht thun? Der hat

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/299
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/299>, abgerufen am 24.11.2024.