sich auch zu Ratio Status gesellet, und die- selbe also verkehret, dass sie nun nichts mehr, als die gröste Schelmerey von der Welt ist: Dass ein Regent, der Ratio Status in acht nimt, unter desselben Namen frey thun mag, alles was ihm gelustet; und kann ich nicht an- ders sagen, als dass das herrliche Bild Gottes im Regiment in ein schändlich Bild des Satans verwandelt sey. Wir wollen solches absonder- lich in etlichen gewissen Stücken besehen.
Zum ersten ist ein solcher Regent ein re- giersüchtiges Thier. Es will sich mit einer Regierung nicht begnügen lassen; je mehr Lan- des er hat, je mehr Landes er suchet. Als der regiersüchtige Alexander gefraget ward, was er thun wolte, wenn er Persien eingenommen, hat er zur Antwort geben, er wolte weiter gehen in Indien hinein. Er wird gefraget, wenn er nun alles hätte, und nicht weiter ge- hen könnte, was er dann thun wolte? Darauf er geantwortet, denn wolte er geruhig regieren, und ihm gute Tage thun. Darauf ist Ihm recht zu Gemüthe geführet, wenn er denn itzt, da er so viel Land und Leute nicht hätte, eben so wol geruhig leben könnte, warumb er ihm so grosse Unruhe machte, und das suchete, was
sich auch zu Ratio Status gesellet, und die- selbe also verkehret, daſs sie nun nichts mehr, als die gröste Schelmerey von der Welt ist: Daſs ein Regent, der Ratio Status in acht nimt, unter desselben Namen frey thun mag, alles was ihm gelustet; und kann ich nicht an- ders sagen, als daſs das herrliche Bild Gottes im Regiment in ein schändlich Bild des Satans verwandelt sey. Wir wollen solches absonder- lich in etlichen gewissen Stücken besehen.
Zum ersten ist ein solcher Regent ein re- giersüchtiges Thier. Es will sich mit einer Regierung nicht begnügen lassen; je mehr Lan- des er hat, je mehr Landes er suchet. Als der regiersüchtige Alexander gefraget ward, was er thun wolte, wenn er Persien eingenommen, hat er zur Antwort geben, er wolte weiter gehen in Indien hinein. Er wird gefraget, wenn er nun alles hätte, und nicht weiter ge- hen könnte, was er dann thun wolte? Darauf er geantwortet, denn wolte er geruhig regieren, und ihm gute Tage thun. Darauf ist Ihm recht zu Gemüthe geführet, wenn er denn itzt, da er so viel Land und Leute nicht hätte, eben so wol geruhig leben könnte, warumb er ihm so groſse Unruhe machte, und das suchete, was
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sich auch zu Ratio Status gesellet, und die-
selbe also verkehret, daſs sie nun nichts mehr,
als die gröste Schelmerey von der Welt ist:
Daſs ein Regent, der Ratio Status in acht
nimt, unter desselben Namen frey thun mag,
alles was ihm gelustet; und kann ich nicht an-
ders sagen, als daſs das herrliche Bild Gottes
im Regiment in ein schändlich Bild des Satans
verwandelt sey. Wir wollen solches absonder-
lich in etlichen gewissen Stücken besehen.
Zum ersten ist ein solcher Regent ein re-
giersüchtiges Thier. Es will sich mit einer
Regierung nicht begnügen lassen; je mehr Lan-
des er hat, je mehr Landes er suchet. Als der
regiersüchtige Alexander gefraget ward, was
er thun wolte, wenn er Persien eingenommen,
hat er zur Antwort geben, er wolte weiter
gehen in Indien hinein. Er wird gefraget,
wenn er nun alles hätte, und nicht weiter ge-
hen könnte, was er dann thun wolte? Darauf er
geantwortet, denn wolte er geruhig regieren,
und ihm gute Tage thun. Darauf ist Ihm recht
zu Gemüthe geführet, wenn er denn itzt, da
er so viel Land und Leute nicht hätte, eben
so wol geruhig leben könnte, warumb er ihm
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/300>, abgerufen am 24.11.2024.
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