rüsten Menschen wider Menschen, Christen wider Christen, und geben ihnen mördliche Waffen in die Hand, sich einander bey Hun- derten und Tausenden aufzureiben; da nicht allein der Leib getödtet, sondern auch manch Tausend Seelen zur ewigen Verdamnüss gefüh- ret wird. Noch haben unsere Herren Lust dar- zu, richten ihren Stat auch also an, dass Her- ren nicht können Herren bleiben, wo sie nicht andern ins Land fallen, rauben, stehlen, und Blutvergiessen; ist das nicht zu erbarmen? Sie- he, das ist die Gestalt eines Regenten, wie ihn die Statisten haben wollen. In Summa, es ist ein solches Thier, dem fast alle Laster an- stehen. Da bey einem gemeinen Mann ge- lobet wird, auffrichtig sein Wort halten, so schämen sich Regenten nicht, etwa zu versprechen, und verschreiben, und da- von zu halten, so viel als ihnen beliebet.
Dahero auch ein Regent dem andern nicht trauet: Denn sie kennen sich unter einander, und wissen, was Ratio Status ist; nehmlich, ein Ding, dem nicht zu trauen stehet. Hurerey und Ehebruch wird an dem gemeinen Mann von ihnen gestrafft; bey ihnen
rüsten Menschen wider Menschen, Christen wider Christen, und geben ihnen mördliche Waffen in die Hand, sich einander bey Hun- derten und Tausenden aufzureiben; da nicht allein der Leib getödtet, sondern auch manch Tausend Seelen zur ewigen Verdamnüſs gefüh- ret wird. Noch haben unsere Herren Lust dar- zu, richten ihren Stat auch also an, daſs Her- ren nicht können Herren bleiben, wo sie nicht andern ins Land fallen, rauben, stehlen, und Blutvergiessen; ist das nicht zu erbarmen? Sie- he, das ist die Gestalt eines Regenten, wie ihn die Statisten haben wollen. In Summa, es ist ein solches Thier, dem fast alle Laster an- stehen. Da bey einem gemeinen Mann ge- lobet wird, auffrichtig sein Wort halten, so schämen sich Regenten nicht, etwa zu versprechen, und verschreiben, und da- von zu halten, so viel als ihnen beliebet.
Dahero auch ein Regent dem andern nicht trauet: Denn sie kennen sich unter einander, und wissen, was Ratio Status ist; nehmlich, ein Ding, dem nicht zu trauen stehet. Hurerey und Ehebruch wird an dem gemeinen Mann von ihnen gestrafft; bey ihnen
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rüsten Menschen wider Menschen, Christen
wider Christen, und geben ihnen mördliche
Waffen in die Hand, sich einander bey Hun-
derten und Tausenden aufzureiben; da nicht
allein der Leib getödtet, sondern auch manch
Tausend Seelen zur ewigen Verdamnüſs gefüh-
ret wird. Noch haben unsere Herren Lust dar-
zu, richten ihren Stat auch also an, daſs Her-
ren nicht können Herren bleiben, wo sie nicht
andern ins Land fallen, rauben, stehlen, und
Blutvergiessen; ist das nicht zu erbarmen? Sie-
he, das ist die Gestalt eines Regenten, wie
ihn die Statisten haben wollen. In Summa, es
ist ein solches Thier, dem fast alle Laster an-
stehen. Da bey einem gemeinen Mann ge-
lobet wird, auffrichtig sein Wort halten,
so schämen sich Regenten nicht, etwa zu
versprechen, und verschreiben, und da-
von zu halten, so viel als ihnen beliebet.
Dahero auch ein Regent dem andern
nicht trauet: Denn sie kennen sich unter
einander, und wissen, was Ratio Status
ist; nehmlich, ein Ding, dem nicht zu trauen
stehet. Hurerey und Ehebruch wird an dem
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/305>, abgerufen am 24.11.2024.
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