Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Wenn man Fürsten Königen und Monarchen
beygesellen darf, so ist nicht zu läugnen, dass
manche Regenten-Häuser erbliche Eigenschaf-
ten, oder, um das Kind mit seinem wahren
Nahmen zu nennen, Untugenden haben, die
sich gleich einem Fideicommiss auf ihre Regie-
rungs-Nachfolger fortpflanzen: Zorn, Hitze,
Rechthaberey, Stolz u. d. g., die sie von allen
andern Familien gleichen Standes characteristisch
auszeichnen. So sagte schon Luther zu sei-
ner Zeit vom Landgrafen Philipp zu Hessen,
genannt den Grossmüthigen: Er hat einen
Hessischen Kopf
;
welche Art Fürsten-Köpfe
also damals bereits im Ruf der Härte gestan-
den haben müssen; und eben dieser Fürst schrieb
von seinem Sohn, Landgrafen Ludwig, den 25.
Merz 1561. an Herzog Christophen zu Würtem-
berg, dem er diesen Wildfang zur Bändigung
überschickte: "Auf dass aber E. L. seine Eigen-
schaft etlicher Massen wissen, so hat er einen
störrigen, zornigen Kopf
,
den wollen E.
L. ihm so viel mildern, als möglich ist". Diese
Genealogie Hessischer Köpfe hat sich noch spät
in meistens unveränderter Cathegorie erhalten,
wo hingegen weder in der Geschichte, noch
im gemeinen Leben je gesagt worden: Er hat

Wenn man Fürsten Königen und Monarchen
beygesellen darf, so ist nicht zu läugnen, daſs
manche Regenten-Häuser erbliche Eigenschaf-
ten, oder, um das Kind mit seinem wahren
Nahmen zu nennen, Untugenden haben, die
sich gleich einem Fideicommiſs auf ihre Regie-
rungs-Nachfolger fortpflanzen: Zorn, Hitze,
Rechthaberey, Stolz u. d. g., die sie von allen
andern Familien gleichen Standes characteristisch
auszeichnen. So sagte schon Luther zu sei-
ner Zeit vom Landgrafen Philipp zu Hessen,
genannt den Groſsmüthigen: Er hat einen
Hessischen Kopf
;
welche Art Fürsten-Köpfe
also damals bereits im Ruf der Härte gestan-
den haben müssen; und eben dieser Fürst schrieb
von seinem Sohn, Landgrafen Ludwig, den 25.
Merz 1561. an Herzog Christophen zu Würtem-
berg, dem er diesen Wildfang zur Bändigung
überschickte: „Auf daſs aber E. L. seine Eigen-
schaft etlicher Maſsen wissen, so hat er einen
störrigen, zornigen Kopf
,
den wollen E.
L. ihm so viel mildern, als möglich ist„. Diese
Genealogie Hessischer Köpfe hat sich noch spät
in meistens unveränderter Cathegorie erhalten,
wo hingegen weder in der Geschichte, noch
im gemeinen Leben je gesagt worden: Er hat

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0037" n="31"/>
        <p>Wenn man Fürsten Königen und Monarchen<lb/>
beygesellen darf, so ist nicht zu läugnen, da&#x017F;s<lb/>
manche Regenten-Häuser erbliche Eigenschaf-<lb/>
ten, oder, um das Kind mit seinem wahren<lb/>
Nahmen zu nennen, Untugenden haben, die<lb/>
sich gleich einem Fideicommi&#x017F;s auf ihre Regie-<lb/>
rungs-Nachfolger fortpflanzen: Zorn, Hitze,<lb/>
Rechthaberey, Stolz u. d. g., die sie von allen<lb/>
andern Familien gleichen Standes characteristisch<lb/>
auszeichnen. So sagte schon <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Luther</hi></hi> zu sei-<lb/>
ner Zeit vom Landgrafen Philipp zu Hessen,<lb/>
genannt den Gro&#x017F;smüthigen: <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Er hat einen<lb/>
Hessischen Kopf</hi>;</hi> welche Art Fürsten-Köpfe<lb/>
also damals bereits im Ruf der <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Härte</hi></hi> gestan-<lb/>
den haben müssen; und eben dieser Fürst schrieb<lb/>
von seinem Sohn, Landgrafen Ludwig, den 25.<lb/>
Merz 1561. an Herzog Christophen zu Würtem-<lb/>
berg, dem er diesen Wildfang zur Bändigung<lb/>
überschickte: &#x201E;Auf da&#x017F;s aber E. L. seine Eigen-<lb/>
schaft etlicher Ma&#x017F;sen wissen, <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">so hat er einen<lb/>
störrigen, zornigen Kopf</hi>,</hi> den wollen E.<lb/>
L. ihm so viel mildern, als möglich ist&#x201E;. Diese<lb/>
Genealogie Hessischer Köpfe hat sich noch spät<lb/>
in meistens unveränderter Cathegorie erhalten,<lb/>
wo hingegen weder in der Geschichte, noch<lb/>
im gemeinen Leben je gesagt worden: <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Er hat<lb/></hi></hi></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0037] Wenn man Fürsten Königen und Monarchen beygesellen darf, so ist nicht zu läugnen, daſs manche Regenten-Häuser erbliche Eigenschaf- ten, oder, um das Kind mit seinem wahren Nahmen zu nennen, Untugenden haben, die sich gleich einem Fideicommiſs auf ihre Regie- rungs-Nachfolger fortpflanzen: Zorn, Hitze, Rechthaberey, Stolz u. d. g., die sie von allen andern Familien gleichen Standes characteristisch auszeichnen. So sagte schon Luther zu sei- ner Zeit vom Landgrafen Philipp zu Hessen, genannt den Groſsmüthigen: Er hat einen Hessischen Kopf; welche Art Fürsten-Köpfe also damals bereits im Ruf der Härte gestan- den haben müssen; und eben dieser Fürst schrieb von seinem Sohn, Landgrafen Ludwig, den 25. Merz 1561. an Herzog Christophen zu Würtem- berg, dem er diesen Wildfang zur Bändigung überschickte: „Auf daſs aber E. L. seine Eigen- schaft etlicher Maſsen wissen, so hat er einen störrigen, zornigen Kopf, den wollen E. L. ihm so viel mildern, als möglich ist„. Diese Genealogie Hessischer Köpfe hat sich noch spät in meistens unveränderter Cathegorie erhalten, wo hingegen weder in der Geschichte, noch im gemeinen Leben je gesagt worden: Er hat

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/37
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/37>, abgerufen am 02.05.2024.