einen Sächsischen Kopf; vielmehr nannte Dr. Luther seinen Herrn, den Churfürsten Jo- hannes: "Einen frommen, aufrichtigen Fürsten, der gar keine Galle hatte"; und Churfürst Christian II. zu Sachsen, wurde wegen seiner alles umfassenden Menschenliebe von seinen ei- genen Unterthanen das fromme Herz genannt.
Von jenem Landgrafen Philipp zu Hessen, erzählt Luther*) anderswo: "Im Colloquio zu Marburg fragte er Philipp Melanchthon um Rath in seinen Sachen und sprach: Lieber Ma- gister Philipp! soll ichs auch leiden, dass der Bischof von Mainz mir meine evangelische Pre- diger mit Gewalt austreibt? Da antwortete Phi- lippus: Wann die Jurisdiction derselbigen Orte dem Bischof von Mainz zustehet, so könnens Ew. Fürstl. Gnaden ihm nicht wehren. Da ant- wortete der Landgraf: Ich lass euch wohl rathen, ich thue es aber nicht. Ich, Luther, sagte damahls seinem alten Rath dem von Boe- melberg: Warum wehret ihr nicht eurem Herrn und seinem Vornehmen? Da antwortete er: "Ach, lieber Herr Doctor, unser Ver- mahnen hilft nicht; was er vornimmt, da
lässt
*) T. XV. Oper. Lips. p. 369.
einen Sächsischen Kopf; vielmehr nannte Dr. Luther seinen Herrn, den Churfürsten Jo- hannes: „Einen frommen, aufrichtigen Fürsten, der gar keine Galle hatte„; und Churfürst Christian II. zu Sachsen, wurde wegen seiner alles umfassenden Menschenliebe von seinen ei- genen Unterthanen das fromme Herz genannt.
Von jenem Landgrafen Philipp zu Hessen, erzählt Luther*) anderswo: „Im Colloquio zu Marburg fragte er Philipp Melanchthon um Rath in seinen Sachen und sprach: Lieber Ma- gister Philipp! soll ichs auch leiden, daſs der Bischof von Mainz mir meine evangelische Pre- diger mit Gewalt austreibt? Da antwortete Phi- lippus: Wann die Jurisdiction derselbigen Orte dem Bischof von Mainz zustehet, so könnens Ew. Fürstl. Gnaden ihm nicht wehren. Da ant- wortete der Landgraf: Ich laſs euch wohl rathen, ich thue es aber nicht. Ich, Luther, sagte damahls seinem alten Rath dem von Boe- melberg: Warum wehret ihr nicht eurem Herrn und seinem Vornehmen? Da antwortete er: „Ach, lieber Herr Doctor, unser Ver- mahnen hilft nicht; was er vornimmt, da
läſst
*) T. XV. Oper. Lips. p. 369.
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einen Sächsischen Kopf; vielmehr nannte
Dr. Luther seinen Herrn, den Churfürsten Jo-
hannes: „Einen frommen, aufrichtigen Fürsten,
der gar keine Galle hatte„; und Churfürst
Christian II. zu Sachsen, wurde wegen seiner
alles umfassenden Menschenliebe von seinen ei-
genen Unterthanen das fromme Herz genannt.
Von jenem Landgrafen Philipp zu Hessen,
erzählt Luther *) anderswo: „Im Colloquio
zu Marburg fragte er Philipp Melanchthon um
Rath in seinen Sachen und sprach: Lieber Ma-
gister Philipp! soll ichs auch leiden, daſs der
Bischof von Mainz mir meine evangelische Pre-
diger mit Gewalt austreibt? Da antwortete Phi-
lippus: Wann die Jurisdiction derselbigen Orte
dem Bischof von Mainz zustehet, so könnens
Ew. Fürstl. Gnaden ihm nicht wehren. Da ant-
wortete der Landgraf: Ich laſs euch wohl
rathen, ich thue es aber nicht. Ich, Luther,
sagte damahls seinem alten Rath dem von Boe-
melberg: Warum wehret ihr nicht eurem Herrn
und seinem Vornehmen? Da antwortete er:
„Ach, lieber Herr Doctor, unser Ver-
mahnen hilft nicht; was er vornimmt, da
läſst
*) T. XV. Oper. Lips. p. 369.
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/38>, abgerufen am 24.11.2024.
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