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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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schönen Frühlings-Morgen, zu sagen: "Das
Wohl der Völker, welche ein Souverain regiert,
ist es, das er allen andern Interessen vorzie-
hen muss. Was wird alsdann aus den Ideen,
von Eigennutz, Grofsthun, Ehrgeitz und Des-
potism? Es findet sich, dass ein Souverain,
weit entfernt, unumschränkter Herr seiner Völ-
ker zu seyn, in der That selbst nur ihr erster
Diener ist!"

Diese Sprache lautete freylich ganz anders, da
er aus dem angeblichen Diener der erste und un-
umschränkte Herr seiner Völker wurde. That-
sache ist, dass dieser noch grössere Sohn und
Thronfolger seines Vaters lediglich in dessen
Fussstapfen gewandelt habe.

Auch Er, Friedrich II. erschien niemahls im
Staats-Rath, um die Meinungen und Urtheile
seiner Minister zu hören *). Er regierte sein
Reich durch Cabinets-Befehle. Staats- und Lan-
des-Collegien, Minister, Generale und andere
Personen, mussten ihm alles erhebliche, entwe-
der von selbst, oder auf seinen Befehl, und
zwar meistens mit ihrem Gutachten, berichten;
und er antwortete ihnen entweder durch eigen-

*) Büsching Leben Friedrichs II. S. 214.

schönen Frühlings-Morgen, zu sagen: „Das
Wohl der Völker, welche ein Souverain regiert,
ist es, das er allen andern Interessen vorzie-
hen muſs. Was wird alsdann aus den Ideen,
von Eigennutz, Grofsthun, Ehrgeitz und Des-
potism? Es findet sich, daſs ein Souverain,
weit entfernt, unumschränkter Herr seiner Völ-
ker zu seyn, in der That selbst nur ihr erster
Diener ist!„

Diese Sprache lautete freylich ganz anders, da
er aus dem angeblichen Diener der erste und un-
umschränkte Herr seiner Völker wurde. That-
sache ist, daſs dieser noch gröſsere Sohn und
Thronfolger seines Vaters lediglich in dessen
Fuſsstapfen gewandelt habe.

Auch Er, Friedrich II. erschien niemahls im
Staats-Rath, um die Meinungen und Urtheile
seiner Minister zu hören *). Er regierte sein
Reich durch Cabinets-Befehle. Staats- und Lan-
des-Collegien, Minister, Generale und andere
Personen, muſsten ihm alles erhebliche, entwe-
der von selbst, oder auf seinen Befehl, und
zwar meistens mit ihrem Gutachten, berichten;
und er antwortete ihnen entweder durch eigen-

*) Büsching Leben Friedrichs II. S. 214.
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[40/0046] schönen Frühlings-Morgen, zu sagen: „Das Wohl der Völker, welche ein Souverain regiert, ist es, das er allen andern Interessen vorzie- hen muſs. Was wird alsdann aus den Ideen, von Eigennutz, Grofsthun, Ehrgeitz und Des- potism? Es findet sich, daſs ein Souverain, weit entfernt, unumschränkter Herr seiner Völ- ker zu seyn, in der That selbst nur ihr erster Diener ist!„ Diese Sprache lautete freylich ganz anders, da er aus dem angeblichen Diener der erste und un- umschränkte Herr seiner Völker wurde. That- sache ist, daſs dieser noch gröſsere Sohn und Thronfolger seines Vaters lediglich in dessen Fuſsstapfen gewandelt habe. Auch Er, Friedrich II. erschien niemahls im Staats-Rath, um die Meinungen und Urtheile seiner Minister zu hören *). Er regierte sein Reich durch Cabinets-Befehle. Staats- und Lan- des-Collegien, Minister, Generale und andere Personen, muſsten ihm alles erhebliche, entwe- der von selbst, oder auf seinen Befehl, und zwar meistens mit ihrem Gutachten, berichten; und er antwortete ihnen entweder durch eigen- *) Büsching Leben Friedrichs II. S. 214.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/46>, abgerufen am 21.11.2024.