bey ihnen offen ist, und über Handlungen, die ihr eigenes Gewissen als verwerflich erkläret.
Man kann und darf, oft muss man, kundbar böse Fürsten loben, wann sie mit unter auch ein- mahl was Gescheutes und Gutes thun, oder doch, welches gemeiniglich ihre einzige Tugend ist, gerecht sind.
Gar oft kann und muss man auch bey Fürsten die blosse gute Absicht loben, die Folgen der Handlung mögen hernach der davon gefass- ten Erwartung entsprechen oder nicht.
Diss war der nur allzugewöhnliche Fall bey Kayser Joseph II. dessen guten, edlen, rühm- lichen, für die Erleuchtung, Aufklärung und Glück seiner Völker, (sein Monarchen-Fieber der Eroberungssucht etc. abgerechnet), hegen- den wahrhaft wohlthätigen Absichten man mit voller Ueberzeugung Gerechtigkeit wiederfah- ren lassen konnte, und nur bedauren musste, dass dieser grosse, kühne, so vieles umfassende, würkende oder doch zerstörende Geist, das ei- nige: Eile mit Weile! nicht gelernet hatte. So wahr ist es und kann auch auf diesen De- spoten mit vollem Grund angewendet werden, was längst vor seiner Zeit ein weiser Mann *)
*)Reich der Natur und Sitten. III. Th. p. 78.
bey ihnen offen ist, und über Handlungen, die ihr eigenes Gewissen als verwerflich erkläret.
Man kann und darf, oft muſs man, kundbar böse Fürsten loben, wann sie mit unter auch ein- mahl was Gescheutes und Gutes thun, oder doch, welches gemeiniglich ihre einzige Tugend ist, gerecht sind.
Gar oft kann und muſs man auch bey Fürsten die blosse gute Absicht loben, die Folgen der Handlung mögen hernach der davon gefaſs- ten Erwartung entsprechen oder nicht.
Diſs war der nur allzugewöhnliche Fall bey Kayser Joseph II. dessen guten, edlen, rühm- lichen, für die Erleuchtung, Aufklärung und Glück seiner Völker, (sein Monarchen-Fieber der Eroberungssucht etc. abgerechnet), hegen- den wahrhaft wohlthätigen Absichten man mit voller Ueberzeugung Gerechtigkeit wiederfah- ren lassen konnte, und nur bedauren muſste, daſs dieser groſse, kühne, so vieles umfassende, würkende oder doch zerstörende Geist, das ei- nige: Eile mit Weile! nicht gelernet hatte. So wahr ist es und kann auch auf diesen De- spoten mit vollem Grund angewendet werden, was längst vor seiner Zeit ein weiser Mann *)
*)Reich der Natur und Sitten. III. Th. p. 78.
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ihr eigenes Gewissen als verwerflich erkläret.
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böse Fürsten loben, wann sie mit unter auch ein-
mahl was Gescheutes und Gutes thun, oder doch,
welches gemeiniglich ihre einzige Tugend ist,
gerecht sind.
Gar oft kann und muſs man auch bey Fürsten
die blosse gute Absicht loben, die Folgen
der Handlung mögen hernach der davon gefaſs-
ten Erwartung entsprechen oder nicht.
Diſs war der nur allzugewöhnliche Fall bey
Kayser Joseph II. dessen guten, edlen, rühm-
lichen, für die Erleuchtung, Aufklärung und
Glück seiner Völker, (sein Monarchen-Fieber
der Eroberungssucht etc. abgerechnet), hegen-
den wahrhaft wohlthätigen Absichten man mit
voller Ueberzeugung Gerechtigkeit wiederfah-
ren lassen konnte, und nur bedauren muſste,
daſs dieser groſse, kühne, so vieles umfassende,
würkende oder doch zerstörende Geist, das ei-
nige: Eile mit Weile! nicht gelernet hatte.
So wahr ist es und kann auch auf diesen De-
spoten mit vollem Grund angewendet werden,
was längst vor seiner Zeit ein weiser Mann *)
*) Reich der Natur und Sitten. III. Th. p. 78.
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/83>, abgerufen am 21.11.2024.
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