Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Communen angedeyhen lassen, wo gemeinig-
lich dem Einen Armen genommen worden, um
es einem andern noch Aermern zu geben. Es
ist hinreichend, dass sie an sich wahr seyen,
und es die wissen, so dabey zunächst intres-
sirt sind, welche aus Dankgefühlen eben so
willig seyn und sich selbst gedrungen finden
werden, die empfangenen Wohlthaten lobzuprei-
sen, ohne dass es einen eigenen Hof- und
Staats-Trompeter dazu bedürfte.


Das Lob muss keine Alltags-Sachen be-
rühren, welche die gnädigste Herrn mit tausend
andern Menschen, die keine Könige, Fürsten
oder Prinzen sind, gemein haben, sondern es
müssen eigentliche Regenten-Handlungen oder
doch solche Tugenden seyn, die sich, weil man
sie nicht gewöhnlich bey andern Menschen und
noch seltener bey Fürsten antrift, auszeichnen.

Freilich ist es für einen Mann von Ehrgefühl
demüthigend, wenn er einen schlechten Herrn,
nur damit er nicht noch schlechter und schlim-
mer werde, loben, und ihm über seine Alltags-
handlungen schöne Sachen ins Gesicht sagen
soll. Im Grund betrachtet, ist es aber nicht um
Vieles beschwerlicher, als wann der Ehrenmann

Communen angedeyhen lassen, wo gemeinig-
lich dem Einen Armen genommen worden, um
es einem andern noch Aermern zu geben. Es
ist hinreichend, daſs sie an sich wahr seyen,
und es die wissen, so dabey zunächst intres-
sirt sind, welche aus Dankgefühlen eben so
willig seyn und sich selbst gedrungen finden
werden, die empfangenen Wohlthaten lobzuprei-
sen, ohne daſs es einen eigenen Hof- und
Staats-Trompeter dazu bedürfte.


Das Lob muſs keine Alltags-Sachen be-
rühren, welche die gnädigste Herrn mit tausend
andern Menschen, die keine Könige, Fürsten
oder Prinzen sind, gemein haben, sondern es
müssen eigentliche Regenten-Handlungen oder
doch solche Tugenden seyn, die sich, weil man
sie nicht gewöhnlich bey andern Menschen und
noch seltener bey Fürsten antrift, auszeichnen.

Freilich ist es für einen Mann von Ehrgefühl
demüthigend, wenn er einen schlechten Herrn,
nur damit er nicht noch schlechter und schlim-
mer werde, loben, und ihm über seine Alltags-
handlungen schöne Sachen ins Gesicht sagen
soll. Im Grund betrachtet, ist es aber nicht um
Vieles beschwerlicher, als wann der Ehrenmann

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0092" n="86"/>
Communen angedeyhen lassen, wo gemeinig-<lb/>
lich dem Einen Armen genommen worden, um<lb/>
es einem andern noch Aermern zu geben. Es<lb/>
ist hinreichend, da&#x017F;s sie an sich wahr seyen,<lb/>
und es die wissen, so dabey zunächst intres-<lb/>
sirt sind, welche aus Dankgefühlen eben so<lb/>
willig seyn und sich selbst gedrungen finden<lb/>
werden, die empfangenen Wohlthaten lobzuprei-<lb/>
sen, ohne da&#x017F;s es einen eigenen Hof- und<lb/>
Staats-Trompeter dazu bedürfte.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Das Lob mu&#x017F;s keine <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Alltags-Sachen</hi></hi> be-<lb/>
rühren, welche die gnädigste Herrn mit tausend<lb/>
andern Menschen, die keine Könige, Fürsten<lb/>
oder Prinzen sind, gemein haben, sondern es<lb/>
müssen eigentliche Regenten-Handlungen oder<lb/>
doch solche Tugenden seyn, die sich, weil man<lb/>
sie nicht gewöhnlich bey andern Menschen und<lb/>
noch seltener bey Fürsten antrift, auszeichnen.</p><lb/>
          <p>Freilich ist es für einen Mann von Ehrgefühl<lb/>
demüthigend, wenn er einen schlechten Herrn,<lb/>
nur damit er nicht noch schlechter und schlim-<lb/>
mer werde, loben, und ihm über seine Alltags-<lb/>
handlungen schöne Sachen ins Gesicht sagen<lb/>
soll. Im Grund betrachtet, ist es aber nicht um<lb/>
Vieles beschwerlicher, als wann der Ehrenmann<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0092] Communen angedeyhen lassen, wo gemeinig- lich dem Einen Armen genommen worden, um es einem andern noch Aermern zu geben. Es ist hinreichend, daſs sie an sich wahr seyen, und es die wissen, so dabey zunächst intres- sirt sind, welche aus Dankgefühlen eben so willig seyn und sich selbst gedrungen finden werden, die empfangenen Wohlthaten lobzuprei- sen, ohne daſs es einen eigenen Hof- und Staats-Trompeter dazu bedürfte. Das Lob muſs keine Alltags-Sachen be- rühren, welche die gnädigste Herrn mit tausend andern Menschen, die keine Könige, Fürsten oder Prinzen sind, gemein haben, sondern es müssen eigentliche Regenten-Handlungen oder doch solche Tugenden seyn, die sich, weil man sie nicht gewöhnlich bey andern Menschen und noch seltener bey Fürsten antrift, auszeichnen. Freilich ist es für einen Mann von Ehrgefühl demüthigend, wenn er einen schlechten Herrn, nur damit er nicht noch schlechter und schlim- mer werde, loben, und ihm über seine Alltags- handlungen schöne Sachen ins Gesicht sagen soll. Im Grund betrachtet, ist es aber nicht um Vieles beschwerlicher, als wann der Ehrenmann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/92
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/92>, abgerufen am 24.11.2024.