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Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756.

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Der Einleitung zweyter Abschnitt.
Jubal der Erfinder seyn soll, uns weitläuftig erzählet: Das Jnstrument Ci-
nyra,
heißt es, war auch bey den Phöniciern, und Syrern gebräuch-
lich. Die Hebräer nannten es Rinnor; die Chaldäer Rinnora, und
die Araber Rinnara. Dieses Jnstrument soll von dem Jubal erfun-
den und also schon lange vor der Sündflut bekannt gewesen seyn
(i).
Es soll dasjenige seyn, worauf David vor dem König Saul ge-
spielet
(k), und welches man gemeiniglich für eine Harfe hält. Es
war aus Holz gemacht
(l) mit zehen Seyten überzogen, und wur-
de auf der einen Seite mit einer Schlagfeder gerühret, auf der an-
dern aber mit den Fingern gegriffen, u. s. w.
(m). Mit was für einem un-
serer heutigen Jnstrumenten könnte man wohl dieses Rinnor vergleichen? Es
sind ja alle weit davon unterschieden. Der Bericht selbst gründet sich auf Muth-
maßung, und die musikalischen Wörterbücher sind zum Theil anderer Meynung.
Die gelehrten Herren Verfasser dieses ansehnlichen Werkes haben sich alle Mühe
gegeben bey ihren Nachrichten, so viel immer möglich, auf den Grund zu sehen.
Allein, die Klingzeuge der Musik betreffend, bekennen sie die Ungewißheit in
folgenden Worten, (n): Bey Verehrung des vom Nebucadnezar auf-
gerichteten Bildes, erwähnet der Prophet Daniel der Posaunen,
Trommeten, Harfen, Psalter, Lauten, und allerley Seytenspiels, u.
s. w.
(o). Wir wollen aber dem Leser nicht gut dafür seyn, ob
die hier angedeutete Jnstrumente eben auch so ausgesehen haben, wie
diejenige, die wir heut zu Tage so nennen
(p). Man hat also wenig
oder gar keine sichere Nachricht mehr von der wahren Beschaffenheit der alten
Jnstrumenten.

§. 5.

Nicht viel gründlichers finden wir, wenn wir auf die Erfinder der musika-
lischen Klingzeuge zurücke sehen. Der so beruffenen Leyer der Alten streitet man

heute
(i) 1. Mos. 4, 21.
(k) 1. Sam. 16, 16. 23.
(l) 1. König. 10, 12. 2. Chron. 9, 11.
(m) Joseph. Antiq. Lib. 7. Cap. 10.
(n) Jn dem ersten Buch, 68. Blatt. §. 67.
(o) Cap. 3. 5.
(p) Man lese, was Calmet in seinem Commentaire sur les Pseaumes von der Mu-
sik der Alten angemerket hat.

Der Einleitung zweyter Abſchnitt.
Jubal der Erfinder ſeyn ſoll, uns weitlaͤuftig erzaͤhlet: Das Jnſtrument Ci-
nyra,
heißt es, war auch bey den Phoͤniciern, und Syrern gebraͤuch-
lich. Die Hebraͤer nannten es Rinnor; die Chaldaͤer Rinnora, und
die Araber Rinnara. Dieſes Jnſtrument ſoll von dem Jubal erfun-
den und alſo ſchon lange vor der Suͤndflut bekannt geweſen ſeyn
(i).
Es ſoll dasjenige ſeyn, worauf David vor dem Koͤnig Saul ge-
ſpielet
(k), und welches man gemeiniglich fuͤr eine Harfe haͤlt. Es
war aus Holz gemacht
(l) mit zehen Seyten uͤberzogen, und wur-
de auf der einen Seite mit einer Schlagfeder geruͤhret, auf der an-
dern aber mit den Fingern gegriffen, u. ſ. w.
(m). Mit was fuͤr einem un-
ſerer heutigen Jnſtrumenten koͤnnte man wohl dieſes Rinnor vergleichen? Es
ſind ja alle weit davon unterſchieden. Der Bericht ſelbſt gruͤndet ſich auf Muth-
maßung, und die muſikaliſchen Woͤrterbuͤcher ſind zum Theil anderer Meynung.
Die gelehrten Herren Verfaſſer dieſes anſehnlichen Werkes haben ſich alle Muͤhe
gegeben bey ihren Nachrichten, ſo viel immer moͤglich, auf den Grund zu ſehen.
Allein, die Klingzeuge der Muſik betreffend, bekennen ſie die Ungewißheit in
folgenden Worten, (n): Bey Verehrung des vom Nebucadnezar auf-
gerichteten Bildes, erwaͤhnet der Prophet Daniel der Poſaunen,
Trommeten, Harfen, Pſalter, Lauten, und allerley Seytenſpiels, u.
ſ. w.
(o). Wir wollen aber dem Leſer nicht gut dafuͤr ſeyn, ob
die hier angedeutete Jnſtrumente eben auch ſo ausgeſehen haben, wie
diejenige, die wir heut zu Tage ſo nennen
(p). Man hat alſo wenig
oder gar keine ſichere Nachricht mehr von der wahren Beſchaffenheit der alten
Jnſtrumenten.

§. 5.

Nicht viel gruͤndlichers finden wir, wenn wir auf die Erfinder der muſika-
liſchen Klingzeuge zuruͤcke ſehen. Der ſo beruffenen Leyer der Alten ſtreitet man

heute
(i) 1. Moſ. 4, 21.
(k) 1. Sam. 16, 16. 23.
(l) 1. Koͤnig. 10, 12. 2. Chron. 9, 11.
(m) Joſeph. Antiq. Lib. 7. Cap. 10.
(n) Jn dem erſten Buch, 68. Blatt. §. 67.
(o) Cap. 3. 5.
(p) Man leſe, was Calmet in ſeinem Commentaire ſur les Pſeaumes von der Mu-
ſik der Alten angemerket hat.
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[12/0034] Der Einleitung zweyter Abſchnitt. Jubal der Erfinder ſeyn ſoll, uns weitlaͤuftig erzaͤhlet: Das Jnſtrument Ci- nyra, heißt es, war auch bey den Phoͤniciern, und Syrern gebraͤuch- lich. Die Hebraͤer nannten es Rinnor; die Chaldaͤer Rinnora, und die Araber Rinnara. Dieſes Jnſtrument ſoll von dem Jubal erfun- den und alſo ſchon lange vor der Suͤndflut bekannt geweſen ſeyn (i). Es ſoll dasjenige ſeyn, worauf David vor dem Koͤnig Saul ge- ſpielet (k), und welches man gemeiniglich fuͤr eine Harfe haͤlt. Es war aus Holz gemacht (l) mit zehen Seyten uͤberzogen, und wur- de auf der einen Seite mit einer Schlagfeder geruͤhret, auf der an- dern aber mit den Fingern gegriffen, u. ſ. w. (m). Mit was fuͤr einem un- ſerer heutigen Jnſtrumenten koͤnnte man wohl dieſes Rinnor vergleichen? Es ſind ja alle weit davon unterſchieden. Der Bericht ſelbſt gruͤndet ſich auf Muth- maßung, und die muſikaliſchen Woͤrterbuͤcher ſind zum Theil anderer Meynung. Die gelehrten Herren Verfaſſer dieſes anſehnlichen Werkes haben ſich alle Muͤhe gegeben bey ihren Nachrichten, ſo viel immer moͤglich, auf den Grund zu ſehen. Allein, die Klingzeuge der Muſik betreffend, bekennen ſie die Ungewißheit in folgenden Worten, (n): Bey Verehrung des vom Nebucadnezar auf- gerichteten Bildes, erwaͤhnet der Prophet Daniel der Poſaunen, Trommeten, Harfen, Pſalter, Lauten, und allerley Seytenſpiels, u. ſ. w. (o). Wir wollen aber dem Leſer nicht gut dafuͤr ſeyn, ob die hier angedeutete Jnſtrumente eben auch ſo ausgeſehen haben, wie diejenige, die wir heut zu Tage ſo nennen (p). Man hat alſo wenig oder gar keine ſichere Nachricht mehr von der wahren Beſchaffenheit der alten Jnſtrumenten. §. 5. Nicht viel gruͤndlichers finden wir, wenn wir auf die Erfinder der muſika- liſchen Klingzeuge zuruͤcke ſehen. Der ſo beruffenen Leyer der Alten ſtreitet man heute (i) 1. Moſ. 4, 21. (k) 1. Sam. 16, 16. 23. (l) 1. Koͤnig. 10, 12. 2. Chron. 9, 11. (m) Joſeph. Antiq. Lib. 7. Cap. 10. (n) Jn dem erſten Buch, 68. Blatt. §. 67. (o) Cap. 3. 5. (p) Man leſe, was Calmet in ſeinem Commentaire ſur les Pſeaumes von der Mu- ſik der Alten angemerket hat.

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Zitationshilfe: Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mozart_violinschule_1756/34>, abgerufen am 23.11.2024.