Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.buche, seinen schlechten Waaren und enormen Preisen betrogen; ist jährlich in Sturm und Schneewehen nach den Lofoden gefahren, um in bitterlicher Kälte unter allerlei Qual Kabliau zu fangen, die er sammt Thranfässern und Eiderdaunen dann nach Bergen schaffte, um mit Geldsäcken auf seine Klippe zurückzukehren. Und alles das hat der Thor gethan und wird es ferner thun, damit ich das Ganze einstreiche. Das ist seine Bestimmung auf Erden, Geld zu erwerben, welches ich auf würdige, menschliche und zweckmäßige Weise anwenden werde. -- Der Himmel ist gerecht, er giebt Jedem sein Glück. O wäre erst die Stunde da, wo ich diese elende Wüste auf immer verlassen hätte! Er half seinem strauchelnden und klimmenden Pferde auf, das über Rollsteine und Getrümmer die Höhe des Fjeldes zu erreichen strebte, das durch die Mitte der Halbinsel hinzog. Wie alle diese seltsamen Gebirge, bildete es keine Spitzen, sondern dehnte sich oben zu einer Ebene aus, deren dichter Moosteppich reich von dem röthlichen Schimmer der wohlthätigen Moltebeere durchstickt ward. -- Sumpfige Quellen machten den Boden weich und tief; zuweilen bog sich dieser unter den leichten Hufen der Pferde, zwischen den Felsen wucherten wunderbare Gärten von blauem und rothem Fingerhut, und duftige Enzianbüsche standen in Büscheln dicht beisammen. Der Landrichter ritt langsam über die Fjeldhöhe hin, welche in Schluchten abschüssig nach beiden Seiten buche, seinen schlechten Waaren und enormen Preisen betrogen; ist jährlich in Sturm und Schneewehen nach den Lofoden gefahren, um in bitterlicher Kälte unter allerlei Qual Kabliau zu fangen, die er sammt Thranfässern und Eiderdaunen dann nach Bergen schaffte, um mit Geldsäcken auf seine Klippe zurückzukehren. Und alles das hat der Thor gethan und wird es ferner thun, damit ich das Ganze einstreiche. Das ist seine Bestimmung auf Erden, Geld zu erwerben, welches ich auf würdige, menschliche und zweckmäßige Weise anwenden werde. — Der Himmel ist gerecht, er giebt Jedem sein Glück. O wäre erst die Stunde da, wo ich diese elende Wüste auf immer verlassen hätte! Er half seinem strauchelnden und klimmenden Pferde auf, das über Rollsteine und Getrümmer die Höhe des Fjeldes zu erreichen strebte, das durch die Mitte der Halbinsel hinzog. Wie alle diese seltsamen Gebirge, bildete es keine Spitzen, sondern dehnte sich oben zu einer Ebene aus, deren dichter Moosteppich reich von dem röthlichen Schimmer der wohlthätigen Moltebeere durchstickt ward. — Sumpfige Quellen machten den Boden weich und tief; zuweilen bog sich dieser unter den leichten Hufen der Pferde, zwischen den Felsen wucherten wunderbare Gärten von blauem und rothem Fingerhut, und duftige Enzianbüsche standen in Büscheln dicht beisammen. Der Landrichter ritt langsam über die Fjeldhöhe hin, welche in Schluchten abschüssig nach beiden Seiten <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <p><pb facs="#f0118"/> buche, seinen schlechten Waaren und enormen Preisen betrogen; ist jährlich in Sturm und Schneewehen nach den Lofoden gefahren, um in bitterlicher Kälte unter allerlei Qual Kabliau zu fangen, die er sammt Thranfässern und Eiderdaunen dann nach Bergen schaffte, um mit Geldsäcken auf seine Klippe zurückzukehren. Und alles das hat der Thor gethan und wird es ferner thun, damit ich das Ganze einstreiche. Das ist seine Bestimmung auf Erden, Geld zu erwerben, welches ich auf würdige, menschliche und zweckmäßige Weise anwenden werde. — Der Himmel ist gerecht, er giebt Jedem sein Glück. O wäre erst die Stunde da, wo ich diese elende Wüste auf immer verlassen hätte! </p><lb/> <p> Er half seinem strauchelnden und klimmenden Pferde auf, das über Rollsteine und Getrümmer die Höhe des Fjeldes zu erreichen strebte, das durch die Mitte der Halbinsel hinzog. Wie alle diese seltsamen Gebirge, bildete es keine Spitzen, sondern dehnte sich oben zu einer Ebene aus, deren dichter Moosteppich reich von dem röthlichen Schimmer der wohlthätigen Moltebeere durchstickt ward. — Sumpfige Quellen machten den Boden weich und tief; zuweilen bog sich dieser unter den leichten Hufen der Pferde, zwischen den Felsen wucherten wunderbare Gärten von blauem und rothem Fingerhut, und duftige Enzianbüsche standen in Büscheln dicht beisammen. </p><lb/> <p> Der Landrichter ritt langsam über die Fjeldhöhe hin, welche in Schluchten abschüssig nach beiden Seiten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0118]
buche, seinen schlechten Waaren und enormen Preisen betrogen; ist jährlich in Sturm und Schneewehen nach den Lofoden gefahren, um in bitterlicher Kälte unter allerlei Qual Kabliau zu fangen, die er sammt Thranfässern und Eiderdaunen dann nach Bergen schaffte, um mit Geldsäcken auf seine Klippe zurückzukehren. Und alles das hat der Thor gethan und wird es ferner thun, damit ich das Ganze einstreiche. Das ist seine Bestimmung auf Erden, Geld zu erwerben, welches ich auf würdige, menschliche und zweckmäßige Weise anwenden werde. — Der Himmel ist gerecht, er giebt Jedem sein Glück. O wäre erst die Stunde da, wo ich diese elende Wüste auf immer verlassen hätte!
Er half seinem strauchelnden und klimmenden Pferde auf, das über Rollsteine und Getrümmer die Höhe des Fjeldes zu erreichen strebte, das durch die Mitte der Halbinsel hinzog. Wie alle diese seltsamen Gebirge, bildete es keine Spitzen, sondern dehnte sich oben zu einer Ebene aus, deren dichter Moosteppich reich von dem röthlichen Schimmer der wohlthätigen Moltebeere durchstickt ward. — Sumpfige Quellen machten den Boden weich und tief; zuweilen bog sich dieser unter den leichten Hufen der Pferde, zwischen den Felsen wucherten wunderbare Gärten von blauem und rothem Fingerhut, und duftige Enzianbüsche standen in Büscheln dicht beisammen.
Der Landrichter ritt langsam über die Fjeldhöhe hin, welche in Schluchten abschüssig nach beiden Seiten
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Zitationshilfe: | Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/118>, abgerufen am 29.07.2024. |