Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Meine Ehre, Herr Stockfleth, Mary´s Ehre und Ihr eigenes Wohl, Herr Probst. Mein Wohl, Herr Stureson? fragte der Geistliche erstaunt. Ihr Wohl, wiederholte der Landrichter. Wenn man erführe, daß Sie um dies Verständniß gewußt und es dem Vater verschwiegen haben, würde die öffentliche Meinung hart genug über Sie richten. -- Sprechen Sie mit Mary, reißen Sie die letzten Wurzeln eines Andenkens aus ihrem Sinn, das diesen verdüstert. Machen Sie, daß ihre Wangen wieder blühen, ihr Auge wieder glänzt, daß eine liebende glückliche Braut mit mir zum Altare geht, und seien Sie meiner ewigen Dankbarkeit gewiß. Er war mit Stockfleth während dieses Gesprächs bis zu den äußersten Büschen gegangen, wo seine Pferde warteten; jetzt schwang er sich in den Sattel, ohne die Antwort abzuwarten, und mit einem raschen Gruße eilte er über die schwellende Moosdecke des Fjeldes fort. -- Ohne Zurückblicken trieb er sein Roß an, und nach einer Stunde hielt er vor Hvaland´s Haus. Mary empfing ihn scheu und befangen, wie immer. Weder der schöne Bergpony, den er ihr schenkte, noch alle seine Bitten und Ueberredungskünste konnten den Schatten von ihrem Herzen bringen. Meine Ehre, Herr Stockfleth, Mary´s Ehre und Ihr eigenes Wohl, Herr Probst. Mein Wohl, Herr Stureson? fragte der Geistliche erstaunt. Ihr Wohl, wiederholte der Landrichter. Wenn man erführe, daß Sie um dies Verständniß gewußt und es dem Vater verschwiegen haben, würde die öffentliche Meinung hart genug über Sie richten. — Sprechen Sie mit Mary, reißen Sie die letzten Wurzeln eines Andenkens aus ihrem Sinn, das diesen verdüstert. Machen Sie, daß ihre Wangen wieder blühen, ihr Auge wieder glänzt, daß eine liebende glückliche Braut mit mir zum Altare geht, und seien Sie meiner ewigen Dankbarkeit gewiß. Er war mit Stockfleth während dieses Gesprächs bis zu den äußersten Büschen gegangen, wo seine Pferde warteten; jetzt schwang er sich in den Sattel, ohne die Antwort abzuwarten, und mit einem raschen Gruße eilte er über die schwellende Moosdecke des Fjeldes fort. — Ohne Zurückblicken trieb er sein Roß an, und nach einer Stunde hielt er vor Hvaland´s Haus. Mary empfing ihn scheu und befangen, wie immer. Weder der schöne Bergpony, den er ihr schenkte, noch alle seine Bitten und Ueberredungskünste konnten den Schatten von ihrem Herzen bringen. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <p><pb facs="#f0133"/> Meine Ehre, Herr Stockfleth, Mary´s Ehre und Ihr eigenes Wohl, Herr Probst. </p><lb/> <p> Mein Wohl, Herr Stureson? fragte der Geistliche erstaunt. </p><lb/> <p> Ihr Wohl, wiederholte der Landrichter. Wenn man erführe, daß Sie um dies Verständniß gewußt und es dem Vater verschwiegen haben, würde die öffentliche Meinung hart genug über Sie richten. — Sprechen Sie mit Mary, reißen Sie die letzten Wurzeln eines Andenkens aus ihrem Sinn, das diesen verdüstert. Machen Sie, daß ihre Wangen wieder blühen, ihr Auge wieder glänzt, daß eine liebende glückliche Braut mit mir zum Altare geht, und seien Sie meiner ewigen Dankbarkeit gewiß. </p><lb/> <p> Er war mit Stockfleth während dieses Gesprächs bis zu den äußersten Büschen gegangen, wo seine Pferde warteten; jetzt schwang er sich in den Sattel, ohne die Antwort abzuwarten, und mit einem raschen Gruße eilte er über die schwellende Moosdecke des Fjeldes fort. — Ohne Zurückblicken trieb er sein Roß an, und nach einer Stunde hielt er vor Hvaland´s Haus. </p><lb/> <p> Mary empfing ihn scheu und befangen, wie immer. Weder der schöne Bergpony, den er ihr schenkte, noch alle seine Bitten und Ueberredungskünste konnten den Schatten von ihrem Herzen bringen. </p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0133]
Meine Ehre, Herr Stockfleth, Mary´s Ehre und Ihr eigenes Wohl, Herr Probst.
Mein Wohl, Herr Stureson? fragte der Geistliche erstaunt.
Ihr Wohl, wiederholte der Landrichter. Wenn man erführe, daß Sie um dies Verständniß gewußt und es dem Vater verschwiegen haben, würde die öffentliche Meinung hart genug über Sie richten. — Sprechen Sie mit Mary, reißen Sie die letzten Wurzeln eines Andenkens aus ihrem Sinn, das diesen verdüstert. Machen Sie, daß ihre Wangen wieder blühen, ihr Auge wieder glänzt, daß eine liebende glückliche Braut mit mir zum Altare geht, und seien Sie meiner ewigen Dankbarkeit gewiß.
Er war mit Stockfleth während dieses Gesprächs bis zu den äußersten Büschen gegangen, wo seine Pferde warteten; jetzt schwang er sich in den Sattel, ohne die Antwort abzuwarten, und mit einem raschen Gruße eilte er über die schwellende Moosdecke des Fjeldes fort. — Ohne Zurückblicken trieb er sein Roß an, und nach einer Stunde hielt er vor Hvaland´s Haus.
Mary empfing ihn scheu und befangen, wie immer. Weder der schöne Bergpony, den er ihr schenkte, noch alle seine Bitten und Ueberredungskünste konnten den Schatten von ihrem Herzen bringen.
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Zitationshilfe: | Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/133>, abgerufen am 30.07.2024. |