Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Ersatz? Wofür? fragte der Missionär.

Ei nun, sagte Stureson, und seine Augen forschten scharf in Stockfleth's Gesicht: der Bursch, der verloren gegangen ist, lebte wohl noch, wenn ich nicht in Hvaland's Haus gekommen wäre.

Herr Stureson! sagte der Probst erstaunt.

Still, Herr Probst, fuhr Stureson fort. Sie haben darum gewußt, daß eine lächerliche und thörichte Leidenschaft sich seiner bemächtigt hatte; Sie hatten Kenntniß davon, daß Mary aus Mitleid sich dazu hinreißen ließ, heimliche Gespräche mit ihm zu halten. -- Sie sehen, ich weiß Alles. Sie haben ihn bewegen wollen, Missionär zu werden, um seine Narrheit durch ein christlich frommes Leben los zu werden; er hat es vorgezogen, dies Leben überhaupt zu enden.

Woher wissen Sie das? fragte der Geistliche.

Sonderbare Frage. Sein Ende liegt nahe es kann nicht anders sein. Auch Mary glaubt es, der Gedanke erfüllt sie mit Schmerz, und Alles, was ich aufbieten mag, kann ihre schwermüthigen Grillen nicht ganz verscheuchen. -- So bitte ich Sie denn, werther Freund, reden Sie mit ihr, Sie sind ihr Vertrauter. Stellen Sie ihr vor, daß ihr und mein Lebensglück daran hängt, daß sie mich liebe, mir angehöre, ein Wesen vergesse, das nur durch eine Verirrung, die den Augen der Welt auf immer verborgen bleiben muß, in ein Verhältniß zu ihr gerathen konnte. Schmach und Schande, Wohl und Ehre hängen daran. --

Ersatz? Wofür? fragte der Missionär.

Ei nun, sagte Stureson, und seine Augen forschten scharf in Stockfleth's Gesicht: der Bursch, der verloren gegangen ist, lebte wohl noch, wenn ich nicht in Hvaland's Haus gekommen wäre.

Herr Stureson! sagte der Probst erstaunt.

Still, Herr Probst, fuhr Stureson fort. Sie haben darum gewußt, daß eine lächerliche und thörichte Leidenschaft sich seiner bemächtigt hatte; Sie hatten Kenntniß davon, daß Mary aus Mitleid sich dazu hinreißen ließ, heimliche Gespräche mit ihm zu halten. — Sie sehen, ich weiß Alles. Sie haben ihn bewegen wollen, Missionär zu werden, um seine Narrheit durch ein christlich frommes Leben los zu werden; er hat es vorgezogen, dies Leben überhaupt zu enden.

Woher wissen Sie das? fragte der Geistliche.

Sonderbare Frage. Sein Ende liegt nahe es kann nicht anders sein. Auch Mary glaubt es, der Gedanke erfüllt sie mit Schmerz, und Alles, was ich aufbieten mag, kann ihre schwermüthigen Grillen nicht ganz verscheuchen. — So bitte ich Sie denn, werther Freund, reden Sie mit ihr, Sie sind ihr Vertrauter. Stellen Sie ihr vor, daß ihr und mein Lebensglück daran hängt, daß sie mich liebe, mir angehöre, ein Wesen vergesse, das nur durch eine Verirrung, die den Augen der Welt auf immer verborgen bleiben muß, in ein Verhältniß zu ihr gerathen konnte. Schmach und Schande, Wohl und Ehre hängen daran. —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="5">
        <pb facs="#f0132"/>
        <p> Ersatz? Wofür? fragte der Missionär. </p><lb/>
        <p> Ei nun, sagte Stureson, und seine Augen forschten scharf in Stockfleth's Gesicht: der      Bursch, der verloren gegangen ist, lebte wohl noch, wenn ich nicht in Hvaland's Haus gekommen      wäre. </p><lb/>
        <p> Herr Stureson! sagte der Probst erstaunt. </p><lb/>
        <p> Still, Herr Probst, fuhr Stureson fort. Sie haben darum gewußt, daß eine lächerliche und      thörichte Leidenschaft sich seiner bemächtigt hatte; Sie hatten Kenntniß davon, daß Mary aus      Mitleid sich dazu hinreißen ließ, heimliche Gespräche mit ihm zu halten. &#x2014; Sie sehen, ich weiß      Alles. Sie haben ihn bewegen wollen, Missionär zu werden, um seine Narrheit durch ein      christlich frommes Leben los zu werden; er hat es vorgezogen, dies Leben überhaupt zu enden. </p><lb/>
        <p> Woher wissen Sie das? fragte der Geistliche. </p><lb/>
        <p> Sonderbare Frage. Sein Ende liegt nahe es kann nicht anders sein. Auch Mary glaubt es, der      Gedanke erfüllt sie mit Schmerz, und Alles, was ich aufbieten mag, kann ihre schwermüthigen      Grillen nicht ganz verscheuchen. &#x2014; So bitte ich Sie denn, werther Freund, reden Sie mit ihr,      Sie sind ihr Vertrauter. Stellen Sie ihr vor, daß ihr und mein Lebensglück daran hängt, daß sie      mich liebe, mir angehöre, ein Wesen vergesse, das nur durch eine Verirrung, die den Augen der      Welt auf immer verborgen bleiben muß, in ein Verhältniß zu ihr gerathen konnte. Schmach und      Schande, Wohl und Ehre hängen daran. &#x2014;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0132] Ersatz? Wofür? fragte der Missionär. Ei nun, sagte Stureson, und seine Augen forschten scharf in Stockfleth's Gesicht: der Bursch, der verloren gegangen ist, lebte wohl noch, wenn ich nicht in Hvaland's Haus gekommen wäre. Herr Stureson! sagte der Probst erstaunt. Still, Herr Probst, fuhr Stureson fort. Sie haben darum gewußt, daß eine lächerliche und thörichte Leidenschaft sich seiner bemächtigt hatte; Sie hatten Kenntniß davon, daß Mary aus Mitleid sich dazu hinreißen ließ, heimliche Gespräche mit ihm zu halten. — Sie sehen, ich weiß Alles. Sie haben ihn bewegen wollen, Missionär zu werden, um seine Narrheit durch ein christlich frommes Leben los zu werden; er hat es vorgezogen, dies Leben überhaupt zu enden. Woher wissen Sie das? fragte der Geistliche. Sonderbare Frage. Sein Ende liegt nahe es kann nicht anders sein. Auch Mary glaubt es, der Gedanke erfüllt sie mit Schmerz, und Alles, was ich aufbieten mag, kann ihre schwermüthigen Grillen nicht ganz verscheuchen. — So bitte ich Sie denn, werther Freund, reden Sie mit ihr, Sie sind ihr Vertrauter. Stellen Sie ihr vor, daß ihr und mein Lebensglück daran hängt, daß sie mich liebe, mir angehöre, ein Wesen vergesse, das nur durch eine Verirrung, die den Augen der Welt auf immer verborgen bleiben muß, in ein Verhältniß zu ihr gerathen konnte. Schmach und Schande, Wohl und Ehre hängen daran. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:04:01Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/132
Zitationshilfe: Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/132>, abgerufen am 18.05.2024.