Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.wenn nicht Alles, was du mir vertraut hast, aus Stockfleth's Kopf in dein weiches Köpfchen übergeströmt ist. Das sind seine Lehren, ich höre seine Grundsätze; aber glaube mir, theure Mary, die Welt ist anders, wie diese fantastischen Tugendhelden sie ausmalen. O, wende dich nicht ab, fuhr er fort, und zürne mir nicht. Wir wollen Gutes thun, so viel wir können; auch will ich dich nicht hindern, deinem schönen Mitleid zu folgen, wo es Leiden und Schmerzen zu stillen giebt; aber wenn du meinst, ich müsse mein Leben hier hinbringen, um Holmböe's Narrheiten weiter zu führen, oder Stockfleth's Schüler und Bewunderer zu werden, so muß ich dir widersprechen. Er schlang den Arm um sie und deutete auf das bunte Gewühl auf dem Felde. -- Laß doch, sagte er lächelnd, diese schmutzigen Finner, Quäner, Lappen, Fischer, Russen und ihre eklen Weiber hier sich abquälen, um ein jämmerliches Leben zu fristen; laß sie bei ihren Kabliauen, ihren Thranfässern, ihren Rennthieren, ihren Hütten und Booten leben, wie es Gott bestimmt hat; wir werden mit aller unserer Mühe, mit allen unseren Opfern nichts daran ändern können. Was hat denn Stockfleth bewirkt, der seit zwanzig Jahren durch diese Wüsten läuft? Was hat Holmböe bewirkt und vor ihm manche wackeren Männer, die Alle bessern und bekehren wollten? -- Sieh diese zottige, gierige Masse an, sie ist so roh und schlecht, wie sie immer war. -- Nein, meine süße Mary, so gemein soll unser wenn nicht Alles, was du mir vertraut hast, aus Stockfleth's Kopf in dein weiches Köpfchen übergeströmt ist. Das sind seine Lehren, ich höre seine Grundsätze; aber glaube mir, theure Mary, die Welt ist anders, wie diese fantastischen Tugendhelden sie ausmalen. O, wende dich nicht ab, fuhr er fort, und zürne mir nicht. Wir wollen Gutes thun, so viel wir können; auch will ich dich nicht hindern, deinem schönen Mitleid zu folgen, wo es Leiden und Schmerzen zu stillen giebt; aber wenn du meinst, ich müsse mein Leben hier hinbringen, um Holmböe's Narrheiten weiter zu führen, oder Stockfleth's Schüler und Bewunderer zu werden, so muß ich dir widersprechen. Er schlang den Arm um sie und deutete auf das bunte Gewühl auf dem Felde. — Laß doch, sagte er lächelnd, diese schmutzigen Finner, Quäner, Lappen, Fischer, Russen und ihre eklen Weiber hier sich abquälen, um ein jämmerliches Leben zu fristen; laß sie bei ihren Kabliauen, ihren Thranfässern, ihren Rennthieren, ihren Hütten und Booten leben, wie es Gott bestimmt hat; wir werden mit aller unserer Mühe, mit allen unseren Opfern nichts daran ändern können. Was hat denn Stockfleth bewirkt, der seit zwanzig Jahren durch diese Wüsten läuft? Was hat Holmböe bewirkt und vor ihm manche wackeren Männer, die Alle bessern und bekehren wollten? — Sieh diese zottige, gierige Masse an, sie ist so roh und schlecht, wie sie immer war. — Nein, meine süße Mary, so gemein soll unser <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="6"> <p><pb facs="#f0150"/> wenn nicht Alles, was du mir vertraut hast, aus Stockfleth's Kopf in dein weiches Köpfchen übergeströmt ist. Das sind seine Lehren, ich höre seine Grundsätze; aber glaube mir, theure Mary, die Welt ist anders, wie diese fantastischen Tugendhelden sie ausmalen. </p><lb/> <p> O, wende dich nicht ab, fuhr er fort, und zürne mir nicht. Wir wollen Gutes thun, so viel wir können; auch will ich dich nicht hindern, deinem schönen Mitleid zu folgen, wo es Leiden und Schmerzen zu stillen giebt; aber wenn du meinst, ich müsse mein Leben hier hinbringen, um Holmböe's Narrheiten weiter zu führen, oder Stockfleth's Schüler und Bewunderer zu werden, so muß ich dir widersprechen. </p><lb/> <p> Er schlang den Arm um sie und deutete auf das bunte Gewühl auf dem Felde. — Laß doch, sagte er lächelnd, diese schmutzigen Finner, Quäner, Lappen, Fischer, Russen und ihre eklen Weiber hier sich abquälen, um ein jämmerliches Leben zu fristen; laß sie bei ihren Kabliauen, ihren Thranfässern, ihren Rennthieren, ihren Hütten und Booten leben, wie es Gott bestimmt hat; wir werden mit aller unserer Mühe, mit allen unseren Opfern nichts daran ändern können. Was hat denn Stockfleth bewirkt, der seit zwanzig Jahren durch diese Wüsten läuft? Was hat Holmböe bewirkt und vor ihm manche wackeren Männer, die Alle bessern und bekehren wollten? — Sieh diese zottige, gierige Masse an, sie ist so roh und schlecht, wie sie immer war. — Nein, meine süße Mary, so gemein soll unser<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0150]
wenn nicht Alles, was du mir vertraut hast, aus Stockfleth's Kopf in dein weiches Köpfchen übergeströmt ist. Das sind seine Lehren, ich höre seine Grundsätze; aber glaube mir, theure Mary, die Welt ist anders, wie diese fantastischen Tugendhelden sie ausmalen.
O, wende dich nicht ab, fuhr er fort, und zürne mir nicht. Wir wollen Gutes thun, so viel wir können; auch will ich dich nicht hindern, deinem schönen Mitleid zu folgen, wo es Leiden und Schmerzen zu stillen giebt; aber wenn du meinst, ich müsse mein Leben hier hinbringen, um Holmböe's Narrheiten weiter zu führen, oder Stockfleth's Schüler und Bewunderer zu werden, so muß ich dir widersprechen.
Er schlang den Arm um sie und deutete auf das bunte Gewühl auf dem Felde. — Laß doch, sagte er lächelnd, diese schmutzigen Finner, Quäner, Lappen, Fischer, Russen und ihre eklen Weiber hier sich abquälen, um ein jämmerliches Leben zu fristen; laß sie bei ihren Kabliauen, ihren Thranfässern, ihren Rennthieren, ihren Hütten und Booten leben, wie es Gott bestimmt hat; wir werden mit aller unserer Mühe, mit allen unseren Opfern nichts daran ändern können. Was hat denn Stockfleth bewirkt, der seit zwanzig Jahren durch diese Wüsten läuft? Was hat Holmböe bewirkt und vor ihm manche wackeren Männer, die Alle bessern und bekehren wollten? — Sieh diese zottige, gierige Masse an, sie ist so roh und schlecht, wie sie immer war. — Nein, meine süße Mary, so gemein soll unser
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Zitationshilfe: | Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/150>, abgerufen am 31.07.2024. |