Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Dasein nicht verkommen. -- Vertraue mir nur, glaube nur, daß ich weiß, was zu unserem Glück gehört, und du wirst sehen, ich streife deine Einfachheit, deine nachlässige Erziehung, deine Unkenntniß des Lebens bald von dir ab und mache, daß Grafen und Fürsten von deiner Schönheit, deiner Klugheit und deinem seinen Wesen bezaubert sind. Sein Gelächter konnte Mary's Betrübniß nicht verringern. Sie fühlte sich verletzt und in ihren Erwartungen getäuscht über den Erfolg dieses Gespräches, in welchem sie Stureson Alles sagen wollte, was sie dachte. Sie wagte nichts mehr und brach daher ab, aber auch Stureson suchte fernere Erörterungen zu vermeiden. Er hatte genug gehört, was dies junge Mädchen dachte und meinte, was sie von ihrem Rathgeber sich hatte einbilden lassen, und woraus sie Trost und Beruhigung schöpfte. Um sie zu zerstreuen, zeigte ihr Stureson, was er in seinen Schränken an Silber und werthvollen Gegenständen verwahrte. Er machte ihr Geschenke mit einigen hübschen Schmucksachen, scherzte und war froh und unbefangen, aber sie konnte die spöttischen und übermüthigen Blicke nicht vergessen, mit denen er sie wie ein Kind betrachtet und behandelt hatte. Eine Kälte füllte ihr Herz, das zitternd immer wieder sein Hohngelächter hörte, und nur mit aller Gewalt vermochte sie die Thränen zu unterdrücken, welche das dumpfe Weh in ihre Augen drängte. Dasein nicht verkommen. — Vertraue mir nur, glaube nur, daß ich weiß, was zu unserem Glück gehört, und du wirst sehen, ich streife deine Einfachheit, deine nachlässige Erziehung, deine Unkenntniß des Lebens bald von dir ab und mache, daß Grafen und Fürsten von deiner Schönheit, deiner Klugheit und deinem seinen Wesen bezaubert sind. Sein Gelächter konnte Mary's Betrübniß nicht verringern. Sie fühlte sich verletzt und in ihren Erwartungen getäuscht über den Erfolg dieses Gespräches, in welchem sie Stureson Alles sagen wollte, was sie dachte. Sie wagte nichts mehr und brach daher ab, aber auch Stureson suchte fernere Erörterungen zu vermeiden. Er hatte genug gehört, was dies junge Mädchen dachte und meinte, was sie von ihrem Rathgeber sich hatte einbilden lassen, und woraus sie Trost und Beruhigung schöpfte. Um sie zu zerstreuen, zeigte ihr Stureson, was er in seinen Schränken an Silber und werthvollen Gegenständen verwahrte. Er machte ihr Geschenke mit einigen hübschen Schmucksachen, scherzte und war froh und unbefangen, aber sie konnte die spöttischen und übermüthigen Blicke nicht vergessen, mit denen er sie wie ein Kind betrachtet und behandelt hatte. Eine Kälte füllte ihr Herz, das zitternd immer wieder sein Hohngelächter hörte, und nur mit aller Gewalt vermochte sie die Thränen zu unterdrücken, welche das dumpfe Weh in ihre Augen drängte. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="6"> <p><pb facs="#f0151"/> Dasein nicht verkommen. — Vertraue mir nur, glaube nur, daß ich weiß, was zu unserem Glück gehört, und du wirst sehen, ich streife deine Einfachheit, deine nachlässige Erziehung, deine Unkenntniß des Lebens bald von dir ab und mache, daß Grafen und Fürsten von deiner Schönheit, deiner Klugheit und deinem seinen Wesen bezaubert sind. </p><lb/> <p> Sein Gelächter konnte Mary's Betrübniß nicht verringern. Sie fühlte sich verletzt und in ihren Erwartungen getäuscht über den Erfolg dieses Gespräches, in welchem sie Stureson Alles sagen wollte, was sie dachte. Sie wagte nichts mehr und brach daher ab, aber auch Stureson suchte fernere Erörterungen zu vermeiden. Er hatte genug gehört, was dies junge Mädchen dachte und meinte, was sie von ihrem Rathgeber sich hatte einbilden lassen, und woraus sie Trost und Beruhigung schöpfte. </p><lb/> <p> Um sie zu zerstreuen, zeigte ihr Stureson, was er in seinen Schränken an Silber und werthvollen Gegenständen verwahrte. Er machte ihr Geschenke mit einigen hübschen Schmucksachen, scherzte und war froh und unbefangen, aber sie konnte die spöttischen und übermüthigen Blicke nicht vergessen, mit denen er sie wie ein Kind betrachtet und behandelt hatte. Eine Kälte füllte ihr Herz, das zitternd immer wieder sein Hohngelächter hörte, und nur mit aller Gewalt vermochte sie die Thränen zu unterdrücken, welche das dumpfe Weh in ihre Augen drängte. </p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0151]
Dasein nicht verkommen. — Vertraue mir nur, glaube nur, daß ich weiß, was zu unserem Glück gehört, und du wirst sehen, ich streife deine Einfachheit, deine nachlässige Erziehung, deine Unkenntniß des Lebens bald von dir ab und mache, daß Grafen und Fürsten von deiner Schönheit, deiner Klugheit und deinem seinen Wesen bezaubert sind.
Sein Gelächter konnte Mary's Betrübniß nicht verringern. Sie fühlte sich verletzt und in ihren Erwartungen getäuscht über den Erfolg dieses Gespräches, in welchem sie Stureson Alles sagen wollte, was sie dachte. Sie wagte nichts mehr und brach daher ab, aber auch Stureson suchte fernere Erörterungen zu vermeiden. Er hatte genug gehört, was dies junge Mädchen dachte und meinte, was sie von ihrem Rathgeber sich hatte einbilden lassen, und woraus sie Trost und Beruhigung schöpfte.
Um sie zu zerstreuen, zeigte ihr Stureson, was er in seinen Schränken an Silber und werthvollen Gegenständen verwahrte. Er machte ihr Geschenke mit einigen hübschen Schmucksachen, scherzte und war froh und unbefangen, aber sie konnte die spöttischen und übermüthigen Blicke nicht vergessen, mit denen er sie wie ein Kind betrachtet und behandelt hatte. Eine Kälte füllte ihr Herz, das zitternd immer wieder sein Hohngelächter hörte, und nur mit aller Gewalt vermochte sie die Thränen zu unterdrücken, welche das dumpfe Weh in ihre Augen drängte.
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Zitationshilfe: | Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/151>, abgerufen am 01.08.2024. |