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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Hochzeit-Gedichte.
So schloß der Bräutigam/ biß sich der Kram verkehrte
Und einen grossen Saal
Sambt einem Ehren-Mahl
Den Gästen voller Lust und Fröligkeit gewehrte/
Daß ieder diesen Wunsch erhöht
Es zieh' sein Eisen der Magnet.
Die verwittibte Venus
Bey Hn. D. v. R. u. Fr. M. E. S. v. S. g.
B. v. L. Hochzeit den 20. Jun. 1678.
EJn öd und wüster Ort/ wo nie kein Stern erscheint/
Den nicht das Morgen-Roth mit seinem Purpur zieret/
Umb den nie einen Tantz die göldne Sonne führet/
Wo nichts als Schatten sind und stets der Himmel weint/
Die Lüffte seufftzen nach/ die Bäche giessen Zähren/
Und lauter Weh' und Ach die Echo wil gewehren.
Der war zum Auffenthalt der Königin bestimmt/
So die gevierdte Welt mit ihrem Scepter drücket/
Und in der Menschen Brust die Liebes-Flammen schicket/
Die sonst das süsse Wort der Mutter an sich nimmt/
Und Lust und Wonne schenckt und voller Anmuth lachet/
Die hatte sich alldar zum Trauer-Bild gemachet.
Die gantze Hofestadt bestand in Einsamkeit/
Und ein bemoster Stein must' ihr zum Stuhle dienen/
Der Leib/ der Sternen gleich in Perl und Gold geschienen/
War ohne Pracht und Glantz. Kein Opffer stand bereit/
Kein Weyrauch angezündt die Göttin zu versöhnen/
Es kam kein eintzig Mensch ihr Altar zu bekrönen.
Man sah die Schwanen nicht in frischen Rosen gehn/
Es schwieg der liebe Mund der schwesterlichen Tauben/
Die Fürstin selber saß verkappt in Flor und Hauben;
Kein Liebes-Engel wolt' ihr da zu Dienste stehn/
Die Köcher hingen leer ohn ein'ge Pflitz und Pfeile/
Jhr Bogen und Geschoß ward andern nur zu Theile.
Jhr Mund/ der vorhin nichts als Amber von sich bließ/
Rieff mit gebrochner Stimm: Verwittibte Dione
Wo ist dein mächtig Arm? Wo ist dein Reich und Krone?
Wo der/ umb den ich auch das Schloß des Himmels ließ/
Mein
Hochzeit-Gedichte.
So ſchloß der Braͤutigam/ biß ſich der Kram verkehrte
Und einen groſſen Saal
Sambt einem Ehren-Mahl
Den Gaͤſten voller Luſt und Froͤligkeit gewehrte/
Daß ieder dieſen Wunſch erhoͤht
Es zieh’ ſein Eiſen der Magnet.
Die verwittibte Venus
Bey Hn. D. v. R. u. Fr. M. E. S. v. S. g.
B. v. L. Hochzeit den 20. Jun. 1678.
EJn oͤd und wuͤſter Ort/ wo nie kein Stern erſcheint/
Den nicht das Morgen-Roth mit ſeinem Purpur zieret/
Umb den nie einen Tantz die goͤldne Sonne fuͤhret/
Wo nichts als Schatten ſind und ſtets der Himmel weint/
Die Luͤffte ſeufftzen nach/ die Baͤche gieſſen Zaͤhren/
Und lauter Weh’ und Ach die Echo wil gewehren.
Der war zum Auffenthalt der Koͤnigin beſtimmt/
So die gevierdte Welt mit ihrem Scepter druͤcket/
Und in der Menſchen Bruſt die Liebes-Flammen ſchicket/
Die ſonſt das ſuͤſſe Wort der Mutter an ſich nimmt/
Und Luſt und Wonne ſchenckt und voller Anmuth lachet/
Die hatte ſich alldar zum Trauer-Bild gemachet.
Die gantze Hofeſtadt beſtand in Einſamkeit/
Und ein bemoſter Stein muſt’ ihr zum Stuhle dienen/
Der Leib/ der Sternen gleich in Perl und Gold geſchienen/
War ohne Pracht und Glantz. Kein Opffer ſtand bereit/
Kein Weyrauch angezuͤndt die Goͤttin zu verſoͤhnen/
Es kam kein eintzig Menſch ihr Altar zu bekroͤnen.
Man ſah die Schwanen nicht in friſchen Roſen gehn/
Es ſchwieg der liebe Mund der ſchweſterlichen Tauben/
Die Fuͤrſtin ſelber ſaß verkappt in Flor und Hauben;
Kein Liebes-Engel wolt’ ihr da zu Dienſte ſtehn/
Die Koͤcher hingen leer ohn ein’ge Pflitz und Pfeile/
Jhr Bogen und Geſchoß ward andern nur zu Theile.
Jhr Mund/ der vorhin nichts als Amber von ſich bließ/
Rieff mit gebrochner Stimm: Verwittibte Dione
Wo iſt dein maͤchtig Arm? Wo iſt dein Reich und Krone?
Wo der/ umb den ich auch das Schloß des Himmels ließ/
Mein
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[100/0174] Hochzeit-Gedichte. So ſchloß der Braͤutigam/ biß ſich der Kram verkehrte Und einen groſſen Saal Sambt einem Ehren-Mahl Den Gaͤſten voller Luſt und Froͤligkeit gewehrte/ Daß ieder dieſen Wunſch erhoͤht Es zieh’ ſein Eiſen der Magnet. Die verwittibte Venus Bey Hn. D. v. R. u. Fr. M. E. S. v. S. g. B. v. L. Hochzeit den 20. Jun. 1678. EJn oͤd und wuͤſter Ort/ wo nie kein Stern erſcheint/ Den nicht das Morgen-Roth mit ſeinem Purpur zieret/ Umb den nie einen Tantz die goͤldne Sonne fuͤhret/ Wo nichts als Schatten ſind und ſtets der Himmel weint/ Die Luͤffte ſeufftzen nach/ die Baͤche gieſſen Zaͤhren/ Und lauter Weh’ und Ach die Echo wil gewehren. Der war zum Auffenthalt der Koͤnigin beſtimmt/ So die gevierdte Welt mit ihrem Scepter druͤcket/ Und in der Menſchen Bruſt die Liebes-Flammen ſchicket/ Die ſonſt das ſuͤſſe Wort der Mutter an ſich nimmt/ Und Luſt und Wonne ſchenckt und voller Anmuth lachet/ Die hatte ſich alldar zum Trauer-Bild gemachet. Die gantze Hofeſtadt beſtand in Einſamkeit/ Und ein bemoſter Stein muſt’ ihr zum Stuhle dienen/ Der Leib/ der Sternen gleich in Perl und Gold geſchienen/ War ohne Pracht und Glantz. Kein Opffer ſtand bereit/ Kein Weyrauch angezuͤndt die Goͤttin zu verſoͤhnen/ Es kam kein eintzig Menſch ihr Altar zu bekroͤnen. Man ſah die Schwanen nicht in friſchen Roſen gehn/ Es ſchwieg der liebe Mund der ſchweſterlichen Tauben/ Die Fuͤrſtin ſelber ſaß verkappt in Flor und Hauben; Kein Liebes-Engel wolt’ ihr da zu Dienſte ſtehn/ Die Koͤcher hingen leer ohn ein’ge Pflitz und Pfeile/ Jhr Bogen und Geſchoß ward andern nur zu Theile. Jhr Mund/ der vorhin nichts als Amber von ſich bließ/ Rieff mit gebrochner Stimm: Verwittibte Dione Wo iſt dein maͤchtig Arm? Wo iſt dein Reich und Krone? Wo der/ umb den ich auch das Schloß des Himmels ließ/ Mein

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/174>, abgerufen am 15.05.2024.