Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Wenn Tugend/ Zucht und Treu den Lebens-Wandel machen/Wie ihr die Seelige Lob-würdig außerkiest. Verehrt der Eltern Grab mit stetem Angedencken/ Betrübte/ die ihr jetzt in Flor und Boy verhüllt/ Erkennt was Gottes Gunst den beyden wollen schencken/ Daß ihrer Leiber Rest ein gleiches Grab erfüllt. Sie leben noch in euch/ und blühn in euren Kindern/ Des Vatern kluger Geist/ der Mutter Frömmigkeit. Ja was die tieffste Wund und grösten Schmertz kan lindern/ Sind Christliche Gedult und denn die lange Zeit. Sie sind vorangeschickt/ wir sind noch eingespannet/ Biß uns des Höchsten Schluß die Fessel nimmet ab; Uns die noch täglich Angst und Trübsal übermannet/ Was suchen wir denn mehr als nur den Weg ins Grab? Hat man den jenigen der wohl gekämpfft bekräntzet; Macht des Soldaten Blut den Ehren-Purpur klar; Und ist ein Schiffmann froh wenn er am Lande gräntzet/ Befreyt von Wind und Sturm/ entnommen der Gefahr/ So sind die Seeligen vielmehr noch zu bekrönen/ Die über Welt/ und Tod/ und Teuffel triumphirt/ Die nun vor Gottes Thron ihr Sieges-Lied erthönen/ Und die die Lorbeer-Kron erlauchter Hoheit ziert. Uberdruß Menschlichen Lebens/ SO schleust du/ Seeliger/ die Wallfarth deiner Tage/Bey Beerdigung Hn. J. L. D. zu St. E. den 18. Junii 1671. Und schickst den müden Leib zu der gewünschten Ruh'! So hat sein End' erreicht des Leidens lange Plage/ Und diß was irrdisch war/ deckt Erde wieder zu! Es konte dir die Welt mit ihren schnöden Sachen/ So blosses Blend-Werck sind und eitles Gauckelspiel/ Nur Eckel und Verdruß hinfort zu leben machen/ Weil deiner Seele nicht ihr böses Thun gefiel. Du sahft mit Salomon daß alles alles eitel/ Und wünscht mit Davids-Mund von Mesech weg zu gehn. Ja weil wir gantz verderbt vom Fußbret biß zur Scheitel/ So muste Hiob dir zu dem Beweißthumb stehn. Sein
Leichen-Gedichte. Wenn Tugend/ Zucht und Treu den Lebens-Wandel machen/Wie ihr die Seelige Lob-wuͤrdig außerkieſt. Verehrt der Eltern Grab mit ſtetem Angedencken/ Betruͤbte/ die ihr jetzt in Flor und Boy verhuͤllt/ Erkennt was Gottes Gunſt den beyden wollen ſchencken/ Daß ihrer Leiber Reſt ein gleiches Grab erfuͤllt. Sie leben noch in euch/ und bluͤhn in euren Kindern/ Des Vatern kluger Geiſt/ der Mutter Froͤmmigkeit. Ja was die tieffſte Wund und groͤſten Schmertz kan lindern/ Sind Chriſtliche Gedult und denn die lange Zeit. Sie ſind vorangeſchickt/ wir ſind noch eingeſpannet/ Biß uns des Hoͤchſten Schluß die Feſſel nimmet ab; Uns die noch taͤglich Angſt und Truͤbſal uͤbermannet/ Was ſuchen wir denn mehr als nur den Weg ins Grab? Hat man den jenigen der wohl gekaͤmpfft bekraͤntzet; Macht des Soldaten Blut den Ehren-Purpur klar; Und iſt ein Schiffmann froh wenn er am Lande graͤntzet/ Befreyt von Wind und Sturm/ entnommen der Gefahr/ So ſind die Seeligen vielmehr noch zu bekroͤnen/ Die uͤber Welt/ und Tod/ und Teuffel triumphirt/ Die nun vor Gottes Thron ihr Sieges-Lied erthoͤnen/ Und die die Lorbeer-Kron erlauchter Hoheit ziert. Uberdruß Menſchlichen Lebens/ SO ſchleuſt du/ Seeliger/ die Wallfarth deiner Tage/Bey Beerdigung Hn. J. L. D. zu St. E. den 18. Junii 1671. Und ſchickſt den muͤden Leib zu der gewuͤnſchten Ruh’! So hat ſein End’ erreicht des Leidens lange Plage/ Und diß was irꝛdiſch war/ deckt Erde wieder zu! Es konte dir die Welt mit ihren ſchnoͤden Sachen/ So bloſſes Blend-Werck ſind und eitles Gauckelſpiel/ Nur Eckel und Verdruß hinfort zu leben machen/ Weil deiner Seele nicht ihr boͤſes Thun gefiel. Du ſahft mit Salomon daß alles alles eitel/ Und wuͤnſcht mit Davids-Mund von Meſech weg zu gehn. Ja weil wir gantz verderbt vom Fußbret biß zur Scheitel/ So muſte Hiob dir zu dem Beweißthumb ſtehn. Sein
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Leichen-Gedichte.
Wenn Tugend/ Zucht und Treu den Lebens-Wandel machen/
Wie ihr die Seelige Lob-wuͤrdig außerkieſt.
Verehrt der Eltern Grab mit ſtetem Angedencken/
Betruͤbte/ die ihr jetzt in Flor und Boy verhuͤllt/
Erkennt was Gottes Gunſt den beyden wollen ſchencken/
Daß ihrer Leiber Reſt ein gleiches Grab erfuͤllt.
Sie leben noch in euch/ und bluͤhn in euren Kindern/
Des Vatern kluger Geiſt/ der Mutter Froͤmmigkeit.
Ja was die tieffſte Wund und groͤſten Schmertz kan lindern/
Sind Chriſtliche Gedult und denn die lange Zeit.
Sie ſind vorangeſchickt/ wir ſind noch eingeſpannet/
Biß uns des Hoͤchſten Schluß die Feſſel nimmet ab;
Uns die noch taͤglich Angſt und Truͤbſal uͤbermannet/
Was ſuchen wir denn mehr als nur den Weg ins Grab?
Hat man den jenigen der wohl gekaͤmpfft bekraͤntzet;
Macht des Soldaten Blut den Ehren-Purpur klar;
Und iſt ein Schiffmann froh wenn er am Lande graͤntzet/
Befreyt von Wind und Sturm/ entnommen der Gefahr/
So ſind die Seeligen vielmehr noch zu bekroͤnen/
Die uͤber Welt/ und Tod/ und Teuffel triumphirt/
Die nun vor Gottes Thron ihr Sieges-Lied erthoͤnen/
Und die die Lorbeer-Kron erlauchter Hoheit ziert.
Uberdruß Menſchlichen Lebens/
Bey Beerdigung Hn. J. L. D. zu St. E.
den 18. Junii 1671.
SO ſchleuſt du/ Seeliger/ die Wallfarth deiner Tage/
Und ſchickſt den muͤden Leib zu der gewuͤnſchten Ruh’!
So hat ſein End’ erreicht des Leidens lange Plage/
Und diß was irꝛdiſch war/ deckt Erde wieder zu!
Es konte dir die Welt mit ihren ſchnoͤden Sachen/
So bloſſes Blend-Werck ſind und eitles Gauckelſpiel/
Nur Eckel und Verdruß hinfort zu leben machen/
Weil deiner Seele nicht ihr boͤſes Thun gefiel.
Du ſahft mit Salomon daß alles alles eitel/
Und wuͤnſcht mit Davids-Mund von Meſech weg zu gehn.
Ja weil wir gantz verderbt vom Fußbret biß zur Scheitel/
So muſte Hiob dir zu dem Beweißthumb ſtehn.
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