Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Wie viel elende Nächt' und Tage sie gelitten/Wie offt der Kranckheit Schmertz den matten Leib geplagt/ Und wie ihr Mutter-Hertz der Kummer hat bestritten/ Jst sattsam an dem Licht/ und unnoth daß mans sagt. Nun hat sie obgesiegt/ ihr ist der Kampff gelungen/ Weil Glauben und Gedult als Waffen sie geführt/ Und mit durch Noth und Tod hertzhafftig durchgedrungen/ Daß ihre Scheitel nun die Ehren-Krone ziert. Das kan/ Betrübte/ noch zum schönsten Beyspiel nützen/ Jhr Alter wird euch auch ein Tugend-Spiegel seyn/ Und Stralen guter Zucht in eure Hertzen blitzen/ Und in der Seelen Grund ihr Denckmahl sencken ein. Was wolt ihr viel das Grab mit tauseud Thränen waschen? Wer so den Lauff vollbracht/ dem rufft man mehr Glück zu! Rühmt eurer Mutter Treu/ und ehrt den Rest der Aschen/ Biß daß euch GOttes Schluß rufft zu dergleichen Ruh. Thränen der Musen Zu Ehren Fr. U. M. v. A. g. v. K. geheiliget den 23. Aug. 1671. Calliope. DEckt/ Schwestern/ euer Haupt mit blassen Leid-Cypresse/Denckt auff ein Klage-Lied/ das Felsen machet weich/ Denn eure Lust und Zier ist nunmehr kalt und bleich/ Ja von dem grimmen Raub des Todes auffgefressen. Apollo unser Fürst kan nicht den Fall ermessen/ Der ihm höchst-schmertzlich scheint/ und in dem gantzen Reich Ein Beyleid hat erweckt; Auff Schwestern! stimmt zugleich Die Leyr/ last uns den Ruhm der Werthsten nicht vergessen. Die Thränen trocknen nicht/ so ihr dem Grabe weyht/ Es wil den Trauer-Klang das Echo hoch erheben/ Und durch den Lorbeer-Wald dreyfältig wiedergeben Des Pindus Blumenstehn vor Wehmuth wie beschneyt. Ach Schwestern! ach beklagt die Sonne von den Frauen/ Bey der Zucht/ Adel/ Witz und Keuschheit war zu schauen! Melpomene. WIch dünckt ich sehe noch die halb gebrochnen Blicke/So auffdes Liebsten Seel als Pfeile giengen loß; Jch G g g
Leichen-Gedichte. Wie viel elende Naͤcht’ und Tage ſie gelitten/Wie offt der Kranckheit Schmertz den matten Leib geplagt/ Und wie ihr Mutter-Hertz der Kummer hat beſtritten/ Jſt ſattſam an dem Licht/ und unnoth daß mans ſagt. Nun hat ſie obgeſiegt/ ihr iſt der Kampff gelungen/ Weil Glauben und Gedult als Waffen ſie gefuͤhrt/ Und mit durch Noth und Tod hertzhafftig durchgedrungen/ Daß ihre Scheitel nun die Ehren-Krone ziert. Das kan/ Betruͤbte/ noch zum ſchoͤnſten Beyſpiel nuͤtzen/ Jhr Alter wird euch auch ein Tugend-Spiegel ſeyn/ Und Stralen guter Zucht in eure Hertzen blitzen/ Und in der Seelen Grund ihr Denckmahl ſencken ein. Was wolt ihr viel das Grab mit tauſeud Thraͤnen waſchen? Wer ſo den Lauff vollbracht/ dem rufft man mehr Gluͤck zu! Ruͤhmt eurer Mutter Treu/ und ehrt den Reſt der Aſchen/ Biß daß euch GOttes Schluß rufft zu dergleichen Ruh. Thraͤnen der Muſen Zu Ehren Fr. U. M. v. A. g. v. K. geheiliget den 23. Aug. 1671. Calliope. DEckt/ Schweſtern/ euer Haupt mit blaſſen Leid-Cypreſſē/Denckt auff ein Klage-Lied/ das Felſen machet weich/ Denn eure Luſt und Zier iſt nunmehr kalt und bleich/ Ja von dem grimmen Raub des Todes auffgefreſſen. Apollo unſer Fuͤrſt kan nicht den Fall ermeſſen/ Der ihm hoͤchſt-ſchmertzlich ſcheint/ und in dem gantzen Reich Ein Beyleid hat erweckt; Auff Schweſtern! ſtim̃t zugleich Die Leyr/ laſt uns den Ruhm der Werthſten nicht vergeſſen. Die Thraͤnen trocknen nicht/ ſo ihr dem Grabe weyht/ Es wil den Trauer-Klang das Echo hoch erheben/ Und durch den Lorbeer-Wald dreyfaͤltig wiedergeben Des Pindus Blumenſtehn vor Wehmuth wie beſchneyt. Ach Schweſtern! ach beklagt die Sonne von den Frauen/ Bey der Zucht/ Adel/ Witz und Keuſchheit war zu ſchauen! Melpomene. WIch duͤnckt ich ſehe noch die halb gebrochnen Blicke/So auffdes Liebſten Seel als Pfeile giengen loß; Jch G g g
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0329" n="97"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leichen-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Wie viel elende Naͤcht’ und Tage ſie gelitten/</l><lb/> <l>Wie offt der Kranckheit Schmertz den matten Leib geplagt/</l><lb/> <l>Und wie ihr Mutter-Hertz der Kummer hat beſtritten/</l><lb/> <l>Jſt ſattſam an dem Licht/ und unnoth daß mans ſagt.</l><lb/> <l>Nun hat ſie obgeſiegt/ ihr iſt der Kampff gelungen/</l><lb/> <l>Weil Glauben und Gedult als Waffen ſie gefuͤhrt/</l><lb/> <l>Und mit durch Noth und Tod hertzhafftig durchgedrungen/</l><lb/> <l>Daß ihre Scheitel nun die Ehren-Krone ziert.</l><lb/> <l>Das kan/ <hi rendition="#fr">Betruͤbte/</hi> noch zum ſchoͤnſten Beyſpiel nuͤtzen/</l><lb/> <l>Jhr Alter wird euch auch ein Tugend-Spiegel ſeyn/</l><lb/> <l>Und Stralen guter Zucht in eure Hertzen blitzen/</l><lb/> <l>Und in der Seelen Grund ihr Denckmahl ſencken ein.</l><lb/> <l>Was wolt ihr viel das Grab mit tauſeud Thraͤnen waſchen?</l><lb/> <l>Wer ſo den Lauff vollbracht/ dem rufft man mehr Gluͤck zu!</l><lb/> <l>Ruͤhmt eurer Mutter Treu/ und ehrt den Reſt der Aſchen/</l><lb/> <l>Biß daß euch GOttes Schluß rufft zu dergleichen Ruh.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Thraͤnen der Muſen<lb/> Zu Ehren Fr. U. M. v. A. g. v. K. geheiliget<lb/> den 23. Aug. 1671.</hi> </hi> </head><lb/> <lg> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Calliope.</hi> </hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">D</hi>Eckt/ Schweſtern/ euer Haupt mit blaſſen Leid-Cypreſſē/</l><lb/> <l>Denckt auff ein Klage-Lied/ das Felſen machet weich/</l><lb/> <l>Denn eure Luſt und Zier iſt nunmehr kalt und bleich/</l><lb/> <l>Ja von dem grimmen Raub des Todes auffgefreſſen.</l><lb/> <l>Apollo unſer Fuͤrſt kan nicht den Fall ermeſſen/</l><lb/> <l>Der ihm hoͤchſt-ſchmertzlich ſcheint/ und in dem gantzen Reich</l><lb/> <l>Ein Beyleid hat erweckt; Auff Schweſtern! ſtim̃t zugleich</l><lb/> <l>Die Leyr/ laſt uns den Ruhm der Werthſten nicht vergeſſen.</l><lb/> <l>Die Thraͤnen trocknen nicht/ ſo ihr dem Grabe weyht/</l><lb/> <l>Es wil den Trauer-Klang das Echo hoch erheben/</l><lb/> <l>Und durch den Lorbeer-Wald dreyfaͤltig wiedergeben</l><lb/> <l>Des Pindus Blumenſtehn vor Wehmuth wie beſchneyt.</l><lb/> <l>Ach Schweſtern! ach beklagt die Sonne von den Frauen/</l><lb/> <l>Bey der Zucht/ Adel/ Witz und Keuſchheit war zu ſchauen!</l> </lg><lb/> <lg> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Melpomene.</hi> </hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">W</hi>Ich duͤnckt ich ſehe noch die halb gebrochnen Blicke/</l><lb/> <l>So auffdes Liebſten Seel als Pfeile giengen loß;</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">G g g</fw> <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [97/0329]
Leichen-Gedichte.
Wie viel elende Naͤcht’ und Tage ſie gelitten/
Wie offt der Kranckheit Schmertz den matten Leib geplagt/
Und wie ihr Mutter-Hertz der Kummer hat beſtritten/
Jſt ſattſam an dem Licht/ und unnoth daß mans ſagt.
Nun hat ſie obgeſiegt/ ihr iſt der Kampff gelungen/
Weil Glauben und Gedult als Waffen ſie gefuͤhrt/
Und mit durch Noth und Tod hertzhafftig durchgedrungen/
Daß ihre Scheitel nun die Ehren-Krone ziert.
Das kan/ Betruͤbte/ noch zum ſchoͤnſten Beyſpiel nuͤtzen/
Jhr Alter wird euch auch ein Tugend-Spiegel ſeyn/
Und Stralen guter Zucht in eure Hertzen blitzen/
Und in der Seelen Grund ihr Denckmahl ſencken ein.
Was wolt ihr viel das Grab mit tauſeud Thraͤnen waſchen?
Wer ſo den Lauff vollbracht/ dem rufft man mehr Gluͤck zu!
Ruͤhmt eurer Mutter Treu/ und ehrt den Reſt der Aſchen/
Biß daß euch GOttes Schluß rufft zu dergleichen Ruh.
Thraͤnen der Muſen
Zu Ehren Fr. U. M. v. A. g. v. K. geheiliget
den 23. Aug. 1671.
Calliope.
DEckt/ Schweſtern/ euer Haupt mit blaſſen Leid-Cypreſſē/
Denckt auff ein Klage-Lied/ das Felſen machet weich/
Denn eure Luſt und Zier iſt nunmehr kalt und bleich/
Ja von dem grimmen Raub des Todes auffgefreſſen.
Apollo unſer Fuͤrſt kan nicht den Fall ermeſſen/
Der ihm hoͤchſt-ſchmertzlich ſcheint/ und in dem gantzen Reich
Ein Beyleid hat erweckt; Auff Schweſtern! ſtim̃t zugleich
Die Leyr/ laſt uns den Ruhm der Werthſten nicht vergeſſen.
Die Thraͤnen trocknen nicht/ ſo ihr dem Grabe weyht/
Es wil den Trauer-Klang das Echo hoch erheben/
Und durch den Lorbeer-Wald dreyfaͤltig wiedergeben
Des Pindus Blumenſtehn vor Wehmuth wie beſchneyt.
Ach Schweſtern! ach beklagt die Sonne von den Frauen/
Bey der Zucht/ Adel/ Witz und Keuſchheit war zu ſchauen!
Melpomene.
WIch duͤnckt ich ſehe noch die halb gebrochnen Blicke/
So auffdes Liebſten Seel als Pfeile giengen loß;
Jch
G g g
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |