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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Peruanische Granadille/
Bey seel. Absterben Fr. S. C. G. g. Z. abge-
bildet/ den 13. Martii 1673.
ES scheinet ungereimt/ daß ich will Blumen briugen/
Da ihr mit Asch und Staub/ Betrübtste/ seyd be-
streut.

Ein Hauß/ in dem sonst nichts als Todten-Glocken
klingen/

Wird von deß Frühlings-Schmuck und Bildern nicht
erfreut.

Alleine diese Blum hat diß zum Eigenthume/
Daß sie deß HErren Pein und Marter sichtbar weist/
Blat/ Stängel/ Blüth/ und Cron zeigt was zu seinem Ruhme/
Jn dem es Striem und Blut zu bilden sich befleist.
Drumb last nur/ Traurigste/ die heilge Granadille/
Weil des Gecreutzigten Gedächtnüß wird gefeyrt/
Ein solches Vorbild seyn/ das eure Wunden stille/
Das Ach und Seufftzen wehrt/ den bittren Thränen steurt.
Jhr unbeflecktes Kleid blüht als die weissen Rosen/
Die höchste Reinigkeit damit zu stellen für/
Weil der Unschuldigste vor unsre Schuld muß losen/
Und ein Vertilger seyn der sündlichen Begier.
Die in dem Umbkreiß stehn mit Blut besprengte Blätter/
Sind Zeugen/ daß der Leib deß Heylands Blut geschwitzt/
Als unsrer Sterbligkeit höchst-heiliger Erretter/
Dort am Oliven-Berg der Menschen Heil beschützt.
Die drauf erwachßne Seul in der berühmten Pflantze/
Mahlt uns die Seulen ab/ wo er gegeisselt ward/
Drey Aestlein so entstehn auß dem geflochtnen Krantze/
Sind der drey Nägel Bild/ der Dornen Kronen Art.
Die zarten Fäserlein so umb die Blätter spielen/
Die Geisseln/ so den Leib deß Leidenden zerkerbt.
Könt auch was herrlichers wol die Natur erzielen/
Als daß sie ihre Blum mit solchem Anblick färbt?
So gar muß die Natur ein Bild der Wunder werden/
Das groß Erlösungs-Werck damit zu deuten an:
Wie sich der Himmel hat verbunden mit der Erden/
Und der befreyte Mensch vor GOtt bestehen kan.
Ach
Leichen-Gedichte.
Peruaniſche Granadille/
Bey ſeel. Abſterben Fr. S. C. G. g. Z. abge-
bildet/ den 13. Martii 1673.
ES ſcheinet ungereimt/ daß ich will Blumen briugen/
Da ihr mit Aſch und Staub/ Betruͤbtſte/ ſeyd be-
ſtreut.

Ein Hauß/ in dem ſonſt nichts als Todten-Glocken
klingen/

Wird von deß Fruͤhlings-Schmuck und Bildern nicht
erfreut.

Alleine dieſe Blum hat diß zum Eigenthume/
Daß ſie deß HErren Pein und Marter ſichtbar weiſt/
Blat/ Staͤngel/ Bluͤth/ und Cron zeigt was zu ſeinem Ruhme/
Jn dem es Striem und Blut zu bilden ſich befleiſt.
Drumb laſt nur/ Traurigſte/ die heilge Granadille/
Weil des Gecreutzigten Gedaͤchtnuͤß wird gefeyrt/
Ein ſolches Vorbild ſeyn/ das eure Wunden ſtille/
Das Ach und Seufftzen wehrt/ den bittren Thraͤnen ſteurt.
Jhr unbeflecktes Kleid bluͤht als die weiſſen Roſen/
Die hoͤchſte Reinigkeit damit zu ſtellen fuͤr/
Weil der Unſchuldigſte vor unſre Schuld muß loſen/
Und ein Vertilger ſeyn der ſuͤndlichen Begier.
Die in dem Umbkreiß ſtehn mit Blut beſprengte Blaͤtter/
Sind Zeugen/ daß der Leib deß Heylands Blut geſchwitzt/
Als unſrer Sterbligkeit hoͤchſt-heiliger Erretter/
Dort am Oliven-Berg der Menſchen Heil beſchuͤtzt.
Die drauf erwachßne Seul in der beruͤhmten Pflantze/
Mahlt uns die Seulen ab/ wo er gegeiſſelt ward/
Drey Aeſtlein ſo entſtehn auß dem geflochtnen Krantze/
Sind der drey Naͤgel Bild/ der Dornen Kronen Art.
Die zarten Faͤſerlein ſo umb die Blaͤtter ſpielen/
Die Geiſſeln/ ſo den Leib deß Leidenden zerkerbt.
Koͤnt auch was herꝛlichers wol die Natur erzielen/
Als daß ſie ihre Blum mit ſolchem Anblick faͤrbt?
So gar muß die Natur ein Bild der Wunder werden/
Das groß Erloͤſungs-Werck damit zu deuten an:
Wie ſich der Himmel hat verbunden mit der Erden/
Und der befreyte Menſch vor GOtt beſtehen kan.
Ach
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[140/0372] Leichen-Gedichte. Peruaniſche Granadille/ Bey ſeel. Abſterben Fr. S. C. G. g. Z. abge- bildet/ den 13. Martii 1673. ES ſcheinet ungereimt/ daß ich will Blumen briugen/ Da ihr mit Aſch und Staub/ Betruͤbtſte/ ſeyd be- ſtreut. Ein Hauß/ in dem ſonſt nichts als Todten-Glocken klingen/ Wird von deß Fruͤhlings-Schmuck und Bildern nicht erfreut. Alleine dieſe Blum hat diß zum Eigenthume/ Daß ſie deß HErren Pein und Marter ſichtbar weiſt/ Blat/ Staͤngel/ Bluͤth/ und Cron zeigt was zu ſeinem Ruhme/ Jn dem es Striem und Blut zu bilden ſich befleiſt. Drumb laſt nur/ Traurigſte/ die heilge Granadille/ Weil des Gecreutzigten Gedaͤchtnuͤß wird gefeyrt/ Ein ſolches Vorbild ſeyn/ das eure Wunden ſtille/ Das Ach und Seufftzen wehrt/ den bittren Thraͤnen ſteurt. Jhr unbeflecktes Kleid bluͤht als die weiſſen Roſen/ Die hoͤchſte Reinigkeit damit zu ſtellen fuͤr/ Weil der Unſchuldigſte vor unſre Schuld muß loſen/ Und ein Vertilger ſeyn der ſuͤndlichen Begier. Die in dem Umbkreiß ſtehn mit Blut beſprengte Blaͤtter/ Sind Zeugen/ daß der Leib deß Heylands Blut geſchwitzt/ Als unſrer Sterbligkeit hoͤchſt-heiliger Erretter/ Dort am Oliven-Berg der Menſchen Heil beſchuͤtzt. Die drauf erwachßne Seul in der beruͤhmten Pflantze/ Mahlt uns die Seulen ab/ wo er gegeiſſelt ward/ Drey Aeſtlein ſo entſtehn auß dem geflochtnen Krantze/ Sind der drey Naͤgel Bild/ der Dornen Kronen Art. Die zarten Faͤſerlein ſo umb die Blaͤtter ſpielen/ Die Geiſſeln/ ſo den Leib deß Leidenden zerkerbt. Koͤnt auch was herꝛlichers wol die Natur erzielen/ Als daß ſie ihre Blum mit ſolchem Anblick faͤrbt? So gar muß die Natur ein Bild der Wunder werden/ Das groß Erloͤſungs-Werck damit zu deuten an: Wie ſich der Himmel hat verbunden mit der Erden/ Und der befreyte Menſch vor GOtt beſtehen kan. Ach

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/372>, abgerufen am 22.11.2024.