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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Heilsame Myrrhen/
Bey Beerdigung Fr. S. R. g. S. den 26.
Martii 1674.
SO hast du/ Selige/ dein Vaterland gefunden/
Das Littaus Gräntze nicht/ noch Polen geben kan?
Die Windeln haben dich in Wildau zwar gebunden/
Und Thoren nahm dich drauff als eine Freundin
an.

Gantz Polen stund erfreut ob deinen Hochzeit-Kertzen/
Wiewol des Todes Grimm sie allzufrüh verlescht.
Ja des Verhängnüß Schluß hieß dich nach Franckfurt stertzen/
Das unser Oderstrom mit seinen Wellen wäscht.
Auch diese Pilgramschafft nahm ein geschwindes Ende.
Wer leugnet/ daß der Mensch ein Gauckelspiel der Zeit?
Als Polen ward verheert durch Kriege/ Mord/ und Brände/
Hat Breßlau dir zuletzt den Lebens-Sitz bereit.
Ach stete Pilgramin auf diesem Rund der Erden!
Dein Wandel hat gelehrt/ daß hier kein bleiben sey:
Daß wir als Frembdlinge bald auffgejaget werden/
Palläst und Städte nur ein öde Wüsteney:
Wie unsers Lebens-Lauff gar eine schwere Reise/
Da Trübsal und Gefahr jedwede Stunde blüth:
Da Thränen seyn der Tranck/ und Hertzens-Angst die Speise/
Biß uns mit seinem Garn der blasse Tod bezieht.
Standhaffte Wanderin! die sich ließ nichts verwirren/
Ob manch betrübter Tag das Leben dir vergällt:
Du siehst nun unter dir die Berge voller Myrrhen/
Und hast auff die zugleich dein gantzes Thun gestellt.
Jch meine nicht der Welt gehäuffte Bitterkeiten/
Die ihren Siegern auch/ wie Rom/ nur Wermuth schenckt:
Nein/ ach Erblaste/ nein! Du ruhst an JEsus Seiten/
Sein Püschel Myrrhen ist umb deine Brust gehenckt.
Du Sulamithin ruffst: Mein Liebster ist wie Myrrhen/
Jch muß zu diesem Berg und Weyrauch-Hügeln gehn:
Er klopfft mir an das Hertz: in meinen Angst-Geschirren
Seh' ich den Perlen-Thau von seinen Fingern stehn.
Wie frölich brechen mir/ gleich in der Marter-Wochen/
Die Augen/ da mein GOtt stirbt für der Erden Heil.
Jch
Leichen-Gedichte.
Heilſame Myrrhen/
Bey Beerdigung Fr. S. R. g. S. den 26.
Martii 1674.
SO haſt du/ Selige/ dein Vaterland gefunden/
Das Littaus Graͤntze nicht/ noch Polen geben kan?
Die Windeln haben dich in Wildau zwar gebunden/
Und Thoren nahm dich drauff als eine Freundin
an.

Gantz Polen ſtund erfreut ob deinen Hochzeit-Kertzen/
Wiewol des Todes Grimm ſie allzufruͤh verleſcht.
Ja des Verhaͤngnuͤß Schluß hieß dich nach Franckfurt ſtertzen/
Das unſer Oderſtrom mit ſeinen Wellen waͤſcht.
Auch dieſe Pilgramſchafft nahm ein geſchwindes Ende.
Wer leugnet/ daß der Menſch ein Gauckelſpiel der Zeit?
Als Polen ward verheert durch Kriege/ Mord/ und Braͤnde/
Hat Breßlau dir zuletzt den Lebens-Sitz bereit.
Ach ſtete Pilgramin auf dieſem Rund der Erden!
Dein Wandel hat gelehrt/ daß hier kein bleiben ſey:
Daß wir als Frembdlinge bald auffgejaget werden/
Pallaͤſt und Staͤdte nur ein oͤde Wuͤſteney:
Wie unſers Lebens-Lauff gar eine ſchwere Reiſe/
Da Truͤbſal und Gefahr jedwede Stunde bluͤth:
Da Thraͤnen ſeyn der Tranck/ und Hertzens-Angſt die Speiſe/
Biß uns mit ſeinem Garn der blaſſe Tod bezieht.
Standhaffte Wanderin! die ſich ließ nichts verwirren/
Ob manch betruͤbter Tag das Leben dir vergaͤllt:
Du ſiehſt nun unter dir die Berge voller Myrrhen/
Und haſt auff die zugleich dein gantzes Thun geſtellt.
Jch meine nicht der Welt gehaͤuffte Bitterkeiten/
Die ihren Siegern auch/ wie Rom/ nur Wermuth ſchenckt:
Nein/ ach Erblaſte/ nein! Du ruhſt an JEſus Seiten/
Sein Puͤſchel Myrrhen iſt umb deine Bruſt gehenckt.
Du Sulamithin ruffſt: Mein Liebſter iſt wie Myrrhen/
Jch muß zu dieſem Berg und Weyrauch-Huͤgeln gehn:
Er klopfft mir an das Hertz: in meinen Angſt-Geſchirren
Seh’ ich den Perlen-Thau von ſeinen Fingern ſtehn.
Wie froͤlich brechen mir/ gleich in der Marter-Wochen/
Die Augen/ da mein GOtt ſtirbt fuͤr der Erden Heil.
Jch
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[171/0403] Leichen-Gedichte. Heilſame Myrrhen/ Bey Beerdigung Fr. S. R. g. S. den 26. Martii 1674. SO haſt du/ Selige/ dein Vaterland gefunden/ Das Littaus Graͤntze nicht/ noch Polen geben kan? Die Windeln haben dich in Wildau zwar gebunden/ Und Thoren nahm dich drauff als eine Freundin an. Gantz Polen ſtund erfreut ob deinen Hochzeit-Kertzen/ Wiewol des Todes Grimm ſie allzufruͤh verleſcht. Ja des Verhaͤngnuͤß Schluß hieß dich nach Franckfurt ſtertzen/ Das unſer Oderſtrom mit ſeinen Wellen waͤſcht. Auch dieſe Pilgramſchafft nahm ein geſchwindes Ende. Wer leugnet/ daß der Menſch ein Gauckelſpiel der Zeit? Als Polen ward verheert durch Kriege/ Mord/ und Braͤnde/ Hat Breßlau dir zuletzt den Lebens-Sitz bereit. Ach ſtete Pilgramin auf dieſem Rund der Erden! Dein Wandel hat gelehrt/ daß hier kein bleiben ſey: Daß wir als Frembdlinge bald auffgejaget werden/ Pallaͤſt und Staͤdte nur ein oͤde Wuͤſteney: Wie unſers Lebens-Lauff gar eine ſchwere Reiſe/ Da Truͤbſal und Gefahr jedwede Stunde bluͤth: Da Thraͤnen ſeyn der Tranck/ und Hertzens-Angſt die Speiſe/ Biß uns mit ſeinem Garn der blaſſe Tod bezieht. Standhaffte Wanderin! die ſich ließ nichts verwirren/ Ob manch betruͤbter Tag das Leben dir vergaͤllt: Du ſiehſt nun unter dir die Berge voller Myrrhen/ Und haſt auff die zugleich dein gantzes Thun geſtellt. Jch meine nicht der Welt gehaͤuffte Bitterkeiten/ Die ihren Siegern auch/ wie Rom/ nur Wermuth ſchenckt: Nein/ ach Erblaſte/ nein! Du ruhſt an JEſus Seiten/ Sein Puͤſchel Myrrhen iſt umb deine Bruſt gehenckt. Du Sulamithin ruffſt: Mein Liebſter iſt wie Myrrhen/ Jch muß zu dieſem Berg und Weyrauch-Huͤgeln gehn: Er klopfft mir an das Hertz: in meinen Angſt-Geſchirren Seh’ ich den Perlen-Thau von ſeinen Fingern ſtehn. Wie froͤlich brechen mir/ gleich in der Marter-Wochen/ Die Augen/ da mein GOtt ſtirbt fuͤr der Erden Heil. Jch

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/403>, abgerufen am 22.11.2024.