Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Hier seh' ich meinen Sarg! Sey tausendmahl gegrüsset Du letzt- und bestes Hauß/ das mein Gebein beschleust; Jch fühle wie den Kampff des Todes mir versüsset Mein Heiland/ der ein Fürst des Lebens ist und heist. Der Kirchen Andacht ehrt jetzt die hoch-heil'gen Krippen/ Da ich Weihnachten gleich im Himmel halten sol! Jch wil mit vollem Mund' und Danck-verpflichten Lippen Ein Halleluja schreyn: Der HErr macht alles wol! Weint doch Geliebte nicht/ jetzt hab' ich überwunden/ Jhr wallet auff der See/ ich lauff' in Hafen ein/ Nach hartem Streit und Kampff hab' ich die Krone funden/ Die von GOtt beygelegt wird den Gerechten seyn. Stadt/ Rathhauß/ gute Nacht/ ich mag nicht weiter sorgen/ Des Höchsten Sorge schweb' ob dem gemeinen Heil; Und seine Güt' und Treu verneu' sich alle Morgen/ Er wende gnädig ab des Krieges Donner-Keil. Mein Ehschatz gute Nacht. Dein' Ehre/ Treu und Liebe Rühm ich nochsterbender so viel ich rühmen kan/ Du hasts umb mich verdient/ daß man ein Lob dir schriebe/ Das auch die Nach-Welt zög' als ein Exempel an. Mein eintzig Augen-Trost/ du Aertztin meiner Tage/ Und treue Pflegerin/ stell' jetzt das weinen ein/ Verzehre nicht den Geist in Kummer-reicher Klage/ Der Schluß ist Eisen-hart: Es muß geschieden seyn! Es wird dich meine Hand nicht mehr in Garten leiten/ Des Jahres grüne Lust und Blumen anzuschaun/ Bis du im Paradies mir wieder stehst zur Seiten/ Und GOttes Seegen wird auff unsre Scheitel thaun. Mit dreymal grössrer Freud wil ich dich da umbfangen/ Als dreymal grossem Leid ich dich jetzt lassen muß. Der Höchste segne dich/ mein eintziges Verlangen/ Mein ander Hertz/ Ade! Diß ist der letzte Kuß! Nun ruh' ich/ stört mich nicht: Jch seh den Himmel offen! Jn deine Hände/ HErr/ befehl ich meinen Geist/ Der Helden Licht und Trost/ und aller Christen hoffen/ HErr JEsu/ nimm mich auff und sey von mir gepreist. Der
Leichen-Gedichte. Hier ſeh’ ich meinen Sarg! Sey tauſendmahl gegruͤſſet Du letzt- und beſtes Hauß/ das mein Gebein beſchleuſt; Jch fuͤhle wie den Kampff des Todes mir verſuͤſſet Mein Heiland/ der ein Fuͤrſt des Lebens iſt und heiſt. Der Kirchen Andacht ehrt jetzt die hoch-heil’gen Krippen/ Da ich Weihnachten gleich im Himmel halten ſol! Jch wil mit vollem Mund’ und Danck-verpflichten Lippen Ein Halleluja ſchreyn: Der HErr macht alles wol! Weint doch Geliebte nicht/ jetzt hab’ ich uͤberwunden/ Jhr wallet auff der See/ ich lauff’ in Hafen ein/ Nach hartem Streit und Kampff hab’ ich die Krone funden/ Die von GOtt beygelegt wird den Gerechten ſeyn. Stadt/ Rathhauß/ gute Nacht/ ich mag nicht weiter ſorgen/ Des Hoͤchſten Sorge ſchweb’ ob dem gemeinen Heil; Und ſeine Guͤt’ und Treu verneu’ ſich alle Morgen/ Er wende gnaͤdig ab des Krieges Donner-Keil. Mein Ehſchatz gute Nacht. Dein’ Ehre/ Treu und Liebe Ruͤhm ich nochſterbender ſo viel ich ruͤhmen kan/ Du haſts umb mich verdient/ daß man ein Lob dir ſchriebe/ Das auch die Nach-Welt zoͤg’ als ein Exempel an. Mein eintzig Augen-Troſt/ du Aertztin meiner Tage/ Und treue Pflegerin/ ſtell’ jetzt das weinen ein/ Verzehre nicht den Geiſt in Kummer-reicher Klage/ Der Schluß iſt Eiſen-hart: Es muß geſchieden ſeyn! Es wird dich meine Hand nicht mehr in Garten leiten/ Des Jahres gruͤne Luſt und Blumen anzuſchaun/ Bis du im Paradies mir wieder ſtehſt zur Seiten/ Und GOttes Seegen wird auff unſre Scheitel thaun. Mit dreymal groͤſſrer Freud wil ich dich da umbfangen/ Als dreymal groſſem Leid ich dich jetzt laſſen muß. Der Hoͤchſte ſegne dich/ mein eintziges Verlangen/ Mein ander Hertz/ Ade! Diß iſt der letzte Kuß! Nun ruh’ ich/ ſtoͤrt mich nicht: Jch ſeh den Himmel offen! Jn deine Haͤnde/ HErr/ befehl ich meinen Geiſt/ Der Helden Licht und Troſt/ und aller Chriſten hoffen/ HErr JEſu/ nimm mich auff und ſey von mir gepreiſt. Der
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Leichen-Gedichte.
Hier ſeh’ ich meinen Sarg! Sey tauſendmahl gegruͤſſet
Du letzt- und beſtes Hauß/ das mein Gebein beſchleuſt;
Jch fuͤhle wie den Kampff des Todes mir verſuͤſſet
Mein Heiland/ der ein Fuͤrſt des Lebens iſt und heiſt.
Der Kirchen Andacht ehrt jetzt die hoch-heil’gen Krippen/
Da ich Weihnachten gleich im Himmel halten ſol!
Jch wil mit vollem Mund’ und Danck-verpflichten Lippen
Ein Halleluja ſchreyn: Der HErr macht alles wol!
Weint doch Geliebte nicht/ jetzt hab’ ich uͤberwunden/
Jhr wallet auff der See/ ich lauff’ in Hafen ein/
Nach hartem Streit und Kampff hab’ ich die Krone funden/
Die von GOtt beygelegt wird den Gerechten ſeyn.
Stadt/ Rathhauß/ gute Nacht/ ich mag nicht weiter ſorgen/
Des Hoͤchſten Sorge ſchweb’ ob dem gemeinen Heil;
Und ſeine Guͤt’ und Treu verneu’ ſich alle Morgen/
Er wende gnaͤdig ab des Krieges Donner-Keil.
Mein Ehſchatz gute Nacht. Dein’ Ehre/ Treu und Liebe
Ruͤhm ich nochſterbender ſo viel ich ruͤhmen kan/
Du haſts umb mich verdient/ daß man ein Lob dir ſchriebe/
Das auch die Nach-Welt zoͤg’ als ein Exempel an.
Mein eintzig Augen-Troſt/ du Aertztin meiner Tage/
Und treue Pflegerin/ ſtell’ jetzt das weinen ein/
Verzehre nicht den Geiſt in Kummer-reicher Klage/
Der Schluß iſt Eiſen-hart: Es muß geſchieden ſeyn!
Es wird dich meine Hand nicht mehr in Garten leiten/
Des Jahres gruͤne Luſt und Blumen anzuſchaun/
Bis du im Paradies mir wieder ſtehſt zur Seiten/
Und GOttes Seegen wird auff unſre Scheitel thaun.
Mit dreymal groͤſſrer Freud wil ich dich da umbfangen/
Als dreymal groſſem Leid ich dich jetzt laſſen muß.
Der Hoͤchſte ſegne dich/ mein eintziges Verlangen/
Mein ander Hertz/ Ade! Diß iſt der letzte Kuß!
Nun ruh’ ich/ ſtoͤrt mich nicht: Jch ſeh den Himmel offen!
Jn deine Haͤnde/ HErr/ befehl ich meinen Geiſt/
Der Helden Licht und Troſt/ und aller Chriſten hoffen/
HErr JEſu/ nimm mich auff und ſey von mir gepreiſt.
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