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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Die in beständiger Gedult erseufftzete Todtes-
Stunde/
Herrn C. G. des R. den 24. Febr. 1675.
SO hat nun die Gedult Herr Grundmanns über-
wunden/

Jn welcher er den Grund des Glaubens hat gelegt:
So brechen nunmehr an die höchst- erwünschte Stun-
den/

Daß man den müden Leib zu seiner Ruhe trägt.
Er wuste/ daß er nur im Staube war gegründet/
Und daß sein leimen Haus nicht ewig könte stehn.
Drumb rieff er/ von der Glut des Himmels angezündet:
HErr/ laß doch deinen Knecht aus diesem Kercker gehn!
Je mehr der Schmertzen Qual den siechen Leib umbgeben/
Je feuriger sein Geist den Sternen sich genaht/
Und da kein Mittel mehr/ die Kranckheit zuerheben/
Floh' er zu seinem GOtt als Vater/ Artzt/ und Rath.
Des muden Alters Last/ die abgeschwächten Glieder/
Die Adern ohne Safft/ die trockene Gebein'/
Und gantz entkräffte Krafft rieß nie den Glauben nieder/
Der mitten in der Noth must Uberwinder seyn.
Die edle Palme wird von keiner Bürde sincken/
Jhr grüner Gipfel steigt anmutiger empor.
Ein Fels/ und muß er gleich den Schaum deß Meeres trincken/
Weist dennoch unbewegt sein steinern Haupt hervor.
Mit solcher Palmen Art/ und Felsen-gleichem Muthe
War in dem grimmen Schmertz Herr Grundman auß-
gerüst.

Er küste mit Gedult des Höchsten Zucht und Ruthe/
Die seiner Lieb und Treu ein kundbar Zeichen ist.
Der vielen Jahre Lauff und Wechselgang der Zeiten
Hatt' ihn schon längst belehrt was lange leben sey.
Nichts als ein langer Kampff/ mit Fleisch und Blut zu streiten.
Und seine Herrligkeit ein albre Gauckeley.
Er sah' auch daß er hier auf nichts sich konte gründen/
Der Gliederbau zerfällt/ der Ehre Licht verglimmt/
Die Güter deß Gelücks sind weiter nicht als Binden/
Worinn der Geist verwirrt/ fast zu sich selbst nicht kömmt.
Und
Leichen-Gedichte.
Die in beſtaͤndiger Gedult erſeufftzete Todtes-
Stunde/
Herrn C. G. des R. den 24. Febr. 1675.
SO hat nun die Gedult Herr Grundmanns uͤber-
wunden/

Jn welcher er den Grund des Glaubens hat gelegt:
So brechen nunmehr an die hoͤchſt- erwuͤnſchte Stun-
den/

Daß man den muͤden Leib zu ſeiner Ruhe traͤgt.
Er wuſte/ daß er nur im Staube war gegruͤndet/
Und daß ſein leimen Haus nicht ewig koͤnte ſtehn.
Drumb rieff er/ von der Glut des Himmels angezuͤndet:
HErꝛ/ laß doch deinen Knecht aus dieſem Kercker gehn!
Je mehr der Schmertzen Qual den ſiechen Leib umbgeben/
Je feuriger ſein Geiſt den Sternen ſich genaht/
Und da kein Mittel mehr/ die Kranckheit zuerheben/
Floh’ er zu ſeinem GOtt als Vater/ Artzt/ und Rath.
Des muden Alters Laſt/ die abgeſchwaͤchten Glieder/
Die Adern ohne Safft/ die trockene Gebein’/
Und gantz entkraͤffte Krafft rieß nie den Glauben nieder/
Der mitten in der Noth muſt Uberwinder ſeyn.
Die edle Palme wird von keiner Buͤrde ſincken/
Jhr gruͤner Gipfel ſteigt anmutiger empor.
Ein Fels/ und muß er gleich den Schaum deß Meeres trincken/
Weiſt dennoch unbewegt ſein ſteinern Haupt hervor.
Mit ſolcher Palmen Art/ und Felſen-gleichem Muthe
War in dem grimmen Schmertz Herr Grundman auß-
geruͤſt.

Er kuͤſte mit Gedult des Hoͤchſten Zucht und Ruthe/
Die ſeiner Lieb und Treu ein kundbar Zeichen iſt.
Der vielen Jahre Lauff und Wechſelgang der Zeiten
Hatt’ ihn ſchon laͤngſt belehrt was lange leben ſey.
Nichts als ein langer Kampff/ mit Fleiſch und Blut zu ſtreiten.
Und ſeine Herꝛligkeit ein albre Gauckeley.
Er ſah’ auch daß er hier auf nichts ſich konte gruͤnden/
Der Gliederbau zerfaͤllt/ der Ehre Licht verglimmt/
Die Guͤter deß Geluͤcks ſind weiter nicht als Binden/
Worinn der Geiſt verwirrt/ faſt zu ſich ſelbſt nicht koͤmmt.
Und
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[206/0438] Leichen-Gedichte. Die in beſtaͤndiger Gedult erſeufftzete Todtes- Stunde/ Herrn C. G. des R. den 24. Febr. 1675. SO hat nun die Gedult Herr Grundmanns uͤber- wunden/ Jn welcher er den Grund des Glaubens hat gelegt: So brechen nunmehr an die hoͤchſt- erwuͤnſchte Stun- den/ Daß man den muͤden Leib zu ſeiner Ruhe traͤgt. Er wuſte/ daß er nur im Staube war gegruͤndet/ Und daß ſein leimen Haus nicht ewig koͤnte ſtehn. Drumb rieff er/ von der Glut des Himmels angezuͤndet: HErꝛ/ laß doch deinen Knecht aus dieſem Kercker gehn! Je mehr der Schmertzen Qual den ſiechen Leib umbgeben/ Je feuriger ſein Geiſt den Sternen ſich genaht/ Und da kein Mittel mehr/ die Kranckheit zuerheben/ Floh’ er zu ſeinem GOtt als Vater/ Artzt/ und Rath. Des muden Alters Laſt/ die abgeſchwaͤchten Glieder/ Die Adern ohne Safft/ die trockene Gebein’/ Und gantz entkraͤffte Krafft rieß nie den Glauben nieder/ Der mitten in der Noth muſt Uberwinder ſeyn. Die edle Palme wird von keiner Buͤrde ſincken/ Jhr gruͤner Gipfel ſteigt anmutiger empor. Ein Fels/ und muß er gleich den Schaum deß Meeres trincken/ Weiſt dennoch unbewegt ſein ſteinern Haupt hervor. Mit ſolcher Palmen Art/ und Felſen-gleichem Muthe War in dem grimmen Schmertz Herr Grundman auß- geruͤſt. Er kuͤſte mit Gedult des Hoͤchſten Zucht und Ruthe/ Die ſeiner Lieb und Treu ein kundbar Zeichen iſt. Der vielen Jahre Lauff und Wechſelgang der Zeiten Hatt’ ihn ſchon laͤngſt belehrt was lange leben ſey. Nichts als ein langer Kampff/ mit Fleiſch und Blut zu ſtreiten. Und ſeine Herꝛligkeit ein albre Gauckeley. Er ſah’ auch daß er hier auf nichts ſich konte gruͤnden/ Der Gliederbau zerfaͤllt/ der Ehre Licht verglimmt/ Die Guͤter deß Geluͤcks ſind weiter nicht als Binden/ Worinn der Geiſt verwirrt/ faſt zu ſich ſelbſt nicht koͤmmt. Und

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/438>, abgerufen am 24.11.2024.