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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Wird seine Farbe nicht vor andern hochgepriesen/
Weil offt die nahe Lufft den grünen Blitz nimmt an?
So grünt und blüht ihr Sohn die süssest' Augen-Weide/
Des Hertzens einzig Trost/ der muntren Jugend Preiß.
Es schien sein Lebens-Garn gewebt von reiner Seide/
Das Angesicht ein May und Freuden-Paradeiß.
Es pflegt in den Smaragd der Künstler Hand zu graben/
Hier pflantzte Tugenden der Lehrer Fleiß ihm ein/
Das Bildniß/ das er solt in Seel und Hertzen haben/
War/ daß er möchte gleich den Edlen Ahnen seyn:
Daß angeerbter Glantz samt eigner Tugend-Flammen
Steckt' ein verduppelt Licht der späten Nach-Welt auf;
Und brächte Stand und Witz/ Kunst und Vernunfft zusammen/
Wär' als ein Hercules in seinem Tugend-Lauff.
Der liebliche Smaragd wird in der Höh' gebohren
Und weil er kostbar ist von Greiffen wol verwacht;
Sie hat Wohl-Edle Frau noch Müh' noch Fleiß verlohren/
An nichts so auf der Welt/ als an den Sohn gedacht.
Vorhin war der Smaragd dem Gott Mercur geweyhet
Als der Beredsamkeit und holde Sitten schenckt:
Wie hat nicht dieser Sohn der Mutter Hertz erfreuet
Wenn er den edlen Sinn den Musen zugelenckt?
Worüber sie mehr Lust und Liebligkeit empfunden/
Als wenn durch den Smaragd der Nero Fechter schaut.
Und als durch Spiegel siht die aufgeschlitzten Wunden/
Aus denen frisches Blut den Purpur-Regen thaut.
Der herrliche Smaragd ist voller Krafft und Tugend/
Stärckt wunderlich das Hertz/ und wiedersteht der Gifft:
Voll Anmuth/ voller Geist war des Erblasten Jugend/
Die was behäglich heist und preißbar nur gestifft.
Es kan nicht der Smaragd so das Gesicht erquicken/
Als sich ob diesen Sohn ihr Auge hat ergetzt/
Den sie mie tausend Ach! itzt muß zu Grabe schlcken
Und aus den Augen zwar/ nicht aus dem Hertzen setzt.
Jhr kostbahrster Smaragd ist leider! nur zerbrochen/
Glantz/ Farbe/ Licht und Schein bedeckt die lange Nacht
Es hat der grimme Tod sein Siegel drein gestochen/
Der alle Sterblichen zu Staub und Asche macht.
Und ist es wunderns werth/ daß Menschen Leichen werden?
Zerspringt doch Klipp' und Felß/ und harter Marmelstein/
Wie
Leichen-Gedichte.
Wird ſeine Farbe nicht vor andern hochgeprieſen/
Weil offt die nahe Lufft den gruͤnen Blitz nimmt an?
So gruͤnt und bluͤht ihr Sohn die ſuͤſſeſt’ Augen-Weide/
Des Hertzens einzig Troſt/ der muntren Jugend Preiß.
Es ſchien ſein Lebens-Garn gewebt von reiner Seide/
Das Angeſicht ein May und Freuden-Paradeiß.
Es pflegt in den Smaragd der Kuͤnſtler Hand zu graben/
Hier pflantzte Tugenden der Lehrer Fleiß ihm ein/
Das Bildniß/ das er ſolt in Seel und Hertzen haben/
War/ daß er moͤchte gleich den Edlen Ahnen ſeyn:
Daß angeerbter Glantz ſamt eigner Tugend-Flammen
Steckt’ ein verduppelt Licht der ſpaͤten Nach-Welt auf;
Und braͤchte Stand und Witz/ Kunſt und Vernunfft zuſammen/
Waͤr’ als ein Hercules in ſeinem Tugend-Lauff.
Der liebliche Smaragd wird in der Hoͤh’ gebohren
Und weil er koſtbar iſt von Greiffen wol verwacht;
Sie hat Wohl-Edle Frau noch Muͤh’ noch Fleiß verlohren/
An nichts ſo auf der Welt/ als an den Sohn gedacht.
Vorhin war der Smaragd dem Gott Mercur geweyhet
Als der Beredſamkeit und holde Sitten ſchenckt:
Wie hat nicht dieſer Sohn der Mutter Hertz erfreuet
Wenn er den edlen Sinn den Muſen zugelenckt?
Woruͤber ſie mehr Luſt und Liebligkeit empfunden/
Als wenn durch den Smaragd der Nero Fechter ſchaut.
Und als durch Spiegel ſiht die aufgeſchlitzten Wunden/
Aus denen friſches Blut den Purpur-Regen thaut.
Der herrliche Smaragd iſt voller Krafft und Tugend/
Staͤrckt wunderlich das Hertz/ und wiederſteht der Gifft:
Voll Anmuth/ voller Geiſt war des Erblaſten Jugend/
Die was behaͤglich heiſt und preißbar nur geſtifft.
Es kan nicht der Smaragd ſo das Geſicht erquicken/
Als ſich ob dieſen Sohn ihr Auge hat ergetzt/
Den ſie mie tauſend Ach! itzt muß zu Grabe ſchlcken
Und aus den Augen zwar/ nicht aus dem Hertzen ſetzt.
Jhr koſtbahrſter Smaragd iſt leider! nur zerbrochen/
Glantz/ Farbe/ Licht und Schein bedeckt die lange Nacht
Es hat der grimme Tod ſein Siegel drein geſtochen/
Der alle Sterblichen zu Staub und Aſche macht.
Und iſt es wunderns werth/ daß Menſchen Leichen werden?
Zerſpringt doch Klipp’ und Felß/ und harter Marmelſtein/
Wie
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[306/0538] Leichen-Gedichte. Wird ſeine Farbe nicht vor andern hochgeprieſen/ Weil offt die nahe Lufft den gruͤnen Blitz nimmt an? So gruͤnt und bluͤht ihr Sohn die ſuͤſſeſt’ Augen-Weide/ Des Hertzens einzig Troſt/ der muntren Jugend Preiß. Es ſchien ſein Lebens-Garn gewebt von reiner Seide/ Das Angeſicht ein May und Freuden-Paradeiß. Es pflegt in den Smaragd der Kuͤnſtler Hand zu graben/ Hier pflantzte Tugenden der Lehrer Fleiß ihm ein/ Das Bildniß/ das er ſolt in Seel und Hertzen haben/ War/ daß er moͤchte gleich den Edlen Ahnen ſeyn: Daß angeerbter Glantz ſamt eigner Tugend-Flammen Steckt’ ein verduppelt Licht der ſpaͤten Nach-Welt auf; Und braͤchte Stand und Witz/ Kunſt und Vernunfft zuſammen/ Waͤr’ als ein Hercules in ſeinem Tugend-Lauff. Der liebliche Smaragd wird in der Hoͤh’ gebohren Und weil er koſtbar iſt von Greiffen wol verwacht; Sie hat Wohl-Edle Frau noch Muͤh’ noch Fleiß verlohren/ An nichts ſo auf der Welt/ als an den Sohn gedacht. Vorhin war der Smaragd dem Gott Mercur geweyhet Als der Beredſamkeit und holde Sitten ſchenckt: Wie hat nicht dieſer Sohn der Mutter Hertz erfreuet Wenn er den edlen Sinn den Muſen zugelenckt? Woruͤber ſie mehr Luſt und Liebligkeit empfunden/ Als wenn durch den Smaragd der Nero Fechter ſchaut. Und als durch Spiegel ſiht die aufgeſchlitzten Wunden/ Aus denen friſches Blut den Purpur-Regen thaut. Der herrliche Smaragd iſt voller Krafft und Tugend/ Staͤrckt wunderlich das Hertz/ und wiederſteht der Gifft: Voll Anmuth/ voller Geiſt war des Erblaſten Jugend/ Die was behaͤglich heiſt und preißbar nur geſtifft. Es kan nicht der Smaragd ſo das Geſicht erquicken/ Als ſich ob dieſen Sohn ihr Auge hat ergetzt/ Den ſie mie tauſend Ach! itzt muß zu Grabe ſchlcken Und aus den Augen zwar/ nicht aus dem Hertzen ſetzt. Jhr koſtbahrſter Smaragd iſt leider! nur zerbrochen/ Glantz/ Farbe/ Licht und Schein bedeckt die lange Nacht Es hat der grimme Tod ſein Siegel drein geſtochen/ Der alle Sterblichen zu Staub und Aſche macht. Und iſt es wunderns werth/ daß Menſchen Leichen werden? Zerſpringt doch Klipp’ und Felß/ und harter Marmelſtein/ Wie

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/538>, abgerufen am 22.11.2024.