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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Ehren-Ruhm/
Hn. M. C. O. D. E. den 21. August. 1678.
ACh theurer Seelen Artzt! Ach schallende Posaune!
Ach mehr als göldner Mund! so ists mit dir geschehn?
Jch weiß nicht was ich schreib'/ ich zittre und erstaune
Nun ich dich Sions Ruhm sol auf der Bahre sehn/
Unschätzbarer Verlust! Wenn solche Lichter sincken/
So glaubt/ daß eine Nacht voll Nebel uns erschreckt.
Wenn diese Ampeln nicht mehr in der Kirchen blincken/
So denckt daß Finsternüß uns aus Egypten deckt.
Wenn jetzt die Morgenröth im ersten Purpur kommen/
Und sagt den göldnen Tag mit frischen Rosen an;
Und drauf der Sonnen-Licht im Augenblick verglommen
Und schwartzer Wolcken-Dampfbezeucht der Erden Plan;
So steht die Welt bestürtzt. Die leichten Vogel schweigen/
Das stumme Wollen-Vieh vergiest sein Laub und Graß/
Ein banges Zittern rauscht in den begrünten Zweigen
Und Flora macht vor Leid die bunten Augen naß.
Nicht anders gehts mit dir/ du Stern gelehrter Geister/
Du Fackel/ die bißher zu aller Nutz gebrennt/
Du Kern der Wissenschafft/ und hoher Künste Meister
Nach dem du dich so früh'/ so früh! von uns getrennt.
Wie girrt nnd seufftzet nicht jetzt deine Kirchen-Heerde!
Wie sehnet sie sich nicht nach deinem Himmel-Brod!
Wie schreckt sie nicht die Post? Jhr Hirt ist Asch und Erde/
Der zu dem Leben wieß ist selbsten kalt und tod.
So schallt gemeines Leid. Was aber thun die jenen
Die deiner Tugend Ru m und Treffligkeit verstehn?
Verläst du nicht nach dir ein u ablässig Sehnen?
Und wünschen sie mit dir nicht in das Grab zu gehn?
Ach ja! die Tugend selbst betrauret deine Leiche/
Hier steht die Gottesfurcht/ dort Weisheit und Verstand:
Unb Demuth und Gedult die winden Lorber-Sträuche/
Worzu Beständigkeit schenckt ihren Diamant.
Jch seh umb deinen Sarg die Musen alle schweben
Weil du mit höchstem Ruhm ihr Führer kontest seyn.
Jch höre dieses Lob die gantze Stadt dir geben:
Der Kirche Trost und Zier deckt nun ein Leichen Stein.
Es
Leichen-Gedichte.
Ehren-Ruhm/
Hn. M. C. O. D. E. den 21. Auguſt. 1678.
ACh theurer Seelen Artzt! Ach ſchallende Poſaune!
Ach mehr als goͤldner Mund! ſo iſts mit dir geſchehn?
Jch weiß nicht was ich ſchreib’/ ich zittre und erſtaune
Nun ich dich Sions Ruhm ſol auf der Bahre ſehn/
Unſchaͤtzbarer Verluſt! Wenn ſolche Lichter ſincken/
So glaubt/ daß eine Nacht voll Nebel uns erſchreckt.
Wenn dieſe Ampeln nicht mehr in der Kirchen blincken/
So denckt daß Finſternuͤß uns aus Egypten deckt.
Wenn jetzt die Morgenroͤth im erſten Purpur kommen/
Und ſagt den goͤldnen Tag mit friſchen Roſen an;
Und drauf der Sonnen-Licht im Augenblick verglommen
Und ſchwartzer Wolcken-Dampfbezeucht der Erden Plan;
So ſteht die Welt beſtuͤrtzt. Die leichten Vogel ſchweigen/
Das ſtumme Wollen-Vieh vergieſt ſein Laub und Graß/
Ein banges Zittern rauſcht in den begruͤnten Zweigen
Und Flora macht vor Lěid die bunten Augen naß.
Nicht anders gehts mit dir/ du Stern gelehrter Geiſter/
Du Fackel/ die bißher zu aller Nutz gebrennt/
Du Kern der Wiſſenſchafft/ und hoher Kuͤnſte Meiſter
Nach dem du dich ſo fruͤh’/ ſo fruͤh! von uns getrennt.
Wie girrt nnd ſeufftzet nicht jetzt deine Kirchen-Heerde!
Wie ſehnet ſie ſich nicht nach deinem Himmel-Brod!
Wie ſchreckt ſie nicht die Poſt? Jhr Hirt iſt Aſch und Erde/
Der zu dem Leben wieß iſt ſelbſten kalt und tod.
So ſchallt gemeines Leid. Was aber thun die jenen
Die deiner Tugend Ru m und Treffligkeit verſtehn?
Verlaͤſt du nicht nach dir ein u ablaͤſſig Sehnen?
Und wuͤnſchen ſie mit dir nicht in das Grab zu gehn?
Ach ja! die Tugend ſelbſt betrauret deine Leiche/
Hier ſteht die Gottesfurcht/ dort Weisheit und Verſtand:
Unb Demuth und Gedult die winden Lorber-Straͤuche/
Worzu Beſtaͤndigkeit ſchenckt ihren Diamant.
Jch ſeh umb deinen Sarg die Muſen alle ſchweben
Weil du mit hoͤchſtem Ruhm ihr Fuͤhrer konteſt ſeyn.
Jch hoͤre dieſes Lob die gantze Stadt dir geben:
Der Kirche Troſt und Zier deckt nun ein Leichen Stein.
Es
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[346/0578] Leichen-Gedichte. Ehren-Ruhm/ Hn. M. C. O. D. E. den 21. Auguſt. 1678. ACh theurer Seelen Artzt! Ach ſchallende Poſaune! Ach mehr als goͤldner Mund! ſo iſts mit dir geſchehn? Jch weiß nicht was ich ſchreib’/ ich zittre und erſtaune Nun ich dich Sions Ruhm ſol auf der Bahre ſehn/ Unſchaͤtzbarer Verluſt! Wenn ſolche Lichter ſincken/ So glaubt/ daß eine Nacht voll Nebel uns erſchreckt. Wenn dieſe Ampeln nicht mehr in der Kirchen blincken/ So denckt daß Finſternuͤß uns aus Egypten deckt. Wenn jetzt die Morgenroͤth im erſten Purpur kommen/ Und ſagt den goͤldnen Tag mit friſchen Roſen an; Und drauf der Sonnen-Licht im Augenblick verglommen Und ſchwartzer Wolcken-Dampfbezeucht der Erden Plan; So ſteht die Welt beſtuͤrtzt. Die leichten Vogel ſchweigen/ Das ſtumme Wollen-Vieh vergieſt ſein Laub und Graß/ Ein banges Zittern rauſcht in den begruͤnten Zweigen Und Flora macht vor Lěid die bunten Augen naß. Nicht anders gehts mit dir/ du Stern gelehrter Geiſter/ Du Fackel/ die bißher zu aller Nutz gebrennt/ Du Kern der Wiſſenſchafft/ und hoher Kuͤnſte Meiſter Nach dem du dich ſo fruͤh’/ ſo fruͤh! von uns getrennt. Wie girrt nnd ſeufftzet nicht jetzt deine Kirchen-Heerde! Wie ſehnet ſie ſich nicht nach deinem Himmel-Brod! Wie ſchreckt ſie nicht die Poſt? Jhr Hirt iſt Aſch und Erde/ Der zu dem Leben wieß iſt ſelbſten kalt und tod. So ſchallt gemeines Leid. Was aber thun die jenen Die deiner Tugend Ru m und Treffligkeit verſtehn? Verlaͤſt du nicht nach dir ein u ablaͤſſig Sehnen? Und wuͤnſchen ſie mit dir nicht in das Grab zu gehn? Ach ja! die Tugend ſelbſt betrauret deine Leiche/ Hier ſteht die Gottesfurcht/ dort Weisheit und Verſtand: Unb Demuth und Gedult die winden Lorber-Straͤuche/ Worzu Beſtaͤndigkeit ſchenckt ihren Diamant. Jch ſeh umb deinen Sarg die Muſen alle ſchweben Weil du mit hoͤchſtem Ruhm ihr Fuͤhrer konteſt ſeyn. Jch hoͤre dieſes Lob die gantze Stadt dir geben: Der Kirche Troſt und Zier deckt nun ein Leichen Stein. Es

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/578>, abgerufen am 22.11.2024.