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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Citronen/
Bey Beerdigung Hn. S. S. M. D. ausge-
streuet/ den 14. Octobr. 1680.
JCh liefre deinem Grab/ mein Freund/ zu letzt Citronen/
Wer sucht bey tieffem Herbst der Tulipanen Zier?
Du Gart- und Blumen Herr/ bist würdig da zu wohnen
Wo aus den Gräbern auch ein Frühling sprost' herfür.
Selbst Flora geht bestürtzt in einem Trauer-Kleide
Sie weiß noch was du hast für Nutzen ihr geschafft.
Die Lust-Gefilde stehn als wie bereifft im Leyde
Daß ihr Erhalter ist so zeitlich weggerafft.
Was aber klaget doch das heil' ge Volck der Musen?
Merckt Phöbus sein Altar von alten Priestern bloß?
Wie/ oder seh ich schon mit Früchten Hesperthusen
Der drey gedritten Schaar anbiethen Kampff und Loß?
Ach ja/ was sollen sie doch Sterbe-Lieder singen?
Und Hippocrene sich mit Thränen schwellen an?
Sie wollen dir vielmehr Triumph-Gesänge bringen/
Daß unter deinen Fuß ist Noth und Tod gethan.
Nur/ weil du sie geehrt und mit erhitzten Sinnen
Den Künsten zugethan/ die Geister ausgeübt/
So dencken gleichfals auch die keuschen Castalinnen
Wie ihre Schuldigkeit ein würcklich Zeugnüß gibt.
Denn daß du viel gesehn/ gelesen und ersahren/
Viel hohe Schulen hast mit grossem Ruhm besucht/
Die Blüthen angelegt von den begrünten Jahren
Genoß gemeine Stadt nicht sonder Nutz und Frucht.
Allein jetzt sinnen sie dein Grabmal aus zuziehren/
Da drey Hesperides entgegen ihnen stehn;
Und melden daß die Pflicht für sie nur will gebühren
Daß Blumen vom Parnaß dein Lob doch nicht erhöhn.
Ja diese schencken dir so schön' als güldne Früchte/
Wo sind die Nymfen her? wo ist ihr Vaterland?
Göttinnen die ihr nie besuchet mein Gedichte
Gebt zu/ daß euch mein Reim macht etwas mehr bekandt.
Prangt Hesperthusa nicht mit Schalen von Pomrantzen?
Jst mit Limonien nicht Arethusa reich?
Die Aegle will hier bloß Citronen Bäume pflantzen/
Du werther Podalir zu schmücken deine Leich'.
Es
Leichen-Gedichte.
Citronen/
Bey Beerdigung Hn. S. S. M. D. ausge-
ſtreuet/ den 14. Octobr. 1680.
JCh liefre deinem Grab/ mein Freund/ zu letzt Citronen/
Wer ſucht bey tieffem Herbſt der Tulipanen Zier?
Du Gart- und Blumen Herr/ biſt wuͤrdig da zu wohnen
Wo aus den Graͤbern auch ein Fruͤhling ſproſt’ herfuͤr.
Selbſt Flora geht beſtuͤrtzt in einem Trauer-Kleide
Sie weiß noch was du haſt fuͤr Nutzen ihr geſchafft.
Die Luſt-Gefilde ſtehn als wie bereifft im Leyde
Daß ihr Erhalter iſt ſo zeitlich weggerafft.
Was aber klaget doch das heil’ ge Volck der Muſen?
Merckt Phoͤbus ſein Altar von alten Prieſtern bloß?
Wie/ oder ſeh ich ſchon mit Fruͤchten Heſperthuſen
Der drey gedritten Schaar anbiethen Kampff und Loß?
Ach ja/ was ſollen ſie doch Sterbe-Lieder ſingen?
Und Hippocrene ſich mit Thraͤnen ſchwellen an?
Sie wollen dir vielmehr Triumph-Geſaͤnge bringen/
Daß unter deinen Fuß iſt Noth und Tod gethan.
Nur/ weil du ſie geehrt und mit erhitzten Sinnen
Den Kuͤnſten zugethan/ die Geiſter ausgeuͤbt/
So dencken gleichfals auch die keuſchen Caſtalinnen
Wie ihre Schuldigkeit ein wuͤrcklich Zeugnuͤß gibt.
Denn daß du viel geſehn/ geleſen und erſahren/
Viel hohe Schulen haſt mit groſſem Ruhm beſucht/
Die Bluͤthen angelegt von den begruͤnten Jahren
Genoß gemeine Stadt nicht ſonder Nutz und Frucht.
Allein jetzt ſinnen ſie dein Grabmal aus zuziehren/
Da drey Heſperides entgegen ihnen ſtehn;
Und melden daß die Pflicht fuͤr ſie nur will gebuͤhren
Daß Blumen vom Parnaß dein Lob doch nicht erhoͤhn.
Ja dieſe ſchencken dir ſo ſchoͤn’ als guͤldne Fruͤchte/
Wo ſind die Nymfen her? wo iſt ihr Vaterland?
Goͤttinnen die ihr nie beſuchet mein Gedichte
Gebt zu/ daß euch mein Reim macht etwas mehr bekandt.
Prangt Heſperthuſa nicht mit Schalen von Pomrantzen?
Jſt mit Limonien nicht Arethuſa reich?
Die Aegle will hier bloß Citronen Baͤume pflantzen/
Du werther Podalir zu ſchmuͤcken deine Leich’.
Es
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[444/0676] Leichen-Gedichte. Citronen/ Bey Beerdigung Hn. S. S. M. D. ausge- ſtreuet/ den 14. Octobr. 1680. JCh liefre deinem Grab/ mein Freund/ zu letzt Citronen/ Wer ſucht bey tieffem Herbſt der Tulipanen Zier? Du Gart- und Blumen Herr/ biſt wuͤrdig da zu wohnen Wo aus den Graͤbern auch ein Fruͤhling ſproſt’ herfuͤr. Selbſt Flora geht beſtuͤrtzt in einem Trauer-Kleide Sie weiß noch was du haſt fuͤr Nutzen ihr geſchafft. Die Luſt-Gefilde ſtehn als wie bereifft im Leyde Daß ihr Erhalter iſt ſo zeitlich weggerafft. Was aber klaget doch das heil’ ge Volck der Muſen? Merckt Phoͤbus ſein Altar von alten Prieſtern bloß? Wie/ oder ſeh ich ſchon mit Fruͤchten Heſperthuſen Der drey gedritten Schaar anbiethen Kampff und Loß? Ach ja/ was ſollen ſie doch Sterbe-Lieder ſingen? Und Hippocrene ſich mit Thraͤnen ſchwellen an? Sie wollen dir vielmehr Triumph-Geſaͤnge bringen/ Daß unter deinen Fuß iſt Noth und Tod gethan. Nur/ weil du ſie geehrt und mit erhitzten Sinnen Den Kuͤnſten zugethan/ die Geiſter ausgeuͤbt/ So dencken gleichfals auch die keuſchen Caſtalinnen Wie ihre Schuldigkeit ein wuͤrcklich Zeugnuͤß gibt. Denn daß du viel geſehn/ geleſen und erſahren/ Viel hohe Schulen haſt mit groſſem Ruhm beſucht/ Die Bluͤthen angelegt von den begruͤnten Jahren Genoß gemeine Stadt nicht ſonder Nutz und Frucht. Allein jetzt ſinnen ſie dein Grabmal aus zuziehren/ Da drey Heſperides entgegen ihnen ſtehn; Und melden daß die Pflicht fuͤr ſie nur will gebuͤhren Daß Blumen vom Parnaß dein Lob doch nicht erhoͤhn. Ja dieſe ſchencken dir ſo ſchoͤn’ als guͤldne Fruͤchte/ Wo ſind die Nymfen her? wo iſt ihr Vaterland? Goͤttinnen die ihr nie beſuchet mein Gedichte Gebt zu/ daß euch mein Reim macht etwas mehr bekandt. Prangt Heſperthuſa nicht mit Schalen von Pomrantzen? Jſt mit Limonien nicht Arethuſa reich? Die Aegle will hier bloß Citronen Baͤume pflantzen/ Du werther Podalir zu ſchmuͤcken deine Leich’. Es

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/676>, abgerufen am 22.11.2024.