Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Geistliche Gedichte und Lieder. Umb Vergnüglichkeit. ZWey Dinge bitte ich/ O grosser GOtt/ von Dir/ Laß mich Genade/ HErr/ für deinen Augen finden! Kein Reichthum schencke mir/ Und laß hingegen mich nicht Armuths-Ketten binden! Wie leichte könt' ich nicht mich gar zu weit vergehn; So/ daß mein Hertze möcht an ird'schen Dingen kleben/ Weil kaum beysammen stehn/ Ein Geld ergebner Sinn/ und ein gottseelig Leben. Jch baute meinem Gold eh Tempel und Altar/ Eh' ich dich wahren GOtt mit reiner Andacht suchte/ Jhr schätzt es ohn Gefahr/ Wenn meinen schnöden Geitz gleich alle Welt verfluchte. Wie viel hat nicht ihr Geld umb Seel und Leib gebracht/ Sie von dem Himmel-Weg/ der Höllen zu gezogen? Zu Knechten sie gemacht/ Des Vaters alles Trugs der sie hernach betrogen. Und was ist Geld und Gold/ als ein vergänglich Koth? Was sind die Schätze mehr als Schlüssel zu den Sünden? Kommts an die letzte Noth/ Wo wirst du Rath und Trost bey deinem Klumpen finden? Und wird beständig auch hier dein Vermögen seyn? Welch Zufall kan es nicht im Augenblick entwenden? Und wer viel sammlet ein/ Der schaut es noch zu letzt in frembder Leute Händen. Der Müntze Korn und Schrott/ wie sehr es uns gefällt/ Jst zwar ein herrlich Ding im Leben/ nicht im Sterben: Denn es bleibt auf der Welt/ Und trifft zum öfftern an nicht einen danckbarn Erben. Viel/ die so sehr gescharrt nach einem grossen Gut/ Die haben es hernach den Kindern nicht gelassen: Wenn Krieg/ wenn Glut und Flut/ Und ungetreue Freund es nach dem Tode fassen. Ach wende doch/ mein GOtt/ mein Hertze gantz hinweg! Jch darff ein Weniges zum Unterhalt im Leben/ Und meiner Hoffnung Zweck Jst/ daß dein Vater-Hertz es mir wird gnädig geben. Nimm/
Geiſtliche Gedichte und Lieder. Umb Vergnuͤglichkeit. ZWey Dinge bitte ich/ O groſſer GOtt/ von Dir/ Laß mich Genade/ HErr/ fuͤr deinen Augen finden! Kein Reichthum ſchencke mir/ Und laß hingegen mich nicht Armuths-Ketten binden! Wie leichte koͤnt’ ich nicht mich gar zu weit vergehn; So/ daß mein Hertze moͤcht an ird’ſchen Dingen kleben/ Weil kaum beyſammen ſtehn/ Ein Geld ergebner Sinn/ und ein gottſeelig Leben. Jch baute meinem Gold eh Tempel und Altar/ Eh’ ich dich wahren GOtt mit reiner Andacht ſuchte/ Jhr ſchaͤtzt es ohn Gefahr/ Wenn meinen ſchnoͤden Geitz gleich alle Welt verfluchte. Wie viel hat nicht ihr Geld umb Seel und Leib gebracht/ Sie von dem Himmel-Weg/ der Hoͤllen zu gezogen? Zu Knechten ſie gemacht/ Des Vaters alles Trugs der ſie hernach betrogen. Und was iſt Geld und Gold/ als ein vergaͤnglich Koth? Was ſind die Schaͤtze mehr als Schluͤſſel zu den Suͤnden? Kommts an die letzte Noth/ Wo wirſt du Rath und Troſt bey deinem Klumpen finden? Und wird beſtaͤndig auch hier dein Vermoͤgen ſeyn? Welch Zufall kan es nicht im Augenblick entwenden? Und wer viel ſammlet ein/ Der ſchaut es noch zu letzt in frembder Leute Haͤnden. Der Muͤntze Korn und Schrott/ wie ſehr es uns gefaͤllt/ Jſt zwar ein herꝛlich Ding im Leben/ nicht im Sterben: Denn es bleibt auf der Welt/ Und trifft zum oͤfftern an nicht einen danckbarn Erben. Viel/ die ſo ſehr geſcharrt nach einem groſſen Gut/ Die haben es hernach den Kindern nicht gelaſſen: Wenn Krieg/ wenn Glut und Flut/ Und ungetreue Freund es nach dem Tode faſſen. Ach wende doch/ mein GOtt/ mein Hertze gantz hinweg! Jch darff ein Weniges zum Unterhalt im Leben/ Und meiner Hoffnung Zweck Jſt/ daß dein Vater-Hertz es mir wird gnaͤdig geben. Nimm/
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0755" n="27"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Geiſtliche Gedichte und Lieder.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Umb Vergnuͤglichkeit.</hi> </hi> </head><lb/> <lg> <l><hi rendition="#in">Z</hi>Wey Dinge bitte ich/ O groſſer GOtt/ von Dir/</l><lb/> <l>Laß mich Genade/ HErr/ fuͤr deinen Augen finden!</l><lb/> <l>Kein Reichthum ſchencke mir/</l><lb/> <l>Und laß hingegen mich nicht Armuths-Ketten binden!</l> </lg><lb/> <lg> <l>Wie leichte koͤnt’ ich nicht mich gar zu weit vergehn;</l><lb/> <l>So/ daß mein Hertze moͤcht an ird’ſchen Dingen kleben/</l><lb/> <l>Weil kaum beyſammen ſtehn/</l><lb/> <l>Ein Geld ergebner Sinn/ und ein gottſeelig Leben.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Jch baute meinem Gold eh Tempel und Altar/</l><lb/> <l>Eh’ ich dich wahren GOtt mit reiner Andacht ſuchte/</l><lb/> <l>Jhr ſchaͤtzt es ohn Gefahr/</l><lb/> <l>Wenn meinen ſchnoͤden Geitz gleich alle Welt verfluchte.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Wie viel hat nicht ihr Geld umb Seel und Leib gebracht/</l><lb/> <l>Sie von dem Himmel-Weg/ der Hoͤllen zu gezogen?</l><lb/> <l>Zu Knechten ſie gemacht/</l><lb/> <l>Des Vaters alles Trugs der ſie hernach betrogen.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Und was iſt Geld und Gold/ als ein vergaͤnglich Koth?</l><lb/> <l>Was ſind die Schaͤtze mehr als Schluͤſſel zu den Suͤnden?</l><lb/> <l>Kommts an die letzte Noth/</l><lb/> <l>Wo wirſt du Rath und Troſt bey deinem Klumpen finden?</l> </lg><lb/> <lg> <l>Und wird beſtaͤndig auch hier dein Vermoͤgen ſeyn?</l><lb/> <l>Welch Zufall kan es nicht im Augenblick entwenden?</l><lb/> <l>Und wer viel ſammlet ein/</l><lb/> <l>Der ſchaut es noch zu letzt in frembder Leute Haͤnden.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Der Muͤntze Korn und Schrott/ wie ſehr es uns gefaͤllt/</l><lb/> <l>Jſt zwar ein herꝛlich Ding im Leben/ nicht im Sterben:</l><lb/> <l>Denn es bleibt auf der Welt/</l><lb/> <l>Und trifft zum oͤfftern an nicht einen danckbarn Erben.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Viel/ die ſo ſehr geſcharrt nach einem groſſen Gut/</l><lb/> <l>Die haben es hernach den Kindern nicht gelaſſen:</l><lb/> <l>Wenn Krieg/ wenn Glut und Flut/</l><lb/> <l>Und ungetreue Freund es nach dem Tode faſſen.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Ach wende doch/ mein GOtt/ mein Hertze gantz hinweg!</l><lb/> <l>Jch darff ein Weniges zum Unterhalt im Leben/</l><lb/> <l>Und meiner Hoffnung Zweck</l><lb/> <l>Jſt/ daß dein Vater-Hertz es mir wird gnaͤdig geben.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Nimm/</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [27/0755]
Geiſtliche Gedichte und Lieder.
Umb Vergnuͤglichkeit.
ZWey Dinge bitte ich/ O groſſer GOtt/ von Dir/
Laß mich Genade/ HErr/ fuͤr deinen Augen finden!
Kein Reichthum ſchencke mir/
Und laß hingegen mich nicht Armuths-Ketten binden!
Wie leichte koͤnt’ ich nicht mich gar zu weit vergehn;
So/ daß mein Hertze moͤcht an ird’ſchen Dingen kleben/
Weil kaum beyſammen ſtehn/
Ein Geld ergebner Sinn/ und ein gottſeelig Leben.
Jch baute meinem Gold eh Tempel und Altar/
Eh’ ich dich wahren GOtt mit reiner Andacht ſuchte/
Jhr ſchaͤtzt es ohn Gefahr/
Wenn meinen ſchnoͤden Geitz gleich alle Welt verfluchte.
Wie viel hat nicht ihr Geld umb Seel und Leib gebracht/
Sie von dem Himmel-Weg/ der Hoͤllen zu gezogen?
Zu Knechten ſie gemacht/
Des Vaters alles Trugs der ſie hernach betrogen.
Und was iſt Geld und Gold/ als ein vergaͤnglich Koth?
Was ſind die Schaͤtze mehr als Schluͤſſel zu den Suͤnden?
Kommts an die letzte Noth/
Wo wirſt du Rath und Troſt bey deinem Klumpen finden?
Und wird beſtaͤndig auch hier dein Vermoͤgen ſeyn?
Welch Zufall kan es nicht im Augenblick entwenden?
Und wer viel ſammlet ein/
Der ſchaut es noch zu letzt in frembder Leute Haͤnden.
Der Muͤntze Korn und Schrott/ wie ſehr es uns gefaͤllt/
Jſt zwar ein herꝛlich Ding im Leben/ nicht im Sterben:
Denn es bleibt auf der Welt/
Und trifft zum oͤfftern an nicht einen danckbarn Erben.
Viel/ die ſo ſehr geſcharrt nach einem groſſen Gut/
Die haben es hernach den Kindern nicht gelaſſen:
Wenn Krieg/ wenn Glut und Flut/
Und ungetreue Freund es nach dem Tode faſſen.
Ach wende doch/ mein GOtt/ mein Hertze gantz hinweg!
Jch darff ein Weniges zum Unterhalt im Leben/
Und meiner Hoffnung Zweck
Jſt/ daß dein Vater-Hertz es mir wird gnaͤdig geben.
Nimm/
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |