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Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Der Feldzug des folgenden Jahres verhieß rühmlichere Tage, und ich pflückte die ersten Lorbeeren in der Schlacht bei Figueras. Aber unmittelbar darauf entwaffnete der kleinmüthige Friede von Basel meinen Arm und ließ mich schmerzlich empfinden, wie wenig mein unglückliches Vaterland auf die Redlichkeit und Beharrlichkeit einer fremden Hülfe bauen dürfte. Auch der heilige Kampf der Vendeer war mit der Hinrichtung des Helden Charette so gut als beendigt, und die Vertheidigung des gemeinschaftlichen Vaterlandes gegen die vereinigten Angriffe der größten Mächte Europa's schlichtete die Spaltungen der republikanischen Parteien, und lockte selbst viele königlich gesinnte Männer unter die Fahnen der Revolution. Ich war entschlossen, nicht wieder in die Reihen einer fremden Armee zu treten, indem es mir immer zweifelhafter zu werden anfing, ob die Waffen derselben für oder gegen Frankreich geführt würden, und mein ausgewanderter Bruder, durch den ich mich in Verbindung mit den Plänen der Royalisten in Deutschland und England erhielt, bestärkte mich in dem Vorhaben, einen günstigeren Zeitpunkt für unsre Sache in Spanien abzuwarten. In dieser Absicht zog ich mich nach Valencia zurück, dessen mildes Klima meiner Gesundheit besonders zuträglich schien, und lebte dort mehrere Jahre so angenehm, als es in meinen Umständen nur irgend möglich war. Erst gegen Ende des Jahres 1799, als der Aufstand der westlichen

Der Feldzug des folgenden Jahres verhieß rühmlichere Tage, und ich pflückte die ersten Lorbeeren in der Schlacht bei Figueras. Aber unmittelbar darauf entwaffnete der kleinmüthige Friede von Basel meinen Arm und ließ mich schmerzlich empfinden, wie wenig mein unglückliches Vaterland auf die Redlichkeit und Beharrlichkeit einer fremden Hülfe bauen dürfte. Auch der heilige Kampf der Vendéer war mit der Hinrichtung des Helden Charette so gut als beendigt, und die Vertheidigung des gemeinschaftlichen Vaterlandes gegen die vereinigten Angriffe der größten Mächte Europa's schlichtete die Spaltungen der republikanischen Parteien, und lockte selbst viele königlich gesinnte Männer unter die Fahnen der Revolution. Ich war entschlossen, nicht wieder in die Reihen einer fremden Armee zu treten, indem es mir immer zweifelhafter zu werden anfing, ob die Waffen derselben für oder gegen Frankreich geführt würden, und mein ausgewanderter Bruder, durch den ich mich in Verbindung mit den Plänen der Royalisten in Deutschland und England erhielt, bestärkte mich in dem Vorhaben, einen günstigeren Zeitpunkt für unsre Sache in Spanien abzuwarten. In dieser Absicht zog ich mich nach Valencia zurück, dessen mildes Klima meiner Gesundheit besonders zuträglich schien, und lebte dort mehrere Jahre so angenehm, als es in meinen Umständen nur irgend möglich war. Erst gegen Ende des Jahres 1799, als der Aufstand der westlichen

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[0107] Der Feldzug des folgenden Jahres verhieß rühmlichere Tage, und ich pflückte die ersten Lorbeeren in der Schlacht bei Figueras. Aber unmittelbar darauf entwaffnete der kleinmüthige Friede von Basel meinen Arm und ließ mich schmerzlich empfinden, wie wenig mein unglückliches Vaterland auf die Redlichkeit und Beharrlichkeit einer fremden Hülfe bauen dürfte. Auch der heilige Kampf der Vendéer war mit der Hinrichtung des Helden Charette so gut als beendigt, und die Vertheidigung des gemeinschaftlichen Vaterlandes gegen die vereinigten Angriffe der größten Mächte Europa's schlichtete die Spaltungen der republikanischen Parteien, und lockte selbst viele königlich gesinnte Männer unter die Fahnen der Revolution. Ich war entschlossen, nicht wieder in die Reihen einer fremden Armee zu treten, indem es mir immer zweifelhafter zu werden anfing, ob die Waffen derselben für oder gegen Frankreich geführt würden, und mein ausgewanderter Bruder, durch den ich mich in Verbindung mit den Plänen der Royalisten in Deutschland und England erhielt, bestärkte mich in dem Vorhaben, einen günstigeren Zeitpunkt für unsre Sache in Spanien abzuwarten. In dieser Absicht zog ich mich nach Valencia zurück, dessen mildes Klima meiner Gesundheit besonders zuträglich schien, und lebte dort mehrere Jahre so angenehm, als es in meinen Umständen nur irgend möglich war. Erst gegen Ende des Jahres 1799, als der Aufstand der westlichen

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:21:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:21:38Z)

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Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/107>, abgerufen am 23.11.2024.