Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

und südlichen Provinzen Frankreichs gegen die Consularregierung und die Landung der Abgeordneten des Grafen von Artois in der Bretagne die Royalisten wieder zu einer gemeinschaftlichen Unternehmung zusammenriefen, verließ ich Spanien und stellte mich unter die Fahnen des Marquis von Pauzauge, welcher die mittlere Vendee bewaffnet hatte. Ich wollte die Zerstörung meines Hauses in dem Blute der Republikaner rächen und mir dann, mit rühmlichen Wunden bedeckt, ein Grab in dem heimathlichen Boden erringen. Nicht reine Begeisterung für die Sache meines Vaterlandes trieb mich in dasselbe zurück, sondern die Verzweiflung geißelte mich aus dem fremden Lande heraus. Aber ehe ich von den Schicksalen, die mich in Frankreich erwarteten, von meiner Gefangenschaft in Straßburg und meiner Flucht nach Deutschland spreche, muß ich das größte Abenteuer meines Lebens erzählen, welches meiner Abreise aus Spanien unmittelbar voranging.

Ich hatte die Sommermonate in dem reizenden Hafenflecken Grao, eine halbe Stunde von Valencia, zugebracht und die dortigen Seebäder mit dem glücklichsten Erfolge bis gegen den Ausgang des Septembers gebraucht, da geschah es eines Nachmittags, es war am 30. September 1799 um die sechste Stunde, daß ich in der Alameda, einem Spaziergange, welcher von Valencia nach Grao führt, auf einer Rasenbank unter einer Palme eine Frauen-

und südlichen Provinzen Frankreichs gegen die Consularregierung und die Landung der Abgeordneten des Grafen von Artois in der Bretagne die Royalisten wieder zu einer gemeinschaftlichen Unternehmung zusammenriefen, verließ ich Spanien und stellte mich unter die Fahnen des Marquis von Pauzauge, welcher die mittlere Vendée bewaffnet hatte. Ich wollte die Zerstörung meines Hauses in dem Blute der Republikaner rächen und mir dann, mit rühmlichen Wunden bedeckt, ein Grab in dem heimathlichen Boden erringen. Nicht reine Begeisterung für die Sache meines Vaterlandes trieb mich in dasselbe zurück, sondern die Verzweiflung geißelte mich aus dem fremden Lande heraus. Aber ehe ich von den Schicksalen, die mich in Frankreich erwarteten, von meiner Gefangenschaft in Straßburg und meiner Flucht nach Deutschland spreche, muß ich das größte Abenteuer meines Lebens erzählen, welches meiner Abreise aus Spanien unmittelbar voranging.

Ich hatte die Sommermonate in dem reizenden Hafenflecken Grao, eine halbe Stunde von Valencia, zugebracht und die dortigen Seebäder mit dem glücklichsten Erfolge bis gegen den Ausgang des Septembers gebraucht, da geschah es eines Nachmittags, es war am 30. September 1799 um die sechste Stunde, daß ich in der Alameda, einem Spaziergange, welcher von Valencia nach Grao führt, auf einer Rasenbank unter einer Palme eine Frauen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="14">
        <p><pb facs="#f0108"/>
und südlichen Provinzen Frankreichs                gegen die Consularregierung und die Landung der Abgeordneten des Grafen von Artois in                der Bretagne die Royalisten wieder zu einer gemeinschaftlichen Unternehmung                zusammenriefen, verließ ich Spanien und stellte mich unter die Fahnen des Marquis von                Pauzauge, welcher die mittlere Vendée bewaffnet hatte. Ich wollte die Zerstörung                meines Hauses in dem Blute der Republikaner rächen und mir dann, mit rühmlichen                Wunden bedeckt, ein Grab in dem heimathlichen Boden erringen. Nicht reine                Begeisterung für die Sache meines Vaterlandes trieb mich in dasselbe zurück, sondern                die Verzweiflung geißelte mich aus dem fremden Lande heraus. Aber ehe ich von den                Schicksalen, die mich in Frankreich erwarteten, von meiner Gefangenschaft in                Straßburg und meiner Flucht nach Deutschland spreche, muß ich das größte Abenteuer                meines Lebens erzählen, welches meiner Abreise aus Spanien unmittelbar voranging.</p><lb/>
        <p>Ich hatte die Sommermonate in dem reizenden Hafenflecken Grao, eine halbe Stunde von                Valencia, zugebracht und die dortigen Seebäder mit dem glücklichsten Erfolge bis                gegen den Ausgang des Septembers gebraucht, da geschah es eines Nachmittags, es war                am 30. September 1799 um die sechste Stunde, daß ich in der Alameda, einem                Spaziergange, welcher von Valencia nach Grao führt, auf einer Rasenbank unter einer                Palme eine Frauen-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0108] und südlichen Provinzen Frankreichs gegen die Consularregierung und die Landung der Abgeordneten des Grafen von Artois in der Bretagne die Royalisten wieder zu einer gemeinschaftlichen Unternehmung zusammenriefen, verließ ich Spanien und stellte mich unter die Fahnen des Marquis von Pauzauge, welcher die mittlere Vendée bewaffnet hatte. Ich wollte die Zerstörung meines Hauses in dem Blute der Republikaner rächen und mir dann, mit rühmlichen Wunden bedeckt, ein Grab in dem heimathlichen Boden erringen. Nicht reine Begeisterung für die Sache meines Vaterlandes trieb mich in dasselbe zurück, sondern die Verzweiflung geißelte mich aus dem fremden Lande heraus. Aber ehe ich von den Schicksalen, die mich in Frankreich erwarteten, von meiner Gefangenschaft in Straßburg und meiner Flucht nach Deutschland spreche, muß ich das größte Abenteuer meines Lebens erzählen, welches meiner Abreise aus Spanien unmittelbar voranging. Ich hatte die Sommermonate in dem reizenden Hafenflecken Grao, eine halbe Stunde von Valencia, zugebracht und die dortigen Seebäder mit dem glücklichsten Erfolge bis gegen den Ausgang des Septembers gebraucht, da geschah es eines Nachmittags, es war am 30. September 1799 um die sechste Stunde, daß ich in der Alameda, einem Spaziergange, welcher von Valencia nach Grao führt, auf einer Rasenbank unter einer Palme eine Frauen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:21:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:21:38Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/108
Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/108>, abgerufen am 23.11.2024.