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Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Zwölftes Kapitel.

Arthur schwärmte noch unter der Maske eines Harlekins in dem Corso umher, während sein alter Freund die Larve des Erdenlebens für immer abwarf. Er hatte sich auf allen Balconen in der Gegend des venetianischen Platzes nach dem Marquis umgesehen, und da er keine Spur desselben entdecken konnte, so beruhigte er sich durch die Vermuthung, der eigensinnige Herr möchte gegen seine Gewohnheit sich doch einmal haben bewegen lassen, einen gefaßten Entschluß wieder aufzugeben. Er dachte schon nicht mehr an den Marquis und verfolgte eben eine schöne Winzerin, die ihm aus ihrem Fäßchen zu trinken angeboten hatte, als er Jenen in einiger Entfernung gewahr wurde, wie er sich, mit Konfetti um sich werfend und sich so ausgelassen als möglich geberdend, durch den dicksten Haufen hervorarbeitete. Ist denn der lebendige Fastnachtsteufel in den Alten gefahren? frug sich Arthur, und eilte auf die unbegreifliche Erscheinung los, die von allen Seiten beschossen und sich wohlgemuth vertheidigend, in einer weißen Staubwolke schwebte. Trinken Sie nicht von der Hexe! Trinken Sie nicht! Liebestränke! Liebestränke! so scholl es dem Harlekin entgegen, und sein Ohr glaubte die Stimme des Marquis zu vernehmen, aus dessen Haufen der Anruf herkam. Dazu begrüßte ihn ein voller Wurf der grobschrötigsten Confetti, deren Ladung sein Gesicht in so sicherer Richtung traf, daß er einige Minuten brauchte, um

Zwölftes Kapitel.

Arthur schwärmte noch unter der Maske eines Harlekins in dem Corso umher, während sein alter Freund die Larve des Erdenlebens für immer abwarf. Er hatte sich auf allen Balconen in der Gegend des venetianischen Platzes nach dem Marquis umgesehen, und da er keine Spur desselben entdecken konnte, so beruhigte er sich durch die Vermuthung, der eigensinnige Herr möchte gegen seine Gewohnheit sich doch einmal haben bewegen lassen, einen gefaßten Entschluß wieder aufzugeben. Er dachte schon nicht mehr an den Marquis und verfolgte eben eine schöne Winzerin, die ihm aus ihrem Fäßchen zu trinken angeboten hatte, als er Jenen in einiger Entfernung gewahr wurde, wie er sich, mit Konfetti um sich werfend und sich so ausgelassen als möglich geberdend, durch den dicksten Haufen hervorarbeitete. Ist denn der lebendige Fastnachtsteufel in den Alten gefahren? frug sich Arthur, und eilte auf die unbegreifliche Erscheinung los, die von allen Seiten beschossen und sich wohlgemuth vertheidigend, in einer weißen Staubwolke schwebte. Trinken Sie nicht von der Hexe! Trinken Sie nicht! Liebestränke! Liebestränke! so scholl es dem Harlekin entgegen, und sein Ohr glaubte die Stimme des Marquis zu vernehmen, aus dessen Haufen der Anruf herkam. Dazu begrüßte ihn ein voller Wurf der grobschrötigsten Confetti, deren Ladung sein Gesicht in so sicherer Richtung traf, daß er einige Minuten brauchte, um

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[0088] Zwölftes Kapitel. Arthur schwärmte noch unter der Maske eines Harlekins in dem Corso umher, während sein alter Freund die Larve des Erdenlebens für immer abwarf. Er hatte sich auf allen Balconen in der Gegend des venetianischen Platzes nach dem Marquis umgesehen, und da er keine Spur desselben entdecken konnte, so beruhigte er sich durch die Vermuthung, der eigensinnige Herr möchte gegen seine Gewohnheit sich doch einmal haben bewegen lassen, einen gefaßten Entschluß wieder aufzugeben. Er dachte schon nicht mehr an den Marquis und verfolgte eben eine schöne Winzerin, die ihm aus ihrem Fäßchen zu trinken angeboten hatte, als er Jenen in einiger Entfernung gewahr wurde, wie er sich, mit Konfetti um sich werfend und sich so ausgelassen als möglich geberdend, durch den dicksten Haufen hervorarbeitete. Ist denn der lebendige Fastnachtsteufel in den Alten gefahren? frug sich Arthur, und eilte auf die unbegreifliche Erscheinung los, die von allen Seiten beschossen und sich wohlgemuth vertheidigend, in einer weißen Staubwolke schwebte. Trinken Sie nicht von der Hexe! Trinken Sie nicht! Liebestränke! Liebestränke! so scholl es dem Harlekin entgegen, und sein Ohr glaubte die Stimme des Marquis zu vernehmen, aus dessen Haufen der Anruf herkam. Dazu begrüßte ihn ein voller Wurf der grobschrötigsten Confetti, deren Ladung sein Gesicht in so sicherer Richtung traf, daß er einige Minuten brauchte, um

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:21:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/88>, abgerufen am 24.11.2024.