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Müller-Breslau, Heinrich: Die neueren Methoden der Festigkeitslehre und der Statik der Baukonstruktionen. Leipzig, 1886.

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2. Die Temperaturänderung t im Punkte u, v sei ebenfalls eine
geradlinige Funktion von u und v, es bestehe also die Gleichung
t = t' + t'' v + t''' u,
deren Koefficienten gegeben sind, sobald die Temperaturänderungen für
drei nicht in einer Geraden gelegene Punkte des Querschnittes bekannt
sind.

Dann folgt aus der Gleichung
[Formel 1] für die Spannung s der Ausdruck
s = E (a' -- et') + E (a'' -- et'') v + E (a''' -- e t''') u
und hierfür soll kürzer geschrieben werden
s = a + b v + c u,
wobei a, b, c Konstanten sind, welche sich mit Hilfe der drei Gleich-
gewichtsbedingungen berechnen lassen. Jene Bedingungen gehen über in
N = a integral d F + b integral v d F + c integral u d F
M sin a = a integral v d F + b integral v2 d F + c integral u v d F
M cos a = a integral u d F + b integral u v d F + c integral u2 d F;

sie nehmen eine besonders einfache Gestalt an, sobald zu den Koor-
dinatenachsen Hauptachsen gewählt werden. In diesem Falle ist das
Centrifugalmoment integral u v d F = 0, und weiter folgt, da der Ursprung O
mit dem Schwerpunkte des Querschnittes zusammenfällt, integral u d F = 0 und
integral v d F = 0. Es ergeben sich die Werthe:
[Formel 2] ,
in denen Ju und Jv die Trägheitsmomente des Querschnittes in Bezug
auf die Hauptachsen bedeuten, und es entsteht die Navier'sche Formel
(39) [Formel 3] .
Besonders hervorzuheben ist, dass eine ungleichmässige Erwärmung des
Stabes nach dem Gesetze t = t' + t'' v + t''' u nur dann Spannungen s
hervorbringt, wenn die Werthe N und M von den Temperaturänderungen
abhängig sind, was nur bei statisch unbestimmten Stäben der Fall sein
kann. Verschwinden alle äusseren Kräfte, so verschwinden auch die
Spannungen s.

5*

2. Die Temperaturänderung t im Punkte u, v sei ebenfalls eine
geradlinige Funktion von u und v, es bestehe also die Gleichung
t = t' + t'' v + t''' u,
deren Koefficienten gegeben sind, sobald die Temperaturänderungen für
drei nicht in einer Geraden gelegene Punkte des Querschnittes bekannt
sind.

Dann folgt aus der Gleichung
[Formel 1] für die Spannung σ der Ausdruck
σ = E (a' — εt') + E (a'' — εt'') v + E (a''' — ε t''') u
und hierfür soll kürzer geschrieben werden
σ = a + b v + c u,
wobei a, b, c Konstanten sind, welche sich mit Hilfe der drei Gleich-
gewichtsbedingungen berechnen lassen. Jene Bedingungen gehen über in
N = a ∫ d F + b ∫ v d F + c ∫ u d F
M sin α = a ∫ v d F + b ∫ v2 d F + c ∫ u v d F
M cos α = a ∫ u d F + b ∫ u v d F + c ∫ u2 d F;

sie nehmen eine besonders einfache Gestalt an, sobald zu den Koor-
dinatenachsen Hauptachsen gewählt werden. In diesem Falle ist das
Centrifugalmoment ∫ u v d F = 0, und weiter folgt, da der Ursprung O
mit dem Schwerpunkte des Querschnittes zusammenfällt, ∫ u d F = 0 und
∫ v d F = 0. Es ergeben sich die Werthe:
[Formel 2] ,
in denen Ju und Jv die Trägheitsmomente des Querschnittes in Bezug
auf die Hauptachsen bedeuten, und es entsteht die Navier’sche Formel
(39) [Formel 3] .
Besonders hervorzuheben ist, dass eine ungleichmässige Erwärmung des
Stabes nach dem Gesetze t = t' + t'' v + t''' u nur dann Spannungen σ
hervorbringt, wenn die Werthe N und M von den Temperaturänderungen
abhängig sind, was nur bei statisch unbestimmten Stäben der Fall sein
kann. Verschwinden alle äusseren Kräfte, so verschwinden auch die
Spannungen σ.

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[67/0079] 2. Die Temperaturänderung t im Punkte u, v sei ebenfalls eine geradlinige Funktion von u und v, es bestehe also die Gleichung t = t' + t'' v + t''' u, deren Koefficienten gegeben sind, sobald die Temperaturänderungen für drei nicht in einer Geraden gelegene Punkte des Querschnittes bekannt sind. Dann folgt aus der Gleichung [FORMEL] für die Spannung σ der Ausdruck σ = E (a' — εt') + E (a'' — εt'') v + E (a''' — ε t''') u und hierfür soll kürzer geschrieben werden σ = a + b v + c u, wobei a, b, c Konstanten sind, welche sich mit Hilfe der drei Gleich- gewichtsbedingungen berechnen lassen. Jene Bedingungen gehen über in N = a ∫ d F + b ∫ v d F + c ∫ u d F M sin α = a ∫ v d F + b ∫ v2 d F + c ∫ u v d F M cos α = a ∫ u d F + b ∫ u v d F + c ∫ u2 d F; sie nehmen eine besonders einfache Gestalt an, sobald zu den Koor- dinatenachsen Hauptachsen gewählt werden. In diesem Falle ist das Centrifugalmoment ∫ u v d F = 0, und weiter folgt, da der Ursprung O mit dem Schwerpunkte des Querschnittes zusammenfällt, ∫ u d F = 0 und ∫ v d F = 0. Es ergeben sich die Werthe: [FORMEL], in denen Ju und Jv die Trägheitsmomente des Querschnittes in Bezug auf die Hauptachsen bedeuten, und es entsteht die Navier’sche Formel (39) [FORMEL]. Besonders hervorzuheben ist, dass eine ungleichmässige Erwärmung des Stabes nach dem Gesetze t = t' + t'' v + t''' u nur dann Spannungen σ hervorbringt, wenn die Werthe N und M von den Temperaturänderungen abhängig sind, was nur bei statisch unbestimmten Stäben der Fall sein kann. Verschwinden alle äusseren Kräfte, so verschwinden auch die Spannungen σ. 5*

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Zitationshilfe: Müller-Breslau, Heinrich: Die neueren Methoden der Festigkeitslehre und der Statik der Baukonstruktionen. Leipzig, 1886, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_festigkeitslehre_1886/79>, abgerufen am 24.11.2024.