einwohnen, alle einzelnen Bedürfnisse müssen auf das Bedürf- niß aller Bedürfnisse gerichtet seyn.
Alle Staatswirthschaft hat also die Bestimmung zwischen dem Bedürfniß und der Produktion zu vermitteln, d. h. da das ewige Bedürfniß die Werthe, die augenblickliche Produk- tion aber die Preise bestimmt, zwischen den Werthen und Preisen zu vermitteln; beyde, und mit ihnen Zeit und Ewig- keit seiner Haushaltung im Gleichgewicht zu erhalten.
Jedermann gibt mir zu, daß die Finanzen eines Staates nicht dirigirt werden können, ohne einen Etat, der so weit als möglich alle zukünftigen Bedürfnisse umfaßt; aber mit der Erkenntniß der Etatssumme ist noch nichts erreicht, man muß kennen die Art wie, die Perioden wann diese Bedürfnisse eintreten werden, und da sich weder das Bedürfniß eines Staates, noch die Befriedigung desselben genau vorher berechnen oder unthätig abwarten läßt, so muß der Finanzminister Ein- fluß auf die Leitung dieser Bedürfnisse erhalten; er muß Macht über die Bedürfnisse haben, ganz in demselben Grade, als er über ihre Befriedigung hat. Aber es sind nicht bloß die Bestimmungen der auswärtigen Politik, der Krieg, die Bewaffnung, die Diplomatie, der Welthandel welche die Natur der Staatsbedürfnisse gewaltig verändern: diese Ver- änderungen sind vorübergehender Art gegen die tiefergreifenden Revolutionen der inneren Haushaltung; ein einziges Römisches Gesetz, welches das absolute Privateigenthum befördert, eine einzige Verordnung, welche alte angeborne und angeerbte Unterthänigkeitsverhältnisse aufhebt, vermag die Richtung aller Bedürfnisse auf den Staatszweck mehr zu zerstören, als alle
einwohnen, alle einzelnen Beduͤrfniſſe muͤſſen auf das Beduͤrf- niß aller Beduͤrfniſſe gerichtet ſeyn.
Alle Staatswirthſchaft hat alſo die Beſtimmung zwiſchen dem Beduͤrfniß und der Produktion zu vermitteln, d. h. da das ewige Beduͤrfniß die Werthe, die augenblickliche Produk- tion aber die Preiſe beſtimmt, zwiſchen den Werthen und Preiſen zu vermitteln; beyde, und mit ihnen Zeit und Ewig- keit ſeiner Haushaltung im Gleichgewicht zu erhalten.
Jedermann gibt mir zu, daß die Finanzen eines Staates nicht dirigirt werden koͤnnen, ohne einen Etat, der ſo weit als moͤglich alle zukuͤnftigen Beduͤrfniſſe umfaßt; aber mit der Erkenntniß der Etatsſumme iſt noch nichts erreicht, man muß kennen die Art wie, die Perioden wann dieſe Beduͤrfniſſe eintreten werden, und da ſich weder das Beduͤrfniß eines Staates, noch die Befriedigung desſelben genau vorher berechnen oder unthaͤtig abwarten laͤßt, ſo muß der Finanzminiſter Ein- fluß auf die Leitung dieſer Beduͤrfniſſe erhalten; er muß Macht uͤber die Beduͤrfniſſe haben, ganz in demſelben Grade, als er uͤber ihre Befriedigung hat. Aber es ſind nicht bloß die Beſtimmungen der auswaͤrtigen Politik, der Krieg, die Bewaffnung, die Diplomatie, der Welthandel welche die Natur der Staatsbeduͤrfniſſe gewaltig veraͤndern: dieſe Ver- aͤnderungen ſind voruͤbergehender Art gegen die tiefergreifenden Revolutionen der inneren Haushaltung; ein einziges Roͤmiſches Geſetz, welches das abſolute Privateigenthum befoͤrdert, eine einzige Verordnung, welche alte angeborne und angeerbte Unterthaͤnigkeitsverhaͤltniſſe aufhebt, vermag die Richtung aller Beduͤrfniſſe auf den Staatszweck mehr zu zerſtoͤren, als alle
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einwohnen, alle einzelnen Beduͤrfniſſe muͤſſen auf das Beduͤrf-
niß aller Beduͤrfniſſe gerichtet ſeyn.
Alle Staatswirthſchaft hat alſo die Beſtimmung zwiſchen
dem Beduͤrfniß und der Produktion zu vermitteln, d. h. da
das ewige Beduͤrfniß die Werthe, die augenblickliche Produk-
tion aber die Preiſe beſtimmt, zwiſchen den Werthen und
Preiſen zu vermitteln; beyde, und mit ihnen Zeit und Ewig-
keit ſeiner Haushaltung im Gleichgewicht zu erhalten.
Jedermann gibt mir zu, daß die Finanzen eines Staates
nicht dirigirt werden koͤnnen, ohne einen Etat, der ſo weit
als moͤglich alle zukuͤnftigen Beduͤrfniſſe umfaßt; aber mit
der Erkenntniß der Etatsſumme iſt noch nichts erreicht, man
muß kennen die Art wie, die Perioden wann dieſe Beduͤrfniſſe
eintreten werden, und da ſich weder das Beduͤrfniß eines
Staates, noch die Befriedigung desſelben genau vorher berechnen
oder unthaͤtig abwarten laͤßt, ſo muß der Finanzminiſter Ein-
fluß auf die Leitung dieſer Beduͤrfniſſe erhalten; er muß
Macht uͤber die Beduͤrfniſſe haben, ganz in demſelben Grade,
als er uͤber ihre Befriedigung hat. Aber es ſind nicht bloß
die Beſtimmungen der auswaͤrtigen Politik, der Krieg,
die Bewaffnung, die Diplomatie, der Welthandel welche die
Natur der Staatsbeduͤrfniſſe gewaltig veraͤndern: dieſe Ver-
aͤnderungen ſind voruͤbergehender Art gegen die tiefergreifenden
Revolutionen der inneren Haushaltung; ein einziges Roͤmiſches
Geſetz, welches das abſolute Privateigenthum befoͤrdert, eine
einzige Verordnung, welche alte angeborne und angeerbte
Unterthaͤnigkeitsverhaͤltniſſe aufhebt, vermag die Richtung aller
Beduͤrfniſſe auf den Staatszweck mehr zu zerſtoͤren, als alle
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/126>, abgerufen am 16.07.2024.
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