Zehntes Kapitel. Von den Gesetzen, als einzigem und höchstem Resultat aller Oekonomie.
Die Richtungen der ökonomischen Thätigkeit, und die Ver- hältnisse derselben untereinander und zum Ganzen der ökono- mischen Kraft eines Staates, stellen sich äußerlich dar in den Gesetzen dieses Staates. -- Um diese Wahrheit in ihrem ganzen Umfange zu erkennen, sehe man ganz von den Vorstellungen ab, die ein verkehrter Gang der politischen Erziehung in uns allzusehr befestigt hat.
Die erste ausgebildete Vorstellung von dem Wesen des Gesetzes erhalten wir meistentheils von Lehrern des Römischen Rechts und ohne gründliche Historie seiner Entwickelung, ohne Bezeichnung der Stelle, welche Rom unter den Staa- ten, die sich einer umfassenden Gesetzgebung erfreut, einge- nommen haben möchte. Da nun, abgerissen von der Geschichte der allmähligen Entwickelung des Weltreiches, die Römische Gesetzgebung außer allem Zusammenhang mit den göttlichen Gesetzen zu stehen, und ein Werk der gemeinen rechnenden Vernunft zu seyn scheint, so wohnet sich sehr leicht der Irr- thum bey uns ein, die Gesetzgebung sey ein Werk des welt- lichen Calcüls, eine Aufgabe für den scharfsinnigen Kopf, die im Grunde und ihren wesentlichen Stücken ein für alle- mahl gelöst worden sey.
Zehntes Kapitel. Von den Geſetzen, als einzigem und hoͤchſtem Reſultat aller Oekonomie.
Die Richtungen der oͤkonomiſchen Thaͤtigkeit, und die Ver- haͤltniſſe derſelben untereinander und zum Ganzen der oͤkono- miſchen Kraft eines Staates, ſtellen ſich aͤußerlich dar in den Geſetzen dieſes Staates. — Um dieſe Wahrheit in ihrem ganzen Umfange zu erkennen, ſehe man ganz von den Vorſtellungen ab, die ein verkehrter Gang der politiſchen Erziehung in uns allzuſehr befeſtigt hat.
Die erſte ausgebildete Vorſtellung von dem Weſen des Geſetzes erhalten wir meiſtentheils von Lehrern des Roͤmiſchen Rechts und ohne gruͤndliche Hiſtorie ſeiner Entwickelung, ohne Bezeichnung der Stelle, welche Rom unter den Staa- ten, die ſich einer umfaſſenden Geſetzgebung erfreut, einge- nommen haben moͤchte. Da nun, abgeriſſen von der Geſchichte der allmaͤhligen Entwickelung des Weltreiches, die Roͤmiſche Geſetzgebung außer allem Zuſammenhang mit den goͤttlichen Geſetzen zu ſtehen, und ein Werk der gemeinen rechnenden Vernunft zu ſeyn ſcheint, ſo wohnet ſich ſehr leicht der Irr- thum bey uns ein, die Geſetzgebung ſey ein Werk des welt- lichen Calcuͤls, eine Aufgabe fuͤr den ſcharfſinnigen Kopf, die im Grunde und ihren weſentlichen Stuͤcken ein fuͤr alle- mahl geloͤst worden ſey.
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Zehntes Kapitel.
Von den Geſetzen, als einzigem und hoͤchſtem Reſultat
aller Oekonomie.
Die Richtungen der oͤkonomiſchen Thaͤtigkeit, und die Ver-
haͤltniſſe derſelben untereinander und zum Ganzen der oͤkono-
miſchen Kraft eines Staates, ſtellen ſich aͤußerlich dar
in den Geſetzen dieſes Staates. — Um dieſe
Wahrheit in ihrem ganzen Umfange zu erkennen, ſehe man
ganz von den Vorſtellungen ab, die ein verkehrter Gang
der politiſchen Erziehung in uns allzuſehr befeſtigt hat.
Die erſte ausgebildete Vorſtellung von dem Weſen des
Geſetzes erhalten wir meiſtentheils von Lehrern des Roͤmiſchen
Rechts und ohne gruͤndliche Hiſtorie ſeiner Entwickelung,
ohne Bezeichnung der Stelle, welche Rom unter den Staa-
ten, die ſich einer umfaſſenden Geſetzgebung erfreut, einge-
nommen haben moͤchte. Da nun, abgeriſſen von der Geſchichte
der allmaͤhligen Entwickelung des Weltreiches, die Roͤmiſche
Geſetzgebung außer allem Zuſammenhang mit den goͤttlichen
Geſetzen zu ſtehen, und ein Werk der gemeinen rechnenden
Vernunft zu ſeyn ſcheint, ſo wohnet ſich ſehr leicht der Irr-
thum bey uns ein, die Geſetzgebung ſey ein Werk des welt-
lichen Calcuͤls, eine Aufgabe fuͤr den ſcharfſinnigen Kopf,
die im Grunde und ihren weſentlichen Stuͤcken ein fuͤr alle-
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/132>, abgerufen am 16.02.2025.
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