Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

großer Philanthrop und Weltbürger gewesen war, ohne es
zu wissen; daß man vermittelst des puren Geitzes Allmosen
geben könnte, ohne es zu wollen -- so ist die Popularität
des Adam Smith wohl höchst natürlich.

Und daß seine Theorie, ungeachtet der Klagen und Er-
mahnungen seiner Schule, die Regierungen so wenig ange-
fochten hat, beweist, daß eine viel solidere Nothwendigkeit
in dieser höheren Sphäre, als in der des Privatlebens
herrscht, und daß, was ich schon früher behauptet, die
Willkühr der Regierungen viel unschädlicher ist, als die der
gebildeten Privatmänner, in der Adam Smith das Welt-
gesetz zu entdecken glaubte; kurz, daß die bloße Stelle der
Regierungen, den Personen, die sie erfüllen, eine gewisse
edle Unempfindlichkeit gegen solche einzelne Lichtstrahlen,
welche die praktische Nacht, die sie umgibt, nur noch dunkler
machen können, mittheilt.

Da nun also dieser neue Maaßstab im Wesen nichts,
sondern nur darin von dem alten des Metallgeldes verschieden
ist, daß er unbestimmter und chimärischer ist als jener, da
ferner in diesem neuen Maaßstabe der Privatarbeit, das
Metallgeld nur noch, durch einen falschen Exceß der Abstrak-
tion, jener einzigen Eigenschaft beraubt worden ist, die ihm
Werth und Realität gegeben, nähmlich der Persönlichkeit,
das heißt: der Gesellschaftlichkeit, der Nationalität; da also
durch diese Abstraktion höchstens nur das zum Maaßstabe
Absolutunfähige construirt worden -- so hätten wir noch
bestimmter den Maaßstab, den wir an die Stelle des Metall-

P 2

großer Philanthrop und Weltbuͤrger geweſen war, ohne es
zu wiſſen; daß man vermittelſt des puren Geitzes Allmoſen
geben koͤnnte, ohne es zu wollen — ſo iſt die Popularitaͤt
des Adam Smith wohl hoͤchſt natuͤrlich.

Und daß ſeine Theorie, ungeachtet der Klagen und Er-
mahnungen ſeiner Schule, die Regierungen ſo wenig ange-
fochten hat, beweiſt, daß eine viel ſolidere Nothwendigkeit
in dieſer hoͤheren Sphaͤre, als in der des Privatlebens
herrſcht, und daß, was ich ſchon fruͤher behauptet, die
Willkuͤhr der Regierungen viel unſchaͤdlicher iſt, als die der
gebildeten Privatmaͤnner, in der Adam Smith das Welt-
geſetz zu entdecken glaubte; kurz, daß die bloße Stelle der
Regierungen, den Perſonen, die ſie erfuͤllen, eine gewiſſe
edle Unempfindlichkeit gegen ſolche einzelne Lichtſtrahlen,
welche die praktiſche Nacht, die ſie umgibt, nur noch dunkler
machen koͤnnen, mittheilt.

Da nun alſo dieſer neue Maaßſtab im Weſen nichts,
ſondern nur darin von dem alten des Metallgeldes verſchieden
iſt, daß er unbeſtimmter und chimaͤriſcher iſt als jener, da
ferner in dieſem neuen Maaßſtabe der Privatarbeit, das
Metallgeld nur noch, durch einen falſchen Exceß der Abſtrak-
tion, jener einzigen Eigenſchaft beraubt worden iſt, die ihm
Werth und Realitaͤt gegeben, naͤhmlich der Perſoͤnlichkeit,
das heißt: der Geſellſchaftlichkeit, der Nationalitaͤt; da alſo
durch dieſe Abſtraktion hoͤchſtens nur das zum Maaßſtabe
Abſolutunfaͤhige conſtruirt worden — ſo haͤtten wir noch
beſtimmter den Maaßſtab, den wir an die Stelle des Metall-

P 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0241" n="227"/>
großer Philanthrop und Weltbu&#x0364;rger gewe&#x017F;en war, ohne es<lb/>
zu wi&#x017F;&#x017F;en; daß man vermittel&#x017F;t des puren Geitzes Allmo&#x017F;en<lb/>
geben ko&#x0364;nnte, ohne es zu wollen &#x2014; &#x017F;o i&#x017F;t die Popularita&#x0364;t<lb/>
des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118615033">Adam Smith</persName> wohl ho&#x0364;ch&#x017F;t natu&#x0364;rlich.</p><lb/>
          <p>Und daß &#x017F;eine Theorie, ungeachtet der Klagen und Er-<lb/>
mahnungen &#x017F;einer Schule, die Regierungen &#x017F;o wenig ange-<lb/>
fochten hat, bewei&#x017F;t, daß eine viel &#x017F;olidere Nothwendigkeit<lb/>
in die&#x017F;er ho&#x0364;heren Spha&#x0364;re, als in der des Privatlebens<lb/>
herr&#x017F;cht, und daß, was ich &#x017F;chon fru&#x0364;her behauptet, die<lb/>
Willku&#x0364;hr der Regierungen viel un&#x017F;cha&#x0364;dlicher i&#x017F;t, als die der<lb/>
gebildeten Privatma&#x0364;nner, in der <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118615033">Adam Smith</persName> das Welt-<lb/>
ge&#x017F;etz zu entdecken glaubte; kurz, daß die bloße Stelle der<lb/>
Regierungen, den Per&#x017F;onen, die &#x017F;ie erfu&#x0364;llen, eine gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
edle Unempfindlichkeit gegen &#x017F;olche einzelne Licht&#x017F;trahlen,<lb/>
welche die prakti&#x017F;che Nacht, die &#x017F;ie umgibt, nur noch dunkler<lb/>
machen ko&#x0364;nnen, mittheilt.</p><lb/>
          <p>Da nun al&#x017F;o die&#x017F;er neue Maaß&#x017F;tab im We&#x017F;en nichts,<lb/>
&#x017F;ondern nur darin von dem alten des Metallgeldes ver&#x017F;chieden<lb/>
i&#x017F;t, daß er unbe&#x017F;timmter und chima&#x0364;ri&#x017F;cher i&#x017F;t als jener, da<lb/>
ferner in die&#x017F;em neuen Maaß&#x017F;tabe der <hi rendition="#g">Privatarbeit</hi>, das<lb/>
Metallgeld nur noch, durch einen fal&#x017F;chen Exceß der Ab&#x017F;trak-<lb/>
tion, jener einzigen Eigen&#x017F;chaft beraubt worden i&#x017F;t, die ihm<lb/>
Werth und Realita&#x0364;t gegeben, na&#x0364;hmlich der Per&#x017F;o&#x0364;nlichkeit,<lb/>
das heißt: der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichkeit, der Nationalita&#x0364;t; da al&#x017F;o<lb/>
durch die&#x017F;e Ab&#x017F;traktion ho&#x0364;ch&#x017F;tens nur das zum Maaß&#x017F;tabe<lb/>
Ab&#x017F;olutunfa&#x0364;hige con&#x017F;truirt worden &#x2014; &#x017F;o ha&#x0364;tten wir noch<lb/>
be&#x017F;timmter den Maaß&#x017F;tab, den wir an die Stelle des Metall-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0241] großer Philanthrop und Weltbuͤrger geweſen war, ohne es zu wiſſen; daß man vermittelſt des puren Geitzes Allmoſen geben koͤnnte, ohne es zu wollen — ſo iſt die Popularitaͤt des Adam Smith wohl hoͤchſt natuͤrlich. Und daß ſeine Theorie, ungeachtet der Klagen und Er- mahnungen ſeiner Schule, die Regierungen ſo wenig ange- fochten hat, beweiſt, daß eine viel ſolidere Nothwendigkeit in dieſer hoͤheren Sphaͤre, als in der des Privatlebens herrſcht, und daß, was ich ſchon fruͤher behauptet, die Willkuͤhr der Regierungen viel unſchaͤdlicher iſt, als die der gebildeten Privatmaͤnner, in der Adam Smith das Welt- geſetz zu entdecken glaubte; kurz, daß die bloße Stelle der Regierungen, den Perſonen, die ſie erfuͤllen, eine gewiſſe edle Unempfindlichkeit gegen ſolche einzelne Lichtſtrahlen, welche die praktiſche Nacht, die ſie umgibt, nur noch dunkler machen koͤnnen, mittheilt. Da nun alſo dieſer neue Maaßſtab im Weſen nichts, ſondern nur darin von dem alten des Metallgeldes verſchieden iſt, daß er unbeſtimmter und chimaͤriſcher iſt als jener, da ferner in dieſem neuen Maaßſtabe der Privatarbeit, das Metallgeld nur noch, durch einen falſchen Exceß der Abſtrak- tion, jener einzigen Eigenſchaft beraubt worden iſt, die ihm Werth und Realitaͤt gegeben, naͤhmlich der Perſoͤnlichkeit, das heißt: der Geſellſchaftlichkeit, der Nationalitaͤt; da alſo durch dieſe Abſtraktion hoͤchſtens nur das zum Maaßſtabe Abſolutunfaͤhige conſtruirt worden — ſo haͤtten wir noch beſtimmter den Maaßſtab, den wir an die Stelle des Metall- P 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/241
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/241>, abgerufen am 21.11.2024.