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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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Ungeschicklichkeit des Volkskörpers sich selbstständig zu
leiten, Tyrannos. Wie leidenschaftlich ihn auch als
solchen der Korinthische Redner bei Herodot anklagt:
urtheilt doch das Alterthum im Ganzen anders. Er
war friedlich gesinnt, herrschte ohne Leibwache 1, und
eingedenk, woher seine Gewalt gekommen, als Dema-
gog. Auch unternahm er schon Bauwerke, aus Kunst-
sinn, oder um das Volk zu beschäftigen. Das Schatz-
haus zu Delphi mit der Platane war sein Werk 2. --
Ihm folgte sein Sohn Periandros, zuerst mit glei-
cher oder größerer Milde als der Vater 3. Bald ward
er zusehens gewaltthätiger, nach Herodot durch den
Umgang mit dem Milesischen Tyrannen Thrasybulos an-
gespornt, der ihm rieth, den Adel der Stadt auf alle
Weise zu schwächen, ja zu vertilgen 4. Vielen seiner
Bestrebungen lag die deutliche Absicht zu Grunde, die
Dorische Eigenthümlichkeit in der Wurzel auszurotten.
Darum hob er die Gemeinmahle auf, darum verbot er
die alte Erziehung 5. Dem Volke imponirte er durch
kriegerischen Glanz, in beiden Meeren hatte er Trie-
ren stehn 6. Seine Person schützte er durch dreihun-
dert Leibwächter 7. Die Stadt in Ruhe zu erhalten,
heftige Bewegungen zu vermeiden, war ein Grundsatz,
auf dessen Befolgung die Sicherheit seiner eignen Herr-
schaft beruhte; und aus dem sich ein ganzes System

bei Diod. Fragm. 6. S. 635. Wessel. von der kath. Erakl. bis
auf Kypselos stimmen. Es ist nicht deutlich, wie Str. rechnet,
der 8, 378. die Herrschaft der Bakchiaden auf 200 Jahre angiebt;
Prytanen waren sie nach Diod. nur 90 J.
1 Arist. a. O.
2 Plut. Sieben W. 21. vgl. Sympos.
Qu. 8, 4, 4. p.
361.
3 Her. 92, 6. proton demotikos (zu
schr.) Apostol. 20, 47.
4 Herod. Arist. Pol. 3, 8, 3. 5, 8, 7.
9, 2.
5 5, 9, 2.
6 Nlkol. Damasc.
7 Arist. 5, 9, 22.
Herakl. Pont. 5. Nik. Dam.

Ungeſchicklichkeit des Volkskoͤrpers ſich ſelbſtſtaͤndig zu
leiten, Tyrannos. Wie leidenſchaftlich ihn auch als
ſolchen der Korinthiſche Redner bei Herodot anklagt:
urtheilt doch das Alterthum im Ganzen anders. Er
war friedlich geſinnt, herrſchte ohne Leibwache 1, und
eingedenk, woher ſeine Gewalt gekommen, als Dema-
gog. Auch unternahm er ſchon Bauwerke, aus Kunſt-
ſinn, oder um das Volk zu beſchaͤftigen. Das Schatz-
haus zu Delphi mit der Platane war ſein Werk 2. —
Ihm folgte ſein Sohn Periandros, zuerſt mit glei-
cher oder groͤßerer Milde als der Vater 3. Bald ward
er zuſehens gewaltthaͤtiger, nach Herodot durch den
Umgang mit dem Mileſiſchen Tyrannen Thraſybulos an-
geſpornt, der ihm rieth, den Adel der Stadt auf alle
Weiſe zu ſchwaͤchen, ja zu vertilgen 4. Vielen ſeiner
Beſtrebungen lag die deutliche Abſicht zu Grunde, die
Doriſche Eigenthuͤmlichkeit in der Wurzel auszurotten.
Darum hob er die Gemeinmahle auf, darum verbot er
die alte Erziehung 5. Dem Volke imponirte er durch
kriegeriſchen Glanz, in beiden Meeren hatte er Trie-
ren ſtehn 6. Seine Perſon ſchuͤtzte er durch dreihun-
dert Leibwaͤchter 7. Die Stadt in Ruhe zu erhalten,
heftige Bewegungen zu vermeiden, war ein Grundſatz,
auf deſſen Befolgung die Sicherheit ſeiner eignen Herr-
ſchaft beruhte; und aus dem ſich ein ganzes Syſtem

bei Diod. Fragm. 6. S. 635. Weſſel. von der κάθ. Ηϱακλ. bis
auf Kypſelos ſtimmen. Es iſt nicht deutlich, wie Str. rechnet,
der 8, 378. die Herrſchaft der Bakchiaden auf 200 Jahre angiebt;
Prytanen waren ſie nach Diod. nur 90 J.
1 Ariſt. a. O.
2 Plut. Sieben W. 21. vgl. Sympos.
Qu. 8, 4, 4. p.
361.
3 Her. 92, 6. πϱῶτον δημοτικὸς (zu
ſchr.) Apoſtol. 20, 47.
4 Herod. Ariſt. Pol. 3, 8, 3. 5, 8, 7.
9, 2.
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[165/0195] Ungeſchicklichkeit des Volkskoͤrpers ſich ſelbſtſtaͤndig zu leiten, Tyrannos. Wie leidenſchaftlich ihn auch als ſolchen der Korinthiſche Redner bei Herodot anklagt: urtheilt doch das Alterthum im Ganzen anders. Er war friedlich geſinnt, herrſchte ohne Leibwache 1, und eingedenk, woher ſeine Gewalt gekommen, als Dema- gog. Auch unternahm er ſchon Bauwerke, aus Kunſt- ſinn, oder um das Volk zu beſchaͤftigen. Das Schatz- haus zu Delphi mit der Platane war ſein Werk 2. — Ihm folgte ſein Sohn Periandros, zuerſt mit glei- cher oder groͤßerer Milde als der Vater 3. Bald ward er zuſehens gewaltthaͤtiger, nach Herodot durch den Umgang mit dem Mileſiſchen Tyrannen Thraſybulos an- geſpornt, der ihm rieth, den Adel der Stadt auf alle Weiſe zu ſchwaͤchen, ja zu vertilgen 4. Vielen ſeiner Beſtrebungen lag die deutliche Abſicht zu Grunde, die Doriſche Eigenthuͤmlichkeit in der Wurzel auszurotten. Darum hob er die Gemeinmahle auf, darum verbot er die alte Erziehung 5. Dem Volke imponirte er durch kriegeriſchen Glanz, in beiden Meeren hatte er Trie- ren ſtehn 6. Seine Perſon ſchuͤtzte er durch dreihun- dert Leibwaͤchter 7. Die Stadt in Ruhe zu erhalten, heftige Bewegungen zu vermeiden, war ein Grundſatz, auf deſſen Befolgung die Sicherheit ſeiner eignen Herr- ſchaft beruhte; und aus dem ſich ein ganzes Syſtem 9 1 Ariſt. a. O. 2 Plut. Sieben W. 21. vgl. Sympos. Qu. 8, 4, 4. p. 361. 3 Her. 92, 6. πϱῶτον δημοτικὸς (zu ſchr.) Apoſtol. 20, 47. 4 Herod. Ariſt. Pol. 3, 8, 3. 5, 8, 7. 9, 2. 5 5, 9, 2. 6 Nlkol. Damaſc. 7 Ariſt. 5, 9, 22. Herakl. Pont. 5. Nik. Dam. 9 bei Diod. Fragm. 6. S. 635. Weſſel. von der κάθ. Ηϱακλ. bis auf Kypſelos ſtimmen. Es iſt nicht deutlich, wie Str. rechnet, der 8, 378. die Herrſchaft der Bakchiaden auf 200 Jahre angiebt; Prytanen waren ſie nach Diod. nur 90 J.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/195>, abgerufen am 29.11.2024.