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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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ihrer Ueppigkeit und Unmännlichkeit wegen verachtete;
vom Lydischen Sultan im Harem zu Sarden wand sich
nun durch die Fürstenhäuser von Milet und Samos eine
mannigfachen Einfluß leitende Kette bis in die Nähe
Sparta's. Periandros verkehrte nicht blos mit Thra-
sybul, sondern mit dem Lyderfürsten Halyattes, und
sandte diesem noch vor seinem Tode Korkyräische Kna-
ben, um sie nach orientalischer Weise zu verschneiden 1.
Die Namen seiner Verwandten Psammetichos und Eor-
dias, dieser Phrygisch, jener Aegyptisch, zeugen für
gastfreundliche Verbindung mit diesen Ländern. Auf
der andern Seite fuhr die Politik der Kypseliden fort,
die Küsten des Jonischen Meer's bis Illyrien zu be-
setzen, und befreundete sich mit den barbarischen Völ-
kern des Binnenlandes 2. Ein hochstrebender und
weitaussehender Geist war Periandros in der That,
wie wohl wenige seiner Zeitgenossen, tapfer im Kriege,
klug im Staate, obgleich durch beständiges Mißtrauen
zu niedrigen Maaßregeln verleitet, und die eigne Ty-
rannis zu sehr dem Wohle des Staates überordnend,
der Künste Freund, von aufgeklärtem Sinne, -- aber
derselbe durch Leidenschaft in sich und seinem Hause zer-
rüttet, ohne innere Ruhe des Gewissens, und ohne
Scheu vor dem Heiligen doch bisweilen düsterem Aber-
glauben unterthan. -- Nach Perianders Tode herrschte
Psammetichos 3, Gordias Sohn, aus demselben

1 Herod. vgl. Antenor und Dionys. v. Chalk. bei Plutarch de
malign. Herod. 22. p.
302.
2 S. oben S. 117. Außer Gor-
gos herschte in Ambrakia auch ein Periandros, Aristot. Pol. 5, 8,
9. Plutarch Erotik. 23. S. 60.; vielleicht Sohn des Gorgos.
3 Diesem oder dem Periandros oder dem Kypselos wurde, nach
Stesichoros, (Str. 8, 347.) die schöne Rhadina von Samos als
Braut zugesandt, aber aus Eifersucht getödtet. Daß es das Jo-
nische Samos sei, beweist gegen Strabo die Stelle Paus.
7, 5, 6.

ihrer Ueppigkeit und Unmaͤnnlichkeit wegen verachtete;
vom Lydiſchen Sultan im Harem zu Sarden wand ſich
nun durch die Fuͤrſtenhaͤuſer von Milet und Samos eine
mannigfachen Einfluß leitende Kette bis in die Naͤhe
Sparta’s. Periandros verkehrte nicht blos mit Thra-
ſybul, ſondern mit dem Lyderfuͤrſten Halyattes, und
ſandte dieſem noch vor ſeinem Tode Korkyraͤiſche Kna-
ben, um ſie nach orientaliſcher Weiſe zu verſchneiden 1.
Die Namen ſeiner Verwandten Pſammetichos und Eor-
dias, dieſer Phrygiſch, jener Aegyptiſch, zeugen fuͤr
gaſtfreundliche Verbindung mit dieſen Laͤndern. Auf
der andern Seite fuhr die Politik der Kypſeliden fort,
die Kuͤſten des Joniſchen Meer’s bis Illyrien zu be-
ſetzen, und befreundete ſich mit den barbariſchen Voͤl-
kern des Binnenlandes 2. Ein hochſtrebender und
weitausſehender Geiſt war Periandros in der That,
wie wohl wenige ſeiner Zeitgenoſſen, tapfer im Kriege,
klug im Staate, obgleich durch beſtaͤndiges Mißtrauen
zu niedrigen Maaßregeln verleitet, und die eigne Ty-
rannis zu ſehr dem Wohle des Staates uͤberordnend,
der Kuͤnſte Freund, von aufgeklaͤrtem Sinne, — aber
derſelbe durch Leidenſchaft in ſich und ſeinem Hauſe zer-
ruͤttet, ohne innere Ruhe des Gewiſſens, und ohne
Scheu vor dem Heiligen doch bisweilen duͤſterem Aber-
glauben unterthan. — Nach Perianders Tode herrſchte
Pſammetichos 3, Gordias Sohn, aus demſelben

1 Herod. vgl. Antenor und Dionyſ. v. Chalk. bei Plutarch de
malign. Herod. 22. p.
302.
2 S. oben S. 117. Außer Gor-
gos herſchte in Ambrakia auch ein Periandros, Ariſtot. Pol. 5, 8,
9. Plutarch Erotik. 23. S. 60.; vielleicht Sohn des Gorgos.
3 Dieſem oder dem Periandros oder dem Kypſelos wurde, nach
Steſichoros, (Str. 8, 347.) die ſchoͤne Rhadina von Samos als
Braut zugeſandt, aber aus Eiferſucht getoͤdtet. Daß es das Jo-
niſche Samos ſei, beweiſt gegen Strabo die Stelle Pauſ.
7, 5, 6.
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[167/0197] ihrer Ueppigkeit und Unmaͤnnlichkeit wegen verachtete; vom Lydiſchen Sultan im Harem zu Sarden wand ſich nun durch die Fuͤrſtenhaͤuſer von Milet und Samos eine mannigfachen Einfluß leitende Kette bis in die Naͤhe Sparta’s. Periandros verkehrte nicht blos mit Thra- ſybul, ſondern mit dem Lyderfuͤrſten Halyattes, und ſandte dieſem noch vor ſeinem Tode Korkyraͤiſche Kna- ben, um ſie nach orientaliſcher Weiſe zu verſchneiden 1. Die Namen ſeiner Verwandten Pſammetichos und Eor- dias, dieſer Phrygiſch, jener Aegyptiſch, zeugen fuͤr gaſtfreundliche Verbindung mit dieſen Laͤndern. Auf der andern Seite fuhr die Politik der Kypſeliden fort, die Kuͤſten des Joniſchen Meer’s bis Illyrien zu be- ſetzen, und befreundete ſich mit den barbariſchen Voͤl- kern des Binnenlandes 2. Ein hochſtrebender und weitausſehender Geiſt war Periandros in der That, wie wohl wenige ſeiner Zeitgenoſſen, tapfer im Kriege, klug im Staate, obgleich durch beſtaͤndiges Mißtrauen zu niedrigen Maaßregeln verleitet, und die eigne Ty- rannis zu ſehr dem Wohle des Staates uͤberordnend, der Kuͤnſte Freund, von aufgeklaͤrtem Sinne, — aber derſelbe durch Leidenſchaft in ſich und ſeinem Hauſe zer- ruͤttet, ohne innere Ruhe des Gewiſſens, und ohne Scheu vor dem Heiligen doch bisweilen duͤſterem Aber- glauben unterthan. — Nach Perianders Tode herrſchte Pſammetichos 3, Gordias Sohn, aus demſelben 1 Herod. vgl. Antenor und Dionyſ. v. Chalk. bei Plutarch de malign. Herod. 22. p. 302. 2 S. oben S. 117. Außer Gor- gos herſchte in Ambrakia auch ein Periandros, Ariſtot. Pol. 5, 8, 9. Plutarch Erotik. 23. S. 60.; vielleicht Sohn des Gorgos. 3 Dieſem oder dem Periandros oder dem Kypſelos wurde, nach Steſichoros, (Str. 8, 347.) die ſchoͤne Rhadina von Samos als Braut zugeſandt, aber aus Eiferſucht getoͤdtet. Daß es das Jo- niſche Samos ſei, beweiſt gegen Strabo die Stelle Pauſ. 7, 5, 6.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/197>, abgerufen am 29.11.2024.