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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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Erstens, das Orakel an der Quelle Tilphossa
am Helikon, mit dem Grabe des Teiresias und Denk-
male des Rhadamanthys, der hier mit Herakles Mut-
ter, Alkmena, zusammengewohnt haben soll. Merk-
würdig die auch hier einheimische Sage von Kretischen
Verbreitern des Cultus, die gleichsam einen Neben-
zweig der Kirrhäischen Anpflanzung bilden. Offenbar
hängt damit die Tradition zusammen, die gelegentlich
Homer erwähnt 1, wonach Phäaken den Rhadamanth
zur Schau des Tityos nach Euböa bringen: gewiß
nicht des Lebenden, sondern des von Apollons Pfeilen
erlegten Ungethüms, weil der Minoische Kreter sich
über den Sieg dieses Gottes vor andern zu freuen hat.
So kennt also Homer Sagen, die sich auf dieses Cul-
tusverhältniß beziehn, wenn er auch Tityos von Del-
phi nach Euböa zu versetzen scheint.

Alsdann ist für die Böotische Sage besonders Te-
gyra
wichtig als Geburtsort Apollon's, daher auch
alle Cultusnamen hier an Hügel und Quellen geknüpft
vorkommen. Das Delphische Orakel war dieser Sage
günstiger als der Delischen; auch Pindar ließ den ju-
gendlichen Gott aus Tegyra zur Besitznahme von Py-
tho kommen 3, nicht aus Delos, wie die Attischen
Dichter.

12.

Die Einheit des Cultus mit dem Delphischen
tritt vorzüglich deutlich hervor bei dem Ismenion zu
2)

phorio Artamidos Soiodinas. Ungewiß ist es, wo eigentlich der
Koropäische Apoll verehrt wurde. Nikand. Ther. 614. Stephanos
von Byzanz bringt ungehörig Oropos und Orobiä dazu. vgl. Plut.
Komment. Nik. Fragm. 2. S. 326 H. mit Wyttenb. Note. Hiero-
dulen des Apollon Nesiotes zu Chalia in der Inschr. Chandler
Marm. Oxon. 2, 29, 2.
1 Od. 7, 322.
3 Nach
der Emend. ek Teguras für Tanagras. Fragm. inc. 14 Böckh.
2) Vgl. Bd. 1. S. 190.

Erſtens, das Orakel an der Quelle Tilphoſſa
am Helikon, mit dem Grabe des Teireſias und Denk-
male des Rhadamanthys, der hier mit Herakles Mut-
ter, Alkmena, zuſammengewohnt haben ſoll. Merk-
wuͤrdig die auch hier einheimiſche Sage von Kretiſchen
Verbreitern des Cultus, die gleichſam einen Neben-
zweig der Kirrhaͤiſchen Anpflanzung bilden. Offenbar
haͤngt damit die Tradition zuſammen, die gelegentlich
Homer erwaͤhnt 1, wonach Phaͤaken den Rhadamanth
zur Schau des Tityos nach Euboͤa bringen: gewiß
nicht des Lebenden, ſondern des von Apollons Pfeilen
erlegten Ungethuͤms, weil der Minoiſche Kreter ſich
uͤber den Sieg dieſes Gottes vor andern zu freuen hat.
So kennt alſo Homer Sagen, die ſich auf dieſes Cul-
tusverhaͤltniß beziehn, wenn er auch Tityos von Del-
phi nach Euboͤa zu verſetzen ſcheint.

Alsdann iſt fuͤr die Boͤotiſche Sage beſonders Te-
gyra
wichtig als Geburtsort Apollon’s, daher auch
alle Cultusnamen hier an Huͤgel und Quellen geknuͤpft
vorkommen. Das Delphiſche Orakel war dieſer Sage
guͤnſtiger als der Deliſchen; auch Pindar ließ den ju-
gendlichen Gott aus Tegyra zur Beſitznahme von Py-
tho kommen 3, nicht aus Delos, wie die Attiſchen
Dichter.

12.

Die Einheit des Cultus mit dem Delphiſchen
tritt vorzuͤglich deutlich hervor bei dem Ismenion zu
2)

φοϱιω Αϱταμιδος Σοιοδινας. Ungewiß iſt es, wo eigentlich der
Koropaͤiſche Apoll verehrt wurde. Nikand. Ther. 614. Stephanos
von Byzanz bringt ungehoͤrig Oropos und Orobiaͤ dazu. vgl. Plut.
Komment. Nik. Fragm. 2. S. 326 H. mit Wyttenb. Note. Hiero-
dulen des Apollon Neſiotes zu Chalia in der Inſchr. Chandler
Marm. Oxon. 2, 29, 2.
1 Od. 7, 322.
3 Nach
der Emend. ἐκ Τεγύϱας fuͤr Τανάγϱας. Fragm. inc. 14 Boͤckh.
2) Vgl. Bd. 1. S. 190.
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[234/0264] Erſtens, das Orakel an der Quelle Tilphoſſa am Helikon, mit dem Grabe des Teireſias und Denk- male des Rhadamanthys, der hier mit Herakles Mut- ter, Alkmena, zuſammengewohnt haben ſoll. Merk- wuͤrdig die auch hier einheimiſche Sage von Kretiſchen Verbreitern des Cultus, die gleichſam einen Neben- zweig der Kirrhaͤiſchen Anpflanzung bilden. Offenbar haͤngt damit die Tradition zuſammen, die gelegentlich Homer erwaͤhnt 1, wonach Phaͤaken den Rhadamanth zur Schau des Tityos nach Euboͤa bringen: gewiß nicht des Lebenden, ſondern des von Apollons Pfeilen erlegten Ungethuͤms, weil der Minoiſche Kreter ſich uͤber den Sieg dieſes Gottes vor andern zu freuen hat. So kennt alſo Homer Sagen, die ſich auf dieſes Cul- tusverhaͤltniß beziehn, wenn er auch Tityos von Del- phi nach Euboͤa zu verſetzen ſcheint. Alsdann iſt fuͤr die Boͤotiſche Sage beſonders Te- gyra wichtig als Geburtsort Apollon’s, daher auch alle Cultusnamen hier an Huͤgel und Quellen geknuͤpft vorkommen. Das Delphiſche Orakel war dieſer Sage guͤnſtiger als der Deliſchen; auch Pindar ließ den ju- gendlichen Gott aus Tegyra zur Beſitznahme von Py- tho kommen 3, nicht aus Delos, wie die Attiſchen Dichter. 12. Die Einheit des Cultus mit dem Delphiſchen tritt vorzuͤglich deutlich hervor bei dem Ismenion zu 3 2) 1 Od. 7, 322. 3 Nach der Emend. ἐκ Τεγύϱας fuͤr Τανάγϱας. Fragm. inc. 14 Boͤckh. 3 φοϱιω Αϱταμιδος Σοιοδινας. Ungewiß iſt es, wo eigentlich der Koropaͤiſche Apoll verehrt wurde. Nikand. Ther. 614. Stephanos von Byzanz bringt ungehoͤrig Oropos und Orobiaͤ dazu. vgl. Plut. Komment. Nik. Fragm. 2. S. 326 H. mit Wyttenb. Note. Hiero- dulen des Apollon Neſiotes zu Chalia in der Inſchr. Chandler Marm. Oxon. 2, 29, 2. 2) Vgl. Bd. 1. S. 190.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/264>, abgerufen am 24.11.2024.