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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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cher, die die Stadt besonders dazu aufbewahrte und
nährte 1. Das Fest war allen Joniern gemein,
es kommt speciell in Milet 2 und in Paros 3 vor; die
beschriebenen Sühngebräuche bestanden nach alter Weise
auch in der Phokäischen Colonie Massalia 4. Man
schlug in Jonien die Sühnopfer mit Feigenstäben und
Meerzwiebeln, und spielte dazu einen aulodischen No-
mos, der von jenen Kradies hieß, u. nach Hipponax
Zeugniß von Mimnermos in elegischem Maaße behan-
delt wurde 5. Auch in Athen behing man sie mit Fei-
genschnüren; wahrscheinlich sind Feigen und Feigenstöcke
hier Symbol der Untauglichkeit und Nichtswürdigkeit
(sukinos aner). -- Wie uralt aber dies ganze Ver-
fahren der Sühnung in Griechenland war, haben wir
oben durch die Bemerkungen über den Leukadischen und
Magnesischen Cult dargethan.

3.

Von den Katharmois, in denen Apollon die
Reinheit und Ruhe wiederherstellend gedacht wird, sind
die Ilasmoi wohl zu unterscheiden, durch die er selbst
erst besänftigt und sein Zorn abgewandt werden soll.
In Sikyon, wo der Dienst sehr früh blühte, erzählte
man, daß Apollon und Artemis nach Pythons Tödtung
hier gereinigt zu werden verlangt hätten. Aber ein
Schreckbild habe sie vertrieben, wovon noch später ein
Platz Phobos hieß, und sie zogen weiter. Nun befiel

1 Meursii Graecia fer. Thargelia. vgl. Bd. 1. S. 106.
Eine historische Sage über den ersten pharmakos aus Istros peri
ton Ap. epiphaneion bei Harpokr. u. Etym. M. s. v.
2 Par-
then. Erot. 9. Hesych Thargelia am Ende, wo Hemsterh. Aende-
rung gemißbilligt wird von Welcker zu Schwencks Etymol. myth.
And. S. 341.
3 Archiloch. ebda. (bei Liebel p. 257.)
4 Ser-
vius zu Aen. 3, 57, aus Petronius. Ap. Delphinios das. Str. 4,
179 b.
5 S. die Verse des Hipponax bei Tzetz. Chil. 5, 743.
und dessen Zeugniß bei Plut. de mus. 8. vgl. Hesych u. kradies.

cher, die die Stadt beſonders dazu aufbewahrte und
naͤhrte 1. Das Feſt war allen Joniern gemein,
es kommt ſpeciell in Milet 2 und in Paros 3 vor; die
beſchriebenen Suͤhngebraͤuche beſtanden nach alter Weiſe
auch in der Phokaͤiſchen Colonie Maſſalia 4. Man
ſchlug in Jonien die Suͤhnopfer mit Feigenſtaͤben und
Meerzwiebeln, und ſpielte dazu einen aulodiſchen No-
mos, der von jenen Κραδίης hieß, u. nach Hipponax
Zeugniß von Mimnermos in elegiſchem Maaße behan-
delt wurde 5. Auch in Athen behing man ſie mit Fei-
genſchnuͤren; wahrſcheinlich ſind Feigen und Feigenſtoͤcke
hier Symbol der Untauglichkeit und Nichtswuͤrdigkeit
(σύκινος ἀνήρ). — Wie uralt aber dies ganze Ver-
fahren der Suͤhnung in Griechenland war, haben wir
oben durch die Bemerkungen uͤber den Leukadiſchen und
Magneſiſchen Cult dargethan.

3.

Von den Καϑαρμοῖς, in denen Apollon die
Reinheit und Ruhe wiederherſtellend gedacht wird, ſind
die Ἱλασμοὶ wohl zu unterſcheiden, durch die er ſelbſt
erſt beſaͤnftigt und ſein Zorn abgewandt werden ſoll.
In Sikyon, wo der Dienſt ſehr fruͤh bluͤhte, erzaͤhlte
man, daß Apollon und Artemis nach Pythons Toͤdtung
hier gereinigt zu werden verlangt haͤtten. Aber ein
Schreckbild habe ſie vertrieben, wovon noch ſpaͤter ein
Platz Φόβος hieß, und ſie zogen weiter. Nun befiel

1 Meurſii Graecia fer. Θαϱγήλια. vgl. Bd. 1. S. 106.
Eine hiſtoriſche Sage uͤber den erſten φαϱμακὸς aus Iſtros πεϱὶ
τῶν Ἀπ. ἐπιφανειῶν bei Harpokr. u. Etym. M. s. v.
2 Par-
then. Erot. 9. Heſych Θαϱγήλια am Ende, wo Hemſterh. Aende-
rung gemißbilligt wird von Welcker zu Schwencks Etymol. myth.
And. S. 341.
3 Archiloch. ebda. (bei Liebel p. 257.)
4 Ser-
vius zu Aen. 3, 57, aus Petronius. Ap. Delphinios daſ. Str. 4,
179 b.
5 S. die Verſe des Hipponax bei Tzetz. Chil. 5, 743.
und deſſen Zeugniß bei Plut. de mus. 8. vgl. Heſych u. κϱαδίης.
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[327/0357] cher, die die Stadt beſonders dazu aufbewahrte und naͤhrte 1. Das Feſt war allen Joniern gemein, es kommt ſpeciell in Milet 2 und in Paros 3 vor; die beſchriebenen Suͤhngebraͤuche beſtanden nach alter Weiſe auch in der Phokaͤiſchen Colonie Maſſalia 4. Man ſchlug in Jonien die Suͤhnopfer mit Feigenſtaͤben und Meerzwiebeln, und ſpielte dazu einen aulodiſchen No- mos, der von jenen Κραδίης hieß, u. nach Hipponax Zeugniß von Mimnermos in elegiſchem Maaße behan- delt wurde 5. Auch in Athen behing man ſie mit Fei- genſchnuͤren; wahrſcheinlich ſind Feigen und Feigenſtoͤcke hier Symbol der Untauglichkeit und Nichtswuͤrdigkeit (σύκινος ἀνήρ). — Wie uralt aber dies ganze Ver- fahren der Suͤhnung in Griechenland war, haben wir oben durch die Bemerkungen uͤber den Leukadiſchen und Magneſiſchen Cult dargethan. 3. Von den Καϑαρμοῖς, in denen Apollon die Reinheit und Ruhe wiederherſtellend gedacht wird, ſind die Ἱλασμοὶ wohl zu unterſcheiden, durch die er ſelbſt erſt beſaͤnftigt und ſein Zorn abgewandt werden ſoll. In Sikyon, wo der Dienſt ſehr fruͤh bluͤhte, erzaͤhlte man, daß Apollon und Artemis nach Pythons Toͤdtung hier gereinigt zu werden verlangt haͤtten. Aber ein Schreckbild habe ſie vertrieben, wovon noch ſpaͤter ein Platz Φόβος hieß, und ſie zogen weiter. Nun befiel 1 Meurſii Graecia fer. Θαϱγήλια. vgl. Bd. 1. S. 106. Eine hiſtoriſche Sage uͤber den erſten φαϱμακὸς aus Iſtros πεϱὶ τῶν Ἀπ. ἐπιφανειῶν bei Harpokr. u. Etym. M. s. v. 2 Par- then. Erot. 9. Heſych Θαϱγήλια am Ende, wo Hemſterh. Aende- rung gemißbilligt wird von Welcker zu Schwencks Etymol. myth. And. S. 341. 3 Archiloch. ebda. (bei Liebel p. 257.) 4 Ser- vius zu Aen. 3, 57, aus Petronius. Ap. Delphinios daſ. Str. 4, 179 b. 5 S. die Verſe des Hipponax bei Tzetz. Chil. 5, 743. und deſſen Zeugniß bei Plut. de mus. 8. vgl. Heſych u. κϱαδίης.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/357>, abgerufen am 22.11.2024.